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Review Boxing Helena

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Keine Arme, keine Beine - keine Kekse. Im Bett.
von Leimbacher-Mario

Jennifer Lynch (ja, Tochter von David Lynch) hat mit „Boxing Helena“ eines der mutigsten und weirdesten Regiedebüts überhaupt hingelegt, das mittlerweile absoluten Kultstatus genießt. Und damit meine ich wirklich „Kult“, denn der Kreis der Verehrer ist klein und dafür umso leidenschaftlicher. Gehöre ich schon dazu? Wer weiß. Eher nicht. Trotzdem ist das für mich nie und nimmer eine Gurke. Denn „Boxing Helena“ ist schon ungemein besser als sein Ruf und sein damaliger „Empfang“ von allen Seiten. Zwischen damals angesagten Erotikthrillern und abartiger Romance-Horror-Mixtur entsteht eine hypnotische bis tragisch-trashige Tinktur, die ätzt und lechzt gleichermaßen. „Boxing Helena“ erzählt von einem Chirurgen, der nach einem Autounfall eine ehemalige Freundin bzw. einen höchst attraktiven One-Night-Stand bei sich zu Hause gefangen hält - und dabei hat er ihr die Gliedmaßen professionell abgetrennt, dass er sich kaum Gedanken über Fluchtversuche der holden Maid machen muss…

Verkannt, verbannt, verrannt

Weichzeichner, erotisch-pervers-pubertäre Fantasien, Trashappeal, Traumvibes. „Boxing Helena“ ist eines der komischsten Werke der frühen 90er, no doubt about that. Zudem hat Jennifer Lynch spürbar genau geguckt, was ihr Vater zu der Zeit so (fürs Fernsehen) fabrizierte, nicht nur durch die Connection Sherilyn Fenn. Da ist es kein Wunder, dass die meisten Kritiker wie Zuschauer damit nicht richtig umzugehen wussten. Mit der Zeit hat sich, wie das bei solchen „Weirdos“ eben oft der Fall ist, aber wie gesagt ein kleiner Kult um „Boxing Helena“ entwickelt, der Lynchs Regiedebüt vor der Bedeutungslosigkeit bewahrt. Obendrauf dann noch die drastische und legendäre Anklage gegen die geplante Hauptdarstellerin Kim Basinger vor Drehbeginn, die vielen sexuellen und körperlichen Tabus, das Oszillieren der Subgenres und Tonlagen, der relative Copout am Ende, die teils steifen Darstellungen und ein comichaft-diabolisches Augenzwinkern. „Boxing Helena“ ist schwer zu fassen und schwerer zu mögen. Zwischen „Misery“ und „Tusk“. Ein Kuriosum. Aber ein sympathisches. Hätten Hitchcock oder Jennifers Vater einen besseren Film daraus gemacht? Mehr als wahrscheinlich. Ist „Boxing Helena“ deswegen mies? Auf keinen Fall! Er ist immer interessant, seltsam und positiv daneben. Er lässt sich nicht festnageln und spielt nach seinen eigenen Regeln. Oder eben nach denen von Jennifer Lynch. Und das respektiere ich sehr. Kleinere Highlights sind Bill Paxton in einer Nebenrolle, einige passend abstruse Songchoices und einfach Sherilyn Fenns unfassbare Schönheit, egal ob mit Extremitäten oder nicht.

Fazit: Obsessionen, Operationen und Orgasmen… „Boxing Helena“ konnte nur schiefgehen. Oder zumindest schief ankommen. Und trotzdem hat die „kleine“ Lynch meinen Respekt und ich bin fasziniert von diesem kruden Thriller. Wenn man ihn zum ersten Mal guckt, nichts über ihn weiß und aufmerksam, offen, neugierig bleibt, dann ist das ein wirklich unterhaltsamer, offbeat Querschläger. Unbequem. Clever. Nicht griffig. Nicht zuzuordnen. Nicht zu fassen.

6 Bewertungen auf f3a.net

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Boxing Helena
  • f3a.net: 6.9/10 6
© Fantasy FilmFest Archiv 2025-07-01 16:37

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