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Review Carriers

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Dieser Review enthält SPOILER!

Carriers trägt zu schwer an sich selbst
von CineManiaX

Eigentlich ein ambitionierter Versuch, Horror und Drama zu kombinieren, doch wie es so oft mit den Ambitionen ist - sie sind größer als das Können der Regisseure und die Enttäuschung über das Gesehene ebenfalls. Die moralischen Implikationen in Carriers werden viel zu harmlos abgehandelt, als dass sie zu einer weiteren Reflektion über menschliches Verhalten in Ausnahmesituationen anregen könnten, denn immer dann, wenn die Handlung kontrovers werden könnte, wird stattdessen die deeskalierendste Entscheidung getroffen, die sich anbietet. Eine wirklich schmerzliche Konfrontation mit der Extremsituation findet nie statt, als ob Carriers sein Publikum nicht überfordern möchte und stattdessen eine Episode an die andere reiht, ohne dass diese einen Erkenntnisgewinn für die Protagonisten bieten würden.

Das feige Drehbuch ist es auch, das Carriers das Genick bricht, denn Carriers bietet so viele Ansatzpunkte, an denen sich anknüpfen lassen würde. Aber keiner wird genutzt und besonders spannungsfördernd ist es auch nicht, dass die einzige Gefahr darin besteht, sich anstecken zu können und dann tagelang langsam vor sich hinzusterben. Auf andere Filme des Genres übertragen ist Carriers ungefähr so, als ob Michael Myers nicht mit einem Messer unterwegs wäre, sondern mit einer Spritze, die mit einem langsam wirkenden Gift gefüllt ist, das er seinem Opfer injiziert und dann wieder weggeht. Deshalb sind die eingestreuten Horrorelemente einfach nur sinnlos und Carriers hätte sich lieber mehr auf die dramatischen Elemente beschränken sollen, statt sich zwischen alle Stühle zu setzen.

Carriers hat mir deshalb mal wieder vor Augen geführt, dass es kaum ein feigeres Genre als Horrorfilme gibt, denn auch Carriers traut sich einfach gar nichts und unterstreicht das Unvermögen vieler Horrorfilme, denkwürdige oder gar tabubrechende Momente zu schaffen, wenn dabei keine Körpersäfte in rauen Mengen fließen. Außerdem zeigt Carriers meiner Meinung nach auch keine sympathischen Protagonisten, sondern lediglich einen Haufen opportunistischer Twens, die am Anfang mit einem Akt reiner (Nächsten)liebe konfrontiert werden, sich grundlegend falsch verhalten aus Angst um ihren eigenen Arsch und auch in der Folge rein gar nichts aus ihren Fehlern lernen, sondern unbeirrt weiter falsche Entscheidungen treffen und bei denen nur ein Gefühl vorherrscht: grenzenloser Egoismus, der zwar von gelegentlichen Anfällen von Selbstzweifeln oder so etwas wie Trauer durchzogen wird, was jedoch schnell beiseite gewischt wird.

Die Reise, die im Film gezeigt wird, führt die Protagonisten zwar an ein Ziel (das klischeehafter auch kaum hätte ausfallen können), doch sie selbst treten nach wie vor auf der Stelle und sind in ihrer persönlichen Entwicklung keinen Millimeter vorangekommen, da sie aus der Begegnung zu Beginn des Filmes rein gar nichts lernen und auch später nie über die Erlebnisse und Entscheidungen reflektieren. Wenn das ein nihilistisches Statement sein soll, dann verstehe ich noch viel weniger, warum Carriers so ein zahmes Stück Zelluloid ist und Figuren zeigt, die einfach nur statisch sind und sein Heil dann immer wieder in ärgerlichen Genrezugeständnissen sucht. Auch der psychologische Ansatz ist grundlegend falsch, denn in Extremsituationen denken Menschen nicht ausschließlich an sich selbst, denn eine permanent andauernde Extremsituation unterscheidet sich signifikant von Panik, wo diese Verhaltensweise gilt. Doch in Carriers wird nur eine Botschaft verbreitet, die das einzig Schockierende an dem Film darstellt: Lieber allein leben als gemeinsam sterben.

verweste im Cinemaxx 7, Berlin

87 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Carriers
  • Score [BETA]: 55
  • f3a.net: 5.5/10 87
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-23 23:28

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