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Review La antena

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Nicht nur eine Stummfilm-Hommage
von D.S.

Wer bei "La Antena" nur das Offensichtlichste sieht und daraus den Schluß zieht, es müsse sich hier um eine Hommage an den klassischen Stummfilm oder um den Versuch handeln, dieses "Genre" in die Gegenwart zu holen, der sieht vielleicht zu wenig oder trifft ein zu allgemein gefasstes Urteil. Sicherlich, die Form dieses filmischen Experiments ist ungewöhnlich - aber sie hat in meinen Augen eine genauer definierte Funktion.

Nun kann man zweierlei Dinge als diese Funktion betrachten. Einmal die optimale Unterstützung bzw. erst die Ermöglichung seiner Story, und dabei will ich von ihrer AUSSAGE noch nicht mal reden: es geht hier eben um eine Stadt aka eine Gesellschaft, der ihre Stimme gestohlen wurde. Wie ließe sich das besser darstellen als durch das tatsächliche Fehlen derselben im Film? Aber natürlich wäre da noch das Schwarz-Weiß-Bild, und das hat mit der Story an sich wenig zu tun. Weshalb mir die Funktion der Form auch eine andere zu sein scheint, oder zumindest eine weitere: ich sehe hier eine Hommage an etwas Spezielleres als eine ganze Mediengattung (den Stummfilm an sich), nämlich an insbesondere die filmische Umsetzungsebene einer gesellschaftspolitisch ungewöhnlich relevanten kunsthistorischen Epoche - den Expressionismus, oder sogar noch genauer, seine Übergangsstufe zum politisch noch deutlich motivierten Dadaismus.

Dafür spricht vor allem seine eigenständige Art des Umgangs mit Schrift im Bild: es handelt sich bei "La Antena" ja um einen sehr deutlich erzählenden "Stummfilm", bei dem jedes Wort "Dialog" als Text auf der Leinwand erscheint, zumeist aber nicht nur als beschriftendes Element, sondern als ein mit dem Rest des Bildes interagierendes. Da werden Wörter von den handelnden Figuren hin und her geschoben und spielen auch sonst ihre Rolle in der gezeigten Handlung; da sind sie gestalterisch gleichrangig mit anderen Bildbestandteilen; da sind sie mehr als nur Worte - was ja wiederum auch inhaltlich eine hohe Bedeutung hat. Mehrere entsprechender Einstellungen erinnern nun geradezu überdeutlich etwa an Fotomontagen John Heartfields - und dessen künstlerischer Motivation, sowie eben der seiner ganzen Kunstepoche, entspricht meiner Meinung nach auch die von "La Antena".

Diese künstlerische war gleichzeitig eine politische Motivation. Eine, die mit teilweise sehr sehr deutlichen Symbolen gearbeitet hat - um sichergehen zu können, daß ihre Botschaft ohne jedes Mißverständnis beim Empfänger ankommen würde. Ganz genauso arbeitet "La Antena" - und das erklärt auch die zum Teil zunächst recht ungehobelt, unpassend "platt" wirkende Symbolik des Films.

Über den Inhalt und auch die Aussage dieses visuell unbedingt eindrucksvollen, insgesamt sehr fantasievoll gestalteten und aussagekräftigen argentinischen Werkes will ich mich hier nun gar nicht weiter auslassen - das ist ein Thema, das den Rahmen sprengen würde. Nicht unerwähnt bleiben sollte jedoch, daß der "Freiheitskampf" unter einem bestimmten Symbol aufgenommen wurde: Hammer und Sichel ;)

In meinen Augen erfüllt der Film seine Funktion jedenfalls sehr gut: die Form der spätexpressionistischen bis frühdadaistischen Kunst aufgreifend, um mit deren stilistischer Kraft eine deutliche politische Botschaft zu vermitteln. Diese Botschaft mag nun zu kurz greifen, und der Film mag trotz aller Detailverliebtheit auf Dauer etwas zu eintönig gestaltet zu sein, um vollkommen zu überzeugen.

Aber er ist definitiv mal etwas ganz anderes und hinterläßt Wirkung, auch wenn er dafür ein wenig Aufnahmewillen/-fähigkeit, Ruhe und auch Interesse voraussetzt. 7 Punkte und Bewunderung, wenn auch keine überschwengliche Begeisterung von meiner Seite.

guckte im Metropolis 6, Frankfurt

55 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

La antena
  • Score [BETA]: 62
  • f3a.net: 6.2/10 55
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-24 02:09

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