s Brawl in Cell Block 99 (2017) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Brawl in Cell Block 99

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Reviewer

Herr_Kees * 8.0

Story of Bradley

Man kennt die Geschichte: Ein Mann, der gekündigt wird, kommt früher nach Hause und findet dort heraus, dass seine Frau ein Verhältnis hat. Doch Bradley („not Brad“) Thomas demoliert lieber auf brachialste Weise den Wagen seiner Ehefrau, anstatt ihr etwas anzutun (auch wenn man spürt, dass jede Faser seines Körpers zuschlagen will). Und startet dann mit ihr einen Neuanfang.

Dieser Beginn ist zum einen ganz symptomatisch für den Film, denn man wird noch mehrmals scheinbar vertraute Situationen vorfinden, die von Autor und Regisseur S. Craig Zahler dann jedoch in unerwartete (und unerwartet konsequente) Richtungen weitererzählt werden. Zum anderen täuscht der Filmbeginn jedoch auch, erweckt er doch den Eindruck, man hätte es hier mit einem seriösen Drama zu tun, das sich nach und nach zu einem atmosphärisch-spannenden Thriller entwickelt. Doch spätestens wenn Udo Kier mit obszönen chirurgischen Eingriffen droht und Don Johnson als Gefängnisdirektor mit seinen eher an Nazischergen erinnernden Wärtern die Szenerie beschreitet, wähnt man sich plötzlich inmitten eines wilden Grindhouseszenarios, das sich zum Finale hin noch in ungeahnte Gore-Exzesse hineinsteigert, die man in dieser Art zuletzt in STORY OF RIKI gesehen hat.

BRAWL IN CELL BLOCK 99 gelingt nämlich etwas heutzutage ganz Eigenartiges: Es ist ein Exploitationfilm, der gänzlich ohne Ironie und selbstreferenzielle Metaebene auskommt und dabei auch zu keinem Zeitpunkt unfreiwillig komisch wirkt. Im Gegenteil: die Bedrohung ist echt, die Anteilnahme fühlbar, die Gewalt extrem hart. Dass das funktioniert, verdankt der Film seinem straighten Inszenierungsstil (selten waren 130 Minuten Film so reduziert und konzentriert) und vor allem Vince Vaughn, der seine Rolle wirklich in jedem Sinne großartig ausfüllt und keinen Muskel zu viel bewegt – auch nicht bei den knochentrockenen „brawls“. Ein echtes Brett und der beste Gefängnisfilm seit langem.

Leimbacher-Mario * 8.5

Unterdrückte Aggressionen

Mit dem gorigen Neo-Western "Bone Tomahawk" konnte mich Regisseur S. Craig Zahler vor zwei Jahren mehr als überzeugen und nun legt er mit einem Hardcore-Knastdrama nach, dass sich nicht gewaschen hat. Irgendwo zwischen Grindhouse und Guantanamo lässt dieser minimalistische, gedrosselte und mit unterdrückter Gewalt gesegnete Actioner die Hölle in einem Drecksloch von Gefängnis los, wo ein einsitzender Drogenschmuggler erpresst wird und unter allen Umständen einen letzten Auftrag ausführen muss, da sonst seine schwangere Frau böse dran glauben muss...

Es gibt nicht allzu viele Gewaltszenen in diesem Rumble in The Prison Jungle. Doch wenn die Aggressionen herausplatzen, dann erbarmungslos und ohne Vorwarnung. Vor allem das letzte Viertel wartet mit ein paar grandiosen, erfreulicherweise handgemachten Gore-Exzessen auf, die selbst geübten Zuschauern ein "Wow" auf die Lippen zaubern. Bis dahin lässt das pessimistische Werk es höchst gemächlich angehen, füllt seine Überlänge mit viel dreckiger Atmosphäre, lässigen Dialogen und noch dreckigeren Gefängniszellen, fast schon Kerkern. Dagegen wirken deutsche Gefängnisse wie das Waldorf Astoria!

Wir erleben eine Reise ohne Wiederkehr. In die dunkelsten Abgründe der Hölle. Blut, Schweiß, gebrochene Knochen, Rache und Liebe. Wir folgen Vince Vaughn und seiner zutiefst zerrissenen Figur durch eine abgründige Tour De Force. Eine solche Leistung hätte dem einstigen Comedy-Mimen vor ein paar Jahren wohl niemand zugetraut. Er wird zum Biest, zum Killer, zur Maschine. Und man kauft es ihm ab! Die Story ist minimal, Längen sind durchaus da, doch der Payoff kann sich sehen lassen, geht einem bis ins Mark. Das macht Spaß und tut weh zugleich. Fies, mies, extrem. "Brawl in Cell Block 99" ist modernes Bahnhofskino der heftigen Sorte. Er geht keine Kompromisse ein und deswegen mag ich ihn besonders. Vulkan, Slowburner, Mittelfinger, Knochenbrecher - ein Knasti wie es ihn noch nicht gab.

