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Review Adam’s Apples

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Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde...
von D.S.

Definitiv ein Festival-Highlight, allerdings nicht ganz der Dauer-Brüller, den man nach einigen Reviews vielleicht erwarten könnte. Zwar ist "Adam’s Apples" tatsächlich über weite Strecken eine schön bösartige schwarze Komödie, im Kern aber hat er von Anfang an auch eine starke ernste Komponente. Und ist damit wie viele der Filme des Regisseurs letztendlich eher eine Tragikomödie - für meinen Geschmack bisher seine beste.

Wir werden mit reichlich unwahrscheinlichen Protagonisten konfrontiert, das Setting ist skurril (eine Dorfkirche, deren Pfarrer Schwerkriminelle während ihrer Bewährungsfrist betreut), die Botschaft des Films ist sehr hintergründig menschlich, unsere realen Erlebnismaßstäbe gelten nur sehr bedingt - wie auch schon bei "In China essen sie Hunde", wo man ja auch keine Probleme damit hatte, zwischen sehr verschiedenen Sphären hin und her zu wandern. Wer dem letzten Drittel des Films eine christliche Botschaft vorwirft, hat wohl die vorherigen zwei Drittel nicht so ganz verstanden - in seiner Erzählung erleidet "Adam’s Apples" jedenfalls niemals einen wirklich Bruch; will man dem Film seine im Kern eben gar nicht so schwarze, stattdessen grundlegend humanistische Aussage ankreiden, sollte man genauer hinsehen: die findet sich von Anfang an, sie ist zunächst nur anders verkleidet.

Irgendeiner Weltanschauung, Religion oder Ausdrucksform der beiden Konstrukte gegenüber tritt "Adam’s Apples" ohnehin nie lautstark kritisch auf. Hier werden uns Menschen präsentiert, die eben sind, wie sie sind - und wenn sie als Träger irgendeiner Botschaft präsentiert werden sollen, dann wohl nur der, daß jeder Mensch für sich selbst entscheiden muß, wie er gut durchs Leben kommt. Natürlich bieten die verschiedenen "Glaubensbekenntnisse" hier immer wieder Anlaß zu absurden Situationen und ungläubigen Lachattacken. Aber wirklich angegriffen oder gar lächerlich gemacht wird hier im Endeffekt nichts, schon gar nicht Religion oder Kirche. Bedenklich kann man in diesem Zusammenhang eher anderes finden: der einzige, der in der ersten Hälfte des Films relativ normal wirkt, ist der Neonazi Adam. Und damit bietet er fast automatisch das größte Identifikationspotential für den Zuschauer. Ganz nebenbei werden im Handlungsverlauf so das "Dritte Reich" und die KZs fast "normalisiert", sie bieten Anlaß für Witze, auf dem selben Level wie herunterfallende Bibeln oder menschenleere Gottesdienste... Naja, kann einem auch mal kurz Bauchschmerzen bescheren.

Dennoch, es geht dem Film nicht um politische (oder eben religiöse) Statements. Die Protagonisten und ihre Lebensgeschichten dienen hier als Folien, auf denen universelle Botschaften transportiert werden - wobei dies auf die unnachahmliche Weise von Anders Thomas Jensen passiert. Also mit großzügig bemessenen Bizarrheiten, wunderbar schrägen Figuren, Situationskomik und bescheuerten Storyideen galore. Der Tonfall des Films ist dabei lakonisch, ruhig und groteskhaft zugleich, die Komik zwingt zum Lachen, die Tragik zum Sich-Einfühlen.

Morbide und zum Schreien komisch, nüchtern und wahnwitzig, an den Haaren herbeigezogen und fundamental nah dran am Wesen des Menschen: ein großartiger Film aus dem Norden, der in Story, Inszenierung und auch Darstellern seinesgleichen sucht. 8 Punkte - ein Muss.

guckte im Metropolis 6, Frankfurt

83 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Adam’s Apples
  • f3a.net: 8.7/10 83
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 17:47

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