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Review Amer

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eine Epoche zu verstehen...
von Rohrkrepierer

Wenn man sich in Würde vor den Meisterwerken des italienischen Genrekinos der späten 60er bis Mitte der 80er Jahre verbeugen will, dann muß man tief gehen. Und dann sollte man entweder gleich auf dem Boden kriechend daherkommen, oder man durchtrennt alle seine Sehnen, Muskeln und Bänder um beweglich genug zu sein.
AMER wählt den zweiten Weg. Alleine deswegen traut sich AMER auch gar nicht zu, eine stringente (ha) Geschichte erzählen zu können. Vollkommener Verzicht auf Geschichte ist konsequent und absolut kompromisslos.
AMER schafft es tatsächlich sich auf reine Form zu beschränken und in seiner wilden Collage aus Tönen, Bildern und perfekt entliehener Musik zu begeistern. Unfassbar intensive Stimmung kommt im ersten Drittel des Werks auf und Erinnerungen an brillante Meisterwerke des italienischen Genrekinos kommen auf. Ein Potpurri aus SUSPIRIA, LA CASA DALLE FENESTRE CHE RIDONO, SHOCK, PROFUMO DALLE SIGNORA IN NERO, UNA LUCERTOLA CON LA PELLE DI DONNA oder auch dem absurden Werk LA MORTE HA FATTO L´UOVO.
Das könnte man ewig so weitertreiben, aber das führt zu nichts und kann auch nur in Ansätzen beschreiben wie brillant und unsagbar erfüllend dieses erste Drittel von AMER daherkommt.
Im letzten Drittel findet dann ein ähnliches Hommagegewitter statt, nur wählt AMER hier das Genre des Giallos und zeigt seine auf Bilder und Töne reduzierte Interpretation der stilbildend relevanten Mittel des Genres. Und auch das macht das Werk hervorragend und faszinierend. Kleine Längen schleichen sich hier zwar ein, aber alleine auf seine Form reduziert muß man AMER auch in diesem Finale seine Brillanz bescheinigen. Einfach nur zum weinen schön - zumindest für Liebhaber der Genres.
Und das mittlere Drittel? Ich kann mich an nichts erinnern, das in Form und Perfektion als verbindendes Element taugen könnte. Vollkommener Mist. Kunstkino in seiner enervierend abtörnendsten Art. Kredit der Eröffnung verspielend, kann der Mittelteil von AMER sogar das tolle Ende überdecken und hinterlässt einen solch schalen Beigeschmack, dass ich auch hier weinen möchte.
Frau Cattet und Herr Forzani zeigen doch in AMER was sie können, dass sie verstanden haben, was die Faszination der geliebten Werke ausmacht.
Das nächste Mal weniger tief verbeugen, keine blutige Nase holen, sondern das italienische Genrekino angemessen und wunderschön in die Moderne holen. Dann bin ich zufrieden und sicher auch noch viele andere Filmfreunde, die auch mit den Namen Questi, Avati, Barilli, Martino, Lado und nicht nur mit denen von ein paar bekannteren Herren etwas anfangen können.

goutierte im Cinecitta' 3, Nürnberg

56 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Amer
  • Score [BETA]: 66
  • f3a.net: 6.4/10 56
  • IMDb: 6.8/10
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-25 19:20

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