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Review Carriers

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Dieser Review enthält SPOILER!

In Zeiten der Schweinegrippe
von Alan Smithee

Passend zur letztjährigen Schweinegrippenhysterie entwarf der Eröffnungsfilm "Carriers" ein postapokalyptisches Szenario, in dem (wenn ich mich richtig erinnere) eine Mutation des asiatischen Vogelgrippevirus einen Großteil der Weltbevölkerung dahingerafft hatte.
Der Film folgt dabei den Brüdern Danny und Brian (letzterer gespielt von Jung-Kirk Chris Pine), Brians Freundin Bobby und Dannys Schulfreundin Kate auf ihrer Reise durch ein entvölkertes Amerika. Ihr Ziel ist ein kleiner Ort an der Westküste, in dem Danny und Brian ihre Jugend verbracht haben und an dem sie Zuflucht suchen wollen. Um dabei die Wahrscheinlichkeit einer Infektion zu minimieren, folgen sie einigen selbst aufgestellten Regeln: das Tragen eines Mundschutzes beim Umgang mit anderen Personen, das Desinfizieren aller Oberflächen, mit denen sie in Kontakt kommen, und die Grundannahme, dass alle infizierten Personen unweigerlich dem Tod geweiht sind und dementsprechend zurückgelassen werden müssen. Unterwegs treffen sie einen Vater und dessen bereits infizierte kleine Tochter. Entgegen ihren eigenen Regeln entschließen sie sich, den beiden zu helfen und sie unter erhöhten Vorsichtsmaßnahmen zu einer nahegelegenen Krankenstation zu bringen, in der möglicherweise ein Gegenmittel für den Virus gefunden wurde...

"Carriers" ist ein Film, der für mich in der ersten Hälfte auf interessante Art mit den gängigen Genrekonventionen bricht: Im Mittelpunkt steht nicht die Hysterie einer Pandemie, sondern eine konsequent umgesetzte Atmosphäre menschlicher Kälte, die in vielen Szenen eindrucksvoll zeigