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Review An American Crime

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Dieser Review enthält SPOILER!

True Crime?
von GeorgeKaplan

Wenn man eines "An American Crime" nicht nachsagen kann, dann ist es mangelnde Rücksicht auf den Zuschauer. Wer sich mit den Fakten um Sylvia Likens Tod beschäftigt, bemerkt sehr schnell, dass mehr weggelassen als gezeigt wird.

Nun gilt ja die alte Regel "Less is more", und von daher ist es natürlich zunächst löblich, wenn eben einiges nur angedeutet wird und nicht alles effekthaschend platt ausgequetscht wird. Problematisch wird das bei einem Film, dessen erklärtes Ziel es aber ist, über Sylvia Likens qualvollen Tod als abschreckendes Beispiel zu informieren.

Der Film scheint mir auf halbem Weg stehenzubleiben und festzustellen, dass man sich möglicherweise mit der Aufgabe etwas übernommen hat. Und dann zurückzurudern, halt, DAS können wir aber jetzt keinem zumuten. Für den mit dem Fall unvertrauten Zuschauer dürfte die Grenze des Erträglichen erreicht sein, für Sylvia Likens ging es da aber erst los. Ein fauler Kompromiss, den ich dem Film nur schwer verzeihen kann.

Dazu kommt ein etwas unbeholfener Inszenierungsstil, den die guten Darsteller nur mühevoll retten können. Schmusesongs als Heile-Welt-Metapher kontrastreich gegen das Grauen einzusetzen, ist eigentlich eine sichere Bank. Wenn aber mein Freund neben mir Petulias Clarks "Downtown" schmachtend mitsingt und dabei imaginär Klavier spielt, dann dürfte das - angesichts des Themas - die wohl LETZTE Reaktion sein, die der Regisseur sich gewünscht hat. Da hat die Kommunikation zwischen Regisseur und Zuschauer ganz fürchterlich versagt, und das laste ich jetzt ganz bestimmt nicht meinem Freund an.

Auch manche Drehbuchkniffe, etwa Sylvias Traumsequenz, sind eher aufgesetzt als hilfreich, die Dinge zu verstehen. Andererseits helfen die Darsteller aber auch das eine oder andere Mal, um Klippen herumzuschiffen. Überhaupt ist die Wahl sehr gelungen, Ellen Page spielt nicht nur hervorragend, sondern sieht auch optisch der wahren Sylvia Likens ähnlich. Gleiches gilt für die anderen Kinder, die zum Teil wirklich verblüffend gut getroffen sind. Da ist man an den Fall wieder sehr gewissenhaft herangegangen.

Ein zwiespältiger Eindruck. Zweifelsohne beeindruckt der Film auch in dieser Rumpffassung und trotz seiner zahlreichen Fehler, einfach weil das Thema erschreckend genug ist, um zu tragen. Andererseits aber: wieviel mehr wäre drin gewesen!

Sylvia Likens Fall ist von Jack Ketchum zu einem lesenswerten Roman "The Girl next Door" (auf deutsch etwas reißerisch "Evil" betitelt) verarbeitet worden. Da dieser Roman nun auch verfilmt wird, haben wir ja noch eine zweite Chance.

war im Cinedom 6, Köln

43 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

An American Crime
  • Score [BETA]: 77
  • f3a.net: 7.7/10 43
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-27 02:10

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