Fazit: Wie schon mit "Bone Tomahawk" verleiht Regisseur S. Craig Zahler seinem ultraharten Knast-Exploitationer eine Intensität und Brutalität, die einen zugleich staunen und schreien lässt. Und Vince Vaughn zeigt eine animalische Seite, die man von ihm nie erwartet hätte. "Brawl in Cell Block 99" ist heftig, launig und unberechenbar. Ein gern genommener Magentreffer, ein Mitternachtsmonster der erinnerungswürdigen Sorte!

Alexander * 6.5

Ein düsterer Schlag in die Fresse

Der Film ist hart, ultrabrutal, gemein, pervers, erbarmungslos und beklemmend. Wer auf sowas steht, wird hier bis in die letzte Schweißpore auf das Allerbeste bedient. „Brawl“ geht dabei allerdings auch an die Grenzen der Glaubwürdigkeit und verlagert sich insbesondere in seiner 2. Filmhälfte auf ein Terroir, das mit gängigen Knast-Thrillern nicht mehr viel gemein hat, sondern mehr in eine Art „over the top“ Gewaltvorstellung verkommt, gegen die so manch andrer Gefängnisfilm ausschaut, wie ein Kindergeburtstag hinter dicken Mauern.

Unser „Held“ steckt in dieser Geschichte so dermaßen Knietief in der Scheiße, das man gar nicht anders kann, als mit ihm mitzufiebern/hoffen und zu leiden, vor allem Letzteres.

Dabei dauert es seine Zeit bis dieses fiese Stück Film seinen Weg in vergitterte Kerker und zu sadistischen Wärtern findet. Die Geschichte lässt sich Zeit seine Hauptdarsteller langsam einzuführen und gut zu charakterisieren. Seit langer Zeit fühlte man nicht mehr so sehr mit einem „bad guy“ mit. Dabei gelingt Regisseur S. Craig Zahler sogar das Kunststück, das sich der Film mehr nach 70er Jahre Exploitation anfühlt, als nach aktuellem Genrekino. Dazu tragen nicht nur die oft sehr langen Kameraeinstellungen bei, die man aus dem aktuellen Kino fast nicht mehr kennt, sondern auch die ruhigen, langen Passagen von Autofahrten, unterlegt mit relaxter Musik, die im harten Kontrast zum restlichen „Programm“ stehen, das über den Zuschauer nach einer langen, aber niemals langweiligen, ersten Filmhälfte hereinbricht.

Und während es anfänglich einfach nur „ordentlich was auf die Fresse“ gibt, um zu zeigen, wo der Hammer hängt, entgleitet uns die Action alsbald in ein finsteres, sadistisches Treiben und zertrümmerte Knochen und zermatschte Schädel beherrschen das Bild und ziehen die Geschichte fast ins Groteske.

All das wirkt zwar stellenweise billig, langweilt allerdings nie. Großes Lob an Vince Vaughn, der mit seiner allmächtigen Präsenz hier einen Film fast alleine trägt und im Alleingang über den Durchschnitt hebt.

Kein Film, den ich mir unbedingt ein zweites Mal anschauen muss. Für Fans des Genres wahrlich ein Leckerbissen. Ja, WENN man sowas goutiert. Bon Appetit.

meiklsan * 9.0

Howdy, darf ich vorstellen, Bradley Thomas.

