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Review Carriers

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Road-Trip durch ein verseuchtes Drehbuch
von GeorgeKaplan

"Warum CARRIERS? Weil uns der Film atmosphärisch so gepackt hat", damit fasst Friedericke vom Rosebud-Team ihre Entscheidung für CARRIERS als Eröffnungsfilm und zugleich seine Vorzüge zusammen. Ich mag dem nicht widersprechen, aber es ist wirklich nur die halbe Wahrheit. CARRIERS krankt ganz massiv an seinem wenig durchdachten Drehbuch.

Da wären etwa seine Charaktere, die über weite Teile den Film tragen müssen: Zwei Brüder, die ihre Mutter dem Virus opfern mussten, aber der ältere Bruder beharrt darauf, weiterhin in einer Spaßgesellschaft zu leben, während er jedoch anderen Regeln fürs Überleben diktiert. So so. Wenn das ernstgemeint ist, sagt das viel über den Geisteszustand des gemeinen Amerikaner aus. Er befindet sich damit aber in guter Gesellschaft. Die zickige Freundin, die genau im richtigen Moment entscheidend blöd ist, ist wenigstens blond. Großartiger Einfall.

Ganz ehrlich: Ein Charlton Heston konnte mit solchen Situationen besser umgehen. Anders als das spätpubertierende Brüderchen, das sich mit seiner Party-all-night-long-Einstellung selbst und andere unnötig oft in Gefahr bringt, aber zugleich in völliger Selbstüberschätzung zum Alphamännchen aufschwingt, hätte Heston den Ernst der Lage erkannt und für Ordnung in dem Chaos gesorgt.

Damit wären beim Kernpunkt und der treibenden Kraft des Films, dem Virus. So ein Virus ist schon eine fiese Sache: man sieht es nicht, man riecht es nicht, die perfekte, lauernde Gefahr. Es gibt genug gelungene Filme, die diese Gefahr zu einer Hochspannung kuliminieren lassen. Erstaunlicherweise ist allen diesen Filmen eins gemein: sie sind sich einig, wie das Virus übertragen wird und wann Gefahr droht. Nur unter diesen klaren Voraussetzungen kann der Zuschauer das Bedrohungspotential fassen und mitfiebern. Dem Virus in CARRIERS scheint das jedoch ziemlich egal zu sein, mal überträgt es sich schon über Luftaustausch, mal nicht, dann ist wiederum eine bloße Berührung mit einem Infizierten tödlich, in einer anderen Szene bedarf es dagegen seiner Körperflüssigkeiten, oft reicht aber eine simple Staubmaske als wirksame Schutzmaßnahme. Jeder Virologe würde angesichts der Mutationen in Panik geraten, mich hat diese Drehbuchwillkür jedoch arg kalt gelassen.

Ein Endzeitmovie also, als Roadtrip, Spätwestern, episodenhaft erzählt. Einzelne Episoden sind dabei sogar recht stark, trotz der eklatanten Schwächen. Im weiteren Verlauf wiederholen sich Gegebenheiten mit umgekehrten Vorzeichen, kreisförmig kehrt der Film damit zu seinem Ursprung zurück. Schade, dass die Protagonisten so selten daraus lernen. Schade auch, dass manche Episoden zwar stark wirken, aber letztlich sinnentleert und selbstzweckhaft sind. Und schade, dass die beiden Brüder Alex und David Pastor, die diesem dahinsiechenden Drehbuch zweifellos Leben eingehaucht haben, nicht mit dem Finger auf andere zeigen können. Das Drehbuch haben sie selbst verfasst.

guckte im Cinedom 9, Köln

87 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Carriers
  • Score [BETA]: 55
  • f3a.net: 5.5/10 87
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-27 04:30

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