s Der Bunker (2015) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Der Bunker

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Reviewer

D.S. * 4.5

Humor ist, wenn man trotzdem lacht

Eine deutsche Komödie zwischen Helge-Schneider-Klamauk und leicht dunkel eingefärbter Groteske – und damit nicht unbedingt die naheliegendste Wahl für einen Slot beim FFF. Zwar bemüht sich der Film, einigermaßen skurrile Charaktere zu zeichnen, und das gelingt ihm auch recht gut. Wenn man überhaupt einen Genrebezug herstellen will, fühlen sich diese Charaktere aber dennoch maximal an wie eine LINDENSTRASSEN-Version der Sawyer-Familie aus TEXAS CHAINSAW MASSACRE. Wozu dann auch passt, dass DER BUNKER von H.W. Geissendörfer und seiner Tochter koproduziert wurde.

Dabei hat der Film zweifellos seine Stärken. Die finden sich vor allem im liebevollen Set-Design, den stimmigen Kostümen und auch der Kameraarbeit. Zudem führt die merkwürdige Ausstrahlung, die von der merkwürdigen Familie in ihrem beklemmenden Bunker ausgeht, zu einer Atmosphäre, die mittelfristig durchaus eine gewisse Sogwirkung entfaltet.

Andererseits fühlt sich DER BUNKER aber so dermaßen typisch deutsch an, dass man schon eine entsprechende Filmvorliebe braucht, um vom Geschehen auf der Leinwand wirklich begeistert zu sein. Andernfalls kann sich an mehreren Stellen leicht das von hiesigen Produktionen nur zu vertraute Gefühl von Fremdscham einstellen.

Die Story ist dabei schnell erzählt: Um in Ruhe an seinem Forschungspapier arbeiten zu können, mietet sich ein Student im Kellerraum einer Familie ein, die in einem Bunker irgendwo im Niemandsland lebt. Diese Familie besteht aus einem autoritären Vater mit sehr deutscher Frisur und Gesichtsbehaarung, einer geistig leicht abwesend wirkenden jungen Mutter und dem 8-jährigen Sohn Klaus. Alle drei haben ganz offensichtlich einen an der Pfanne, und entsprechend kommt der Student mit seiner Arbeit auch nicht recht voran, denn er wird ständig von ihnen unterbrochen. Und schließlich dazu verdonnert, den Privatlehrer für Klaus zu spielen, für den seine Eltern große Pläne haben. Eine Betätigung, die zunächst vollkommen sinnlos erscheint, denn Klaus ist dumm wie Brot und kann sich nicht mal die Hauptstädte der Welt merken. Bis der Student per Zufall einen Weg findet, seine Lernleistung phänomenal zu verbessern...

Der nervige 8-jährige wird vom 31-jährigen Daniel Fripan gespielt, und das betrachtet der Film ganz offensichtlich als seinen Humorhöhepunkt, denn er reitet bei jeder Gelegenheit auf dieser albernen Diskrepanz herum. Das erinnert dann schon ein wenig an Bully-Herbig-Produktionen, aber die sollen ja auch ihre Fans haben.

Wo die Skurrilität der Figuren und Situationen aber zunächst tatsächlich unterhalten kann – vor allem, da sie gekreuzt wird mit einigen Loriot-artigen Dialogen –, verliert DER BUNKER auf Sicht nicht nur dadurch, dass er eben diese Skurrilität zu deutlich betont, dabei des Öfteren in plumpe Albernheit abgleitet und bestimmte Handlungsmuster zu oft wiederholt. Nein, er verliert vor allem dadurch, dass er ab ungefähr der Hälfte seiner Laufzeit versucht, eine zunehmend dunklere Stimmung zu etablieren. Aus den harmlos bescheuerten Karnevalsfiguren abgründige, bedrohlich gestörte Psychopathen zu machen. Nachdem er sie nämlich zuvor so konsequent als Schenkelklopf-Schwachmaten positioniert hat, ist das schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit – und hat nur zur Folge, dass die amüsanten Situationen deutlich weniger werden und sich nach und nach eine Stille über das Publikum legt, die nichts mit Fesselung zu tun hat.

Spannung ist im Handlungsverlauf nämlich ohnehin keine auszumachen; und warum sich die Protagonisten so benehmen, wie sie es tun, interessiert ebenso wenig wie die Frage, wozu ihr Verhalten wohl noch führen wird.

Letztendlich ist DER BUNKER eben, wie erwähnt, doch nichts anderes als eine deutsche Komödie. Ein wenig abseitiger als das, was sonst aus diesem Genre kommt, klar. Aber niemals finster, verstörend, wirklich schwarzhumorig oder auch nur ernsthaft schräg genug, um für mehr als ein paar simple Lacher zu sorgen.