Anfänglich hatte ich ja ob der 133 Min. Laufzeit doch so meine Bedenken, USA-Knast- und Action-Film im epischen Korea-Format? Kann das gut gehen? JA es kann.
Erstaunlicherweise habe ich tatsächlich erst und einmalig nach exakt 73 Min. auf die Uhr geschaut, nachdem der erste brachiale Knochenbruch sich akustisch fies in meine Ohren gebohrt hat. Und ich war echt überrascht!? Waaas, nur noch 60 Minuten!? Der Film lässt sich tatsächlich gaaaanz viel Zeit, nimmt sich diese völlig bewusst, startet als gewöhnliches Beziehungs- + Gangster-Drama und erzählt völlig unaufdringlich, aber mit konstantem Nachdruck seine kleine, emotionale, aber absolut sehenswerte Retro-Knast-Story. Vermutlich hat mich der Film durch seinen unheimlich nostalgischen Charme und das omnipräsente und -potente Schauspiel eines Vince Vaughn bei der Stange gehalten? Who the fuck is Vince Vaughn? Vince, „Howdy“, Vaughn, den ich bisher im Filmzirkus noch gar nicht so richtig wahrgenommen habe und der scheinbar eher durch Comedy-Filmchen brilliert hat als durch Genre-Movies, spielt hier eine tickende Zeitbombe mit ultimativer Präsenz und Macht, vermutlich „die“ Ausnahme-Rolle seines Lebens!? Bin gespannt, wann, wie und wo er demnächst als massiver Knochenbrecher noch so auftauchen wird?
Inhaltlich gibt es nicht viel mehr zu erzählen als die FFF-Inhaltsangabe schon beschreibt und noch mehr wäre wohl auch ein Spoiler.
Nur so viel sei verraten: Bradley kommt nicht nur in „einen“ Knast, den wundervoll in Blau ausgeleuchteten „The Fridge“. Nein, er landet nach diversen Vergehen auch noch in einem anderen dreckig erdigen Knast-Verlies namens „The Red Leaf“, wo er von einem wundervoll sarkastisch aufspielenden Gefängnisleiter aka DJ aka Don Johnson begrüßt wird. Der Übergang von Realität zu Fiktion scheint spätestens ab diesem Zeitpunkt immer mehr zu verschwimmen. Dafür nimmt die bereits schon häufig erwähnte Brutalität immer abstrusere Formen an und gipfelt fast in einer kleinen Splatter-Orgie.
Wer mal wieder etwas Abstand zu jeder schnell geschnittenen asiatischen Ip-Man-Win-Chun-„Coreo“ oder den Marvel-Universum-CFXs sucht, der ist hier bei unseren bodenständigen „Brawls“, die quasi wie in Zeitlupe verlaufen, bestens aufgehoben. Jeder Schlag sitzt, Bradley hat unheimliche Nehmerqualitäten und die „Schlägereien“ sind wie damals im wilden Westen wundervoll real nachvollziehbar und spürbar! Jeder Schlag sitzt.
Und nicht zu vergessen für alle Nostalgiker: Udo Kier glänzt mal wieder in einer Nebenrolle!
Hier mein Ergebnis:
Story 1 Punkt
Cast (Vince) 4 Punkte
Nebencast (Udo+DJ) 2 Punkte
Splatter 2 Punkte

D.S. * 6.0

Prolliger Trash ohne ausreichend Tempo

Ich muss zugeben, so ganz verstehe ich die Lobeshymnen und den hohen Punkteschnitt für diesen Film hier nicht. Ja, der Film hat stellenweise eine gute Wucht und bietet ein höchst unterhaltsames Finale mit ein paar wirklich ultraharten Szenen und guten Splattereffekten. Der Weg dorthin ist aber ziemlich weit und häufig mit nicht gerade vielen Sehenswürdigkeiten ausgestattet. So nimmt das erste Drittel – in dem uns die Gründe für den Knastaufenthalt von Redneck Bradley (Vince Vaughn als lebende Wand) vermittelt werden – viel zu viel Raum bzw. Zeit ein. Und das zweite Drittel, in dem Bradley in einem „gewöhnlichen“ Gefängnis untergebracht ist, zeigt absolut nichts, was man in ähnlichen Filmen nicht schon ähnlich gesehen hat, von etwas heftigerer Gewalt einmal abgesehen.

Dass die Story insgesamt auf einen Bierdeckel passt, die Charaktere maximal eindimensional gehalten und einige Akteure mit dem Agieren sichtlich überfordert sind: geschenkt, das gehört bei einem prolligen Knast-Exploiter ja nun mal dazu, und nichts anderes ist der BRAWL.

Dass er sich dabei aber völlig unangemessen ernsthaft gibt (und offensichtlich auch vom Publikum erwartet, sein trashiges Set-up ernst zu nehmen), schadet dem Unterhaltungsfaktor meiner Meinung nach deutlich, ebenso wie das erwähnte niedrige Tempo und die viel zu lange Laufzeit. Abzüge gibt es außerdem für das mehrfache, überflüssige US-Patriotismus-Gejaule, mit dem uns vor allem die Hauptfigur auf die Nerven gehen darf.

Allein der wirklich brachialen Gewaltszenen wegen, die vor gar nichts zurückschrecken und tatsächlich Erinnerungen an den seligen STORY OF RICKY wach werden lassen, gibt es von mir dennoch 6 Punkte. Hatte mir aber deutlich mehr erhofft – nicht zuletzt der dichten Atmosphäre wegen, die Regisseur S. Craig Zahler in BONE TOMAHAWK erzeugen konnte. Ähnliches gelingt ihm hier leider nicht.

glotzte im Harmonie, Frankfurt

32 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Brawl in Cell Block 99
  • Score [BETA]: 81
  • f3a.net: 8.2/10 32
  • IMDb: 7.2/10
  • Rotten Tomatoes: 92%
  • Metacritic: 79/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-24 14:43

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