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Review Ab-normal Beauty

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Bild-schön.
von D.S.

Wieder mal ein Pang Brothers-Film. Wieder mal Geister und übernatürliche Schockmomente? Nein. Abgesehen davon, daß auch hier ein Mädchen mit blassem Gesicht, wallenden dunklen Haaren und tief liegenden Augen die zentrale Figur darstellt, enthält "Ab-normal Beauty" auf der Handlungsebene keine Elemente der großen Horror-Erfolge der Pangs wie "The Eye" 1, 2 und 10 oder "Bangkok Haunted".
Dennoch handelt es sich um einen Horrorfilm, oder besser: einen beklemmenden Thriller - dessen Stärken allerdings weniger in der erzählten Geschichte, als vielmehr in seiner Inszenierung liegen. Bis zu einem gewissen Grad kann man das zwar auch über die meisten anderen Filme der Brüder sagen, hier aber fällt es extrem auf: Look, Kamera, Sound, Schnitt - hui!! Story: bestenfalls naja.

Der Vorspann beginnt mit Aufnahmen von Menschen, die sich in einer Ausstellung zeitgenössischer Fotografie ungewöhnliche Bilder ansehen. Damit wird gleich in zweierlei Hinsicht angekündigt, worum sich der Film drehen wird: einerseits um das Thema Fotografieren als Handlungsträger und -auslöser. Andererseits eben, wie angedeutet, um eine hohe Zahl visueller Schauwerte. Tatsächlich erinnert "Ab-normal Beauty" des öfteren an ein modernes, bewegtes - und düsteres - Kunstwerk: Insbesondere im ersten Drittel des Films kommt man aus dem Staunen über und auch der Begeisterung für das Spiel mit intensiven Farben und (Farb-)Kontrasten, ungewöhnlichen Bildausschnitten und Kameraperspektiven, das hier getrieben wird, kaum noch heraus. Über weite Strecken erscheint wirklich nahezu jedes Einzelbild exakt durchkomponiert, und später im Film addieren auch Sounddesign und (phasenweise) schneller, ungewöhnlicher Schnitt zu dem hinzu, was "Ab-normal Beauty" über alles auszeichnet: eine extrem dichte Atmosphäre, die den Zuschauer packt und ihn in eine makabre und oft auch reichlich bizarre Erlebniswelt zieht.

Leider genügt all das jedoch nicht, um einen Film zu produzieren, der in seiner Gesamtheit überzeugt. Nach einer gewissen Zeit gewöhnt sich das Auge an die Überflutung mit ungewöhnlichen Reizen. Und wenn das Visuelle und Atmosphärische zwar auch im zweiten Teil des Films (nach einer kürzeren "Durchhänge-Phase") überzeugen kann: es reicht nicht aus, um die flache Story und das unglaubwürdige Handeln der Figuren zu übertünchen. Allerdings liegt dies auch nicht NUR an einer eventuellen Gewöhnung: von der Storyseite betrachtet, zerfällt "Ab-normal Beauty" fast in zwei Hälften. Die "große" Handlung voller Dramatik und spannender Geschehnisse beginnt erst im zweiten Teil des Films, während der erste von ungewöhnlichen Situationen und überraschenden Verhaltensweisen lebt. Letztere sind aber eben wirklich weitgehend ungewöhnlich und überraschend - und führen zu einem Abschluß, finden eigentlich ein Storyende. Was dann wie aus dem Nichts in der Mitte des Films als "eigentliche" Story beginnt, entpuppt sich als albern bis dumm.

Hauptfigur des Films ist die junge, hübsche Kunststudentin Jiney, die in einer mehr als freundschaftlichen Beziehung zur ebenso jungen und hübschen Jasmine steht. Auf dem Weg zu ihr wird Jiney Zeugin eines Autounfalls mit tödlichem Ausgang. Sie fühlt sich spontan von der Situation angezogen, tritt vor die Leiche des Fahrers - und fotografiert sie. In der Folge zeigt sie eine immer größere Faszination für den Tod und das Sterben, ja, sie wirkt bald fast schon besessen. Während sie nach blutigen, gewalttätigen, tödlichen Situationen sucht bzw. diese herbeiführt (Warnung: einige der hier gezeigten Szenen sind nicht unbedingt etwas für Tierfreunde...), entfremdet sie sich mehr und mehr von ihrer Außenwelt. Auch Jasmine weiß nicht mehr, wie sie mit ihr umgehen soll und woher ihr Verhalten rührt... bis Jiney schließlich mit der Wahrheit, mit den Gründen für ihre Charakterstörungen herausrückt.

Tja - ab diesem Moment wird aus Jiney wieder ein ganz normales, geradezu glückliches junges Mädchen, das in der Lage scheint, das Leben zu genießen. Bis sie plötzlich vor der Tür ihrer Wohnung ein Videotape findet, auf dem jemand die grausame Folterung und Ermordung einer unbekannten Person zelebriert...

Was dann folgt, ist, wie gesagt, alles andere als außergewöhnlich oder überzeugend (von der Inszenierung einmal abgesehen). Die plötzliche Wandlung der Situation und vor allem des Charakters der Hauptfigur in der Mitte des Films läßt vieles, was vorher gezeigt wurde, als ziemlich überflüssig erscheinen. Hatte die Figur der Jiney vor dem scheinbar traumatisierenden Erlebnis ihrer ersten "Todes-Fotografie" kaum Zeit, ihren "normalen" Charakter zu zeigen bzw. zu entfalten, so war ihre extreme Wandlung zwar nicht unbedingt komplett überzeugend bzw. glaubwürdig, aber doch beeindruckend und damit effektiv. Daß sie dann aber, nachdem sie sich selbst und uns einmal über die Hintergründe ihrer Faszination für den Tod (die übrigens eine so extreme Charakter-Wandlung auch nur bedingt befriedigend begründen können) aufgeklärt hat, sofort zu einem Happy-Go-Lucky-Frauchen wird - sorry, das ist ein zu plötzlicher, zu radikaler Umschwung. Einer, der auch gar nicht nötig gewesen wäre (und letztlich nur zu ein paar "Frauen-Szenen" führt: sich ausheulen, sich trösten, sich verstehen): wäre ihr Charakter, wäre ihre Wahrnehmung der Welt so düster geblieben wie in der ersten Hälfte des Films, dann wäre das Folgende vermutlich wesentlich interessanter gewesen. So aber kriegen wir nur die, relativ typische, Auseinandersetzung eines "lieben Mädchens" mit "finsteren Schrecken" geboten.

Zusammengenommen: "Ab-normal Beauty" ist ein durchaus interessantes und intensives Film-Erlebnis. Aber leider wird es durch die Handlung zu einem gewissen Teil versaut. Gesehen haben sollte man den Film aber doch, wie ich finde. Und sei es nur der Bilder wegen. 6,5 von 10 Punkten.

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Ab-normal Beauty
  • f3a.net: 6.4/10 21
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-27 02:01

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