Wem das genügt oder wer ohnehin eine Schwäche für Spaßversuche aus der Heimat hat – bitte sehr. Immerhin ist der hier betriebene Aufwand und das offensichtlich geflossene Herzblut bewundernswert. Aber ein „Fresh Blood“-Favorit, im Ernst? Nicht in meiner Welt. 4,5 Punkte, und das ist aus meiner Sicht schon viel, denn ich habe im Kinosessel mehrfach ganz schön gelitten.

guckte im Cinestar, Frankfurt

Alexander * 6.5

Man spricht deutsch

Willkommen zum diesjährigen Beitrag des „deutschen Films“ auf dem FFF, der diesmal vermutlich für niemanden so wirklich passen dürfte und sich anfühlt, als hätte Helge Schneider einen schlimmen Alptraum von David Cronenberg verfilmt.

Dialoge, durchaus liebevoll zusammengebastelte Sets, Maske, einfach alles fügt sich hier zu einer vollkommen einmaligen, abgedrehten, verrückten Groteske zusammen.

Das Wunderbare am „Bunker“ ist, das hier deutsche Tugenden mit viel Fremdschäm-Potential auf eine groteske Spitze getrieben werden, die das Gezeigte zwar nicht immer zu humorigen Spitzenleistungen auflaufen lassen, zumindest aber mit sehr viel Mut zu unbequemen Bildern eine Art von Lebend-Karikatur des hässlichen Deutschen erschaffen, die sich auch ein Haderer nicht besser hätte ausdenken können.

Der Humor dürfte selbst für Einheimische schwer zu goutieren sein und es bedarf schon einer gewissen Neigung zu kranken und kaputten Ideen um am „Bunker“ Gefallen zu finden. Wer „Für eine Hand voll Scheisse“ von Helge Schneider mochte, dürfte auch den Bunker lieben, aber es wäre unfair, die Filme jetzt direkt miteinander zu vergleichen und das möchte ich auch nicht tun.
Ich könnte mir auch vorstellen, das bei einem mit gewissen Vorbehalten behaftetem ausländischem Publikum, nach Befragung desgleichen, warum denn kaum bis gar nicht gelacht wurde, die Antwort kommen könnte „Ja wieso, sind die Deutschen denn NICHT so?“.

Aber bitte nicht falsch verstehen: MIR hat der Schwachsinn sehr gut gefallen. Auch finde ich es ganz wunderbar wenn Menschen noch den Mut und die Kraft haben sich vorzunehmen, für ein paar infantile Ideen Kapital für einen Film aufzutreiben, und dies dann tatsächlich auch schaffen! Auch kamen Regisseur und Darsteller im anschließenden Q & A sehr sympathisch rüber.

Dennoch dürften sich am Gezeigten die Geister scheiden. Viel mehr als den wirklich gelungenen Gesichtsausdruck von Daniel Fripan als 8-jährigen Familiensprössling hat der Film ja kaum zu bieten, und wer darüber schon nicht lachen kann, wird ob des Gebotenen wohl zeitig einschlafen, so wie das auch mein sonst eigentlich immer sehr munterer Sitznachbar gestern tat. Es sei ihm verziehen.

war im Cinestar, Frankfurt

landscape * 8.5

Kammerspiel

Wieso typisch deutsch? Ich muss eher an Österreich denken, wo es schon ein paar Bunkerbauten mit weggesperrten Menschen gegeben hat. Auch der Humor ist eher österreichisch überdreht, eher bitterbös und nicht wirklich lustig.
Meiner Meinung nach ist es hier gelungen, eine andere Welt aufzumachen, Anziehungskräfte und Abstoßreaktionen zwischen den Figuren (Charakter wäre zu viel) zu generieren und ein rundes Ende in die Kreisbewegung der Geschichte einzubauen.

guckte im Savoy, Hamburg

Herr_Kees * 6.5

Mit der notwendigen Gewalt auf die Schnellstraße zum Erfolg

DER BUNKER ist wirklich etwas besonderes – nicht nur auf dem FFF, sondern ganz allgemein in der (deutschen) Filmlandschaft: Ein Film, der sich allen Genrekategorisierungen entzieht und nichts gleicht, was man schon gesehen hat. Szenen aus Helge-Schneider-Filmen vielleicht, aber nicht die lustigen, Szenen aus Roy-Andersson-Filmen vielleicht, aber nicht die traurigen.

