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Review The Brotherhood of Tears

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Ich packe meinen Koffer
von D.S.

Spannender, straighter, durchweg unterhaltsamer Franzosen-Thriller mit schön bizarrer Story, der vor allem in seiner ersten Hälfte durch hohes Tempo und viel Style sehr begeistern kann. Später wird dann zwar leider einen Gang runtergeschaltet: Der Mysteryfaktor weicht in weiten Teilen gegenüber dem aus üblichen Polizeifilmen bekannten Puzzlelösen zurück, eine aufgepfropft wirkende Romanze verlangsamt den Handlungsfortschritt unnötig und die Auflösung des Ganzen kommt sensationell unspektakulär daher – nach DEM Aufbau wurde hier traurigerweise einiges verschenkt.

Da dieser Aufbau, die Ausgangslage des Geschehens und ihre Eskalation aber nun mal derart originell und aufregend sind, ist THE BROTHERHOOD OF TEARS für alle Krimifreunde dennoch uneingeschränkt zu empfehlen.

Ebenso für alle, die folgende Job-Description spannend finden: Du sitzt montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr in einem leeren Büro in einem leeren Gebäude in einem Industriegebiet vor Paris, kannst deine Zeit dort gestalten, wie du lustig bist, musst nur jederzeit ans Telefon gehen, wenn es klingelt. Dafür bekommst du täglich 4000 Euro. Deutlich mehr gibt es, wenn du dann auch noch bereit bist, ab und zu einen Koffer für uns zu Empfängern überall auf der Welt zu transportieren. Wir garantieren dir, dass im Koffer nichts Illegales ist. Es gibt nur eine Bedingung: Du darfst den Koffer niemals öffnen.

Na, wäre das was? Für Ex-Cop Chevalier, den Mann mit der vermutlich am besten trainierten Wahrnehmungsfähigkeit ganz Frankreichs, ist es das definitiv, denn er ist vollkommen pleite, perspektivlos und schämt sich dafür, dass er seiner 12-jährigen Tochter nicht mal mehr das Essensgeld für die Schulkantine geben kann. Also nimmt er den vermeintlichen Traumjob an. Und genießt seine Benefits. Bis sich herausstellt, dass er natürlich doch zu schön ist, um wahr zu sein – denn nicht jeder Kundentermin erweist sich als Spaziergang durch Brügge oder Istanbul, und jeder Fehler zieht haarsträubende Konsequenzen nach sich. Bis sich Chevalier schließlich in einem alptraumhaften Bedrohungsszenario für sich und alle, die ihm nahestehen, wiederfindet...

Das große Rätsel, was und wer hinter dem Job steckt, was sich in den Koffern befindet und warum ein solches Geheimnis um das alles gemacht wird, hat einen hohen Faszinationsgrad, und der wird vom Film konsequent aufgebaut und effektiv ausgespielt. Die spätere Schnitzeljagd nach den Verantwortlichen wirkt dann zwar bei weitem nicht mehr so ungesehen, ist aber nach wie vor spannend gestaltet. Und auch der Hintergrund des Ganzen, als er dann endlich aufgedeckt wird, ist von seiner Idee her grandios wahnwitzig genug, um im Genrevergleich vollends zu überzeugen.

Nur geschieht seine Aufdeckung eben derart „nebenbei“, ertränkt in zunächst viel Geschwafel und dann viel Action, dass alles so wunderbar Groteske fast gänzlich untergeht, welches die Handlung ja eigentlich überhaupt erst in Bewegung gesetzt und im Verlauf des Geschehens so ausgezeichnet hatte. Hier begeht die Inszenierung schwere Fehler, die den Film einige Wertungspunkte kosten, wie auch die Herausnahme von Tempo und WTF-Momenten zugunsten einer konventionelleren Krimi-Herangehensweise ab der Mitte der Laufzeit.

Nichtsdestotrotz kann THE BROTHERHOOD OF TEARS bis zuletzt fesseln. Fans von Franzosen-Krimis mit Mystery- bis Fantasy-Touch wissen, was zu tun ist. Und vergeben mindestens 6,5 Punkte.

saß im Cinestar, Frankfurt

36 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Brotherhood of Tears
  • Score [BETA]: 55
  • f3a.net: 5.6/10 36
  • IMDb: 5.4/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-28 10:11

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