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Review Blancanieves

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Ein zu braves Schneewittchen und die sechs Freak-Zwerge
von D.S.

Ich muss gestehen, so ganz kann ich die fast einhellige Begeisterung über dieses Werk nicht teilen. Keine Frage, es hat seine Stärken, es hat Poesie, stellenweise echte Filmmagie, es entführt den Betrachter in eine andere Welt des Filmerlebens und er fügt dem Märchen um Schneewittchen ein paar interessante, teils makabere Aspekte hinzu. Jedoch ist es gleichzeitig deutlich zu lang ausgefallen, erzählt eine zu selten fesselnde Geschichte und macht vor allen Dingen viel zu wenig aus seinen Möglichkeiten, um für mich als Highlight wahrgenommen zu werden.

Es ist zweifellos spannend zu sehen, wie ein Film ohne Farbe und ohne Worte einen so in seinen Bann ziehen kann. Ich brauchte eine gewisse Zeit, um mich an diese alte Art des Erzählens zu gewöhnen - dann hatte ich aber auch schon vergessen, dass sie den modernen Gepflogenheiten nicht entspricht; soll heißen: Nach spätestens 20 Minuten wirkten Präsentation und Inszenierung völlig natürlich für mich, obgleich sie jenen der 1920er-Jahre gleichen und nicht den heutigen.

Kunst ist definitiv zeitlos - und kunstvoll ist BLANCANIEVES in jeder Sekunde. Ebenso zeitlos, sicher, ist seine Geschichte: Eine zutiefst spanische Version von Schneewittchen, um eine ausufernde Hintergrundgeschichte bereichert, die für meinen Geschmack jedoch zu viel Raum in Anspruch nahm. Ich hatte mit ihr jedoch noch ein anderes Problem: Faktisch glorifiziert sie den Stierkampf oder stellt ihn zumindest als ein elementares, wenn nicht eben gar wertvolles spanisches Kulturgut dar. Aber sorry, es gibt nicht viele Dinge, die unethischer sind als dieser. Ihn als normal, aufregend, in diverser Hinsicht „wichtig" darzustellen - das weckt in mir tiefe Antipathien für den Film und seine Macher (und kostet ihn subjektiv zwei Punkte).

Auf stilistischer Ebene kann man BLANCANIEVES allerdings, wie erwähnt, nichts vorwerfen, und hätte die Story mich mehr gepackt, hätte ich am Ende vielleicht sogar über diesen Aspekt hinwegsehen können. Doch sie ergeht sich viel zu lange in Nebensächlichkeiten, der gesamte Mittelteil des Films zieht sich erheblich.

Was mich aber wohl am meisten enttäuscht hat, war der weitgehende Verzicht auf schräge, verspielte, verzaubernde Elemente in der Filmgestaltung. Immerhin haben wir es hier mit einem Märchen zu tun - das Übersinnliche, Abseitige findet in der Erzählung bzw. Umsetzung aber kaum Platz. Erst mit dem Auftreten der SECHS Zwerge und vor allem dann gegen Ende wird uns hier mehr geboten, jedoch fasst sich dieses Ende viel zu kurz. Gerade, wenn man es mit dem vorherigen ausufernden Aufbau der Geschichte vergleicht.

Kurz gesagt: BLANCANIEVES ist fraglos ein außergewöhnlicher Film, der einen auch durchaus gefangenzunehmen versteht. Leider allerdings nur über gewisse Strecken hinweg; zu oft verbleibt er zu brav und insbesondere letztendlich zu gewöhnlich, seinem innovativ „altertümlichen" Charme zum Trotz. Ich hatte mir deutlich mehr erhofft - nur 6 Punkte.

guckte im Metropolis 9, Frankfurt

40 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Blancanieves
  • Score [BETA]: 81
  • f3a.net: 7.3/10 40
  • IMDb: 7.3/10
  • Rotten Tomatoes: 94%
  • Metacritic: 82/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-29 13:43

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