DER BUNKER ist eine surreale Komödie, die eher von Literatur und Theater als von Filmen inspiriert scheint – der Lehrer mit der unmöglichen Aufgabe, an der er scheitern muss und für die er an Stelle seines Schülers bestraft wird, ist beispielsweise ein klassisches Kafka-Motiv.

DER BUNKER ist schräg (natürlich) – aber nicht verzwungen, sondern eigen, ist witzig (auch) – aber nicht klamaukig, sondern absurd, ist ästhetisch (überraschenderweise) – aber nicht für Schönheit, sondern für Eigenständigkeit.

war im Metropol, Stuttgart

Frank * 5.5

Wissen ist die Explosion der Neugierde

DER BUNKER, Kandidat des Fresh Blood Award 2015, ist ein grotesker, absurd komischer Film aus Deutschland mit klassischem Soundtrack, welcher deutsche Tugenden durch den Kakao zieht und Kritik am rein geistigen Wissen übt, am Lernen um des Lernens willen. Und er bietet so herrliche Dialogfetzen wie diesen, der auch im Trailer zu hören ist:

"Prächtiges Zimmer, nicht wahr?"
"Aber... es kommt kein Licht hinein."
"Dafür auch keins hinaus!"

Es war wirklich ein Herzensprojekt von Regisseur Nikias Chryssos. Das merkt man nicht nur an an der stimmigen Atmosphäre, sondern auch an der liebevollen Ausstattung, dem hervorragenden Set-Design des Bunkers, der bis ins kleinste Detail das biedere Leben seiner Bewohner widerspiegelt.
Eigentlich müsste man Insassen sagen, denn das Ehepaar scheint sich dort zu verschanzen, hat sich freiwillig völlig abgekapselt. Der Bunker selbst wird Symbol für die kleine isolierte Welt der Protagonisten mit ihren ebenso weltfremden wie krankhaften, der "Realität" entrückten Vorstellungen und Fantasien.

Darunter leidet auch deren in seiner geistigen Entwicklung zurückgebliebene 8-jährige Sohn. Als sich dann ein Student dort befristet einmietet, um Ruhe für seine Forschungsarbeit zu finden, sehen seine Eltern in ihm den idealen Nachhilfelehrer für ihren Sohn, der irgendwann einmal Großes erreichen soll.

Der Regisseur kam im anschießenden Q&A sehr sympathisch rüber, jedoch hatte ich den Eindruck leichter Überschätzung des eigenen Potenzials seiner Idee. So wurde die Idee, den 8-jährigen Sohn mit dem 31-jährigen Daniel Fripan zu besetzen, sowohl im Film wie im Q&A ziemlich aufgebauscht, obwohl das mit Sicherheit nicht das Skurrilste am Film war.
Auf die Frage nach Vorbildern und Inspiration zählte Nikias Chryssos erst mal die Crème de la Crème der Regisseure und Genrefilme auf. Stanley Kubrick? Ich hätte beinahe losgelacht.
Bei näherem Betrachten kann ich mir allerdings vorstellen, dass er Stanley Kubricks Clockwork Orange nacheifern wollte. Eine Spur dieser Verrücktheit ist erkennbar, was für mich auch die ***SPOILER*** heftig ausbrechende Gewalt am Ende erklärt. Das war wohl ein bisschen zu viel des Guten.

Seltsamerweise kann ich im Nachhinein, wenn ich den Film reflektiere und mir einige Szenen nochmal vor Augen führe oder den Trailer erneut anschaue, besser über ihn lachen und evtl. gewinnt er beim zweiten Sehen.

Möglicherweise war mir das Sujet und dessen Aufarbeitung zu fremd, zu suspekt, zu unzugänglich bei der ersten Konfrontation mit den seltsamen Figuren in ihrer merkwürdigen Umgebung, so dass ich mich nicht genug darauf eingelassen habe. Vielleicht war der Film aber auch platter, als ich erhofft habe, denn viel mehr als ein Schmunzeln hat er selten bei mir hervorgerufen.

Ihr seht, ich bin ein bisschen irritiert ob der Wirkung des Films auf mich und kann ihn zur Zeit nur schwer in meinen Filmkosmos einordnen.
Umgehauen hat er mich nicht, enttäuscht war ich auch nicht. Als etwas besonderes in der (deutschen) Filmlandschaft sehe ich ihn -ich kenne nichts vergleichbares wie DER BUNKER -, weswegen er sich für mich, so wie ich ihn beim FFF wahrgenommen habe, im oberen Mittelfeld positioniert.

