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Review Beyond the Gates

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Hommage des Grauens
von D.S.

Retro-Horror – kein neues Konzept. Aber eins, das extrem begeistern kann, wenn man die richtige Balance aus eigenständiger Story, gelungen imitierter Atmosphäre sowie klugen Reminiszenzen an genreprägende Werke findet, wie es jüngst etwa STRANGER THINGS auf sensationelle Weise bewiesen hat. BEYOND THE GATES nimmt sich statt der Mitt- die Spät-80er und vor allem die frühen 90er vor, die Hochzeit der VHS-Epoche – konzentriert sich dabei aber seltsamerweise weniger auf die ruhmreichen als vielmehr auf die drögen, von niemandem geliebten Aspekte der damaligen Genrefilme. Sozusagen ein Reenactment der negativen Seiten von alten Direct-to-Video-Horrorfilmen. Und man darf sich nichts vormachen: Auf jeden NIGHTBREED kamen damals fünf TROLL 2. BEYOND THE GATES bringt nun all das, was man gerade auch als Genrefan freudig längst überwunden geglaubt hatte, zurück – yay! Party! Oder auch nicht.

Dabei ist erst mal irritierend, dass nur die kurze Eröffnungsszene des Films 1992 spielt, der Rest der Handlung jedoch in der Jetztzeit – bei Lichte betrachtet ergibt die Video-Ästhetik, das 90er-Flair der Inszenierung also nicht mal wirklich Sinn. Immerhin lässt sich damit aber in einem gewissen Maße das Null-Budget kaschieren, die billige Optik irgendwo rechtfertigen. Ausnahme sind hier nur die wenigen, aber gelungenen Splatter-Szenen. Herausragend umgesetzt oder gar Over-the-Top sind die zwar auch nicht, aber doch erfrischend blutig und so liebevoll wie handgemacht.

Wirklich enttäuschend ist BEYOND THE GATES dann allerdings hinsichtlich seiner Handlung – gerade, wenn man ihn in Bezug zu seinen Vorbildern, den billig befriedigenden VHS-Reißern setzt. Egal, wie albern zum Beispiel ein THE GATE sonst wirkte: Er konzentrierte sich auf sein zentrales Story-Device und spielte es konsequent aus. Dieser Film beschäftigt sich hingegen viel zu wenig mit dem, was seine Story antreiben sollte. Das obskure "VCR-Game", das die beiden Söhne eines spurlos verschwundenen Videothekeninhabers in dessen Büro finden, wird uns im Endeffekt kaum nahegebracht: Weder werden die Regeln dieser Horror-Variante von "Jumanji" großartig erörtert, noch kommt es zu einer drastischen Vermengung von Spielwelt und Realität. Von den erwähnten paar Splatterszenen einmal abgesehen, kommt es in BEYOND THE GATES vielmehr zu fast gar nichts: Ein guter Teil der Laufzeit wird auf ereignislose Aufnahmen leerer Räume in griseliger Home-Video-Optik verschwendet. Noch mal: Yay.

Dass unsere echt cleveren Charaktere zwar im Heute leben, bei ihrer Recherche nach den Hintergründen des Spiels aber nicht einmal darauf kommen, Mama Google zu befragen: passt. Dass sich im verwunschenen Keller, in dem wir ein Portal zu einer Dimension des Bösen sehen sollen, stets ein altes Damenfahrrad mitten in unserem Blickfeld befindet und jeden Mystery-Ansatz, jede Atmosphäre vom ersten Augenblick an killt: passt ebenfalls.

Ist diese Null-Performance in Sachen Glaubwürdigkeit und Horror vielleicht sogar Absicht? Will uns BEYOND THE GATES am Ende nur vor Augen führen, wie misslungen ein Großteil der Genreproduktionen der späten 80er und frühen 90er tatsächlich war? Falls ja, war seine Mission wohl erfolgreich. Aber gibt es irgendjemanden, der diesen Erfolg gebraucht hat?

Nein, ein paar gelungene Gore-Effekte sowie die Aufführung von Stuart Gordon und Don Coscarelli in der Dankesliste können nicht darüber hinwegtäuschen, dass BEYOND THE GATES nicht mal im Ansatz die Wirkung derjenigen Filme erreicht, die man auch heute noch gern mit der VHS-Ära verbindet. Und die Nennung von Brad Miska macht ihn auch nicht automatisch zum Hipster-Retro-Kultobjekt, ebenso wenig wie die Inklusion von Barbara Crampton als eine Art Game-Hostess. Die übrigens fast die einzige echte offensichtliche Reverenz an die hier im Mittelpunkt stehende Filmepoche darstellt.

Dass der Soundtrack dann nicht einmal den kongenialen, titelgebenden (?) Song "Beyond the Gates" der 80er-Death-Metal-Band POSSESSED enthält... na gut, das werte ich als persönliche Enttäuschung. Aber auch abgesehen davon ist der Film über weite Strecken ermüdend und spielt sein Story-Potential so gut wie gar nicht aus. Gnädige 4,5 Punkte, weil ich mich in der Filmästhetik so zu Hause fühle – ob ich will oder nicht.

war im Cinestar, Frankfurt

42 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Beyond the Gates
  • Score [BETA]: 68
  • f3a.net: 4.6/10 42
  • IMDb: 8.9/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-29 00:54

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