Ich halte es für möglich, dass ich den Film bei Zweitsichtung höher bewerte.

saß im Savoy, Hamburg

Leimbacher-Mario * 6.5

Deutsches Kino hat wieder Mut & Kreativität

Warum sprechen die Deutsch? Der kann doch niemals aus Deutschland kommen! Zu verrückt, zu neben der Spur, zu verspielt, zu kreativ, zu krank. Doch, er kann! Bravo & Danke zu diesem Film mit Kultpotenzial, an alle Beteiligten. Auch wenn er mir nicht komplett zugesagt hat, ich ihn mir noch nicht mal kaufen werde, ich sogar teilweise gelangweilt war, bin ich beeindruckt.

Der Bunker verweigert sich eigentlich allen Realitäten & auch seine Geschichte (die aber leider nirgendwo richtig hinführt) anzureißen, verrät eigentlich schon zu viel. Ein junger Student mietet sich in einen abgeschiedenen Bunker im Wald ein & bekommt von der Familie dort den "kleinen" Sohn aufgeschwätzt, den er mit Privatunterricht zum Präsidenten schulen soll. Klingt so schon leicht neben der Spur, aber glaubt mir, das ist noch gar nichts! Ein morbides Kammerspiel mit einigen tiefergehenden Denkansätzen zu Erziehung & Familienleben sowie typisch deutschem Verhalten - aber absolut auf internationalem Niveau & komplett gegen den normalen deutschen Comedy-Stil gekämmt. Schon allein deswegen Kudos!

Für einen wirklich guten Film reichen mir Mut, ein cooler Style & ein schlauer Kunst-Ansatz aber nicht ganz. Die Musik schleicht sich ins Ohr, ist kultig as hell, sogar die Credits sind für einen deutschen Film à la bonheur. Aber die Geschichte war über 90 Minuten dann doch etwas anstrengend, Geschichte kann man es sogar gar nicht so richtig nennen. Eher zusammengereihte skurrile Ideen, noch durchgeknalltere Charaktere & eine besondere Grundidee. Man merkt schnell, Kreativität über Kreativität. Kreativität über alles. Aber reicht das für z.B. den Fresh Blood Award auf dem Festival? Ganz klares Nein.

Die Schauspieler spielen richtig genial, sowohl einzeln als auch an den traumgleichen Szenen z.B am Essenstisch merkt man Spielfreude & Humor. Und mich hat Daniel Fripan als kleines Kind überhaupt nicht gestört, ganz im Gegenteil, eher ein passendes & oft richtig lustiges Highlight. Sicher das, woran man sich am stärksten erinnern wird, wenn Zeit vergangen ist. Manchmal schüttelt man den Kopf, manchmal lacht man laut, manchmal bleibt einem das Lachen im Hals stecken.

Fazit: überspitzt, wahnwitzig, surreal, verkopft & zugleich spontan erscheinend - eine Interpretationslehrstunde als bizarres Kammerspiel!

verweste im Residenz, Köln

MarxBrother81 * 8.0

Der deutsche Genrefilm lebt!

Auf diesen Film hab ich gerne gewartet!
Denn der deutsche Genrefilm erfährt endlich das Comeback, welches ihm schon seit langem bevorstand. Diese bitterböse Mixtur aus Mystery, Grusel, Komödie und Drama hat man als Zuschauer auch noch nicht gesehen. Zumindest ich nicht!

Vier charakterstarke Darsteller, enge bis klaustrophobische Verhältnisse, ein nicht immer mit offenen Karten spielendes Drehbuch, welches in Form einer düster-morbiden und eigenwillig-schrägen Konstellation dargeboten wird. Dieser traurige und schwarz-humorige Vertreter hat mir echt gut gefallen, auch wenn es ein wenig bunter & surrealer hätte zugehen können bzw. hier und da sich zu viel Tristesse einstellt. Hier wird eine typisch deutsches Melodram gezaubert, welches nicht in Kitsch und Hölzernheiten versinkt, sondern bewusst den Film mithilfe seiner mysteriösen Auswüchse und originellen Ideen hervorhebt.

Dabei spielen nicht Blut oder gar monströse Effekte eine Rolle, nein das intensive Mimenspiel der Schauspieler unterhält von ganz alleine.

Wer glaubte man kann hierzulande keine besonderen Filme herstellen und kinogerecht aufarbeiten, der wird mit diesem Film eines Besseren belehrt. Der geniale Synthie-Soundtrack gibt dem bösen Werk eine wirklich spezielle Note. Also unbedingt ansehen und mit Klaus mitfiebern!

PS: Der Kinderdarsteller von Klaus, Daniel Fripan, ist 4fach so alt wie seine Filmfigur.

50 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Der Bunker
  • Score [BETA]: 59
  • f3a.net: 5.5/10 50
  • IMDb: 6.3/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-24 02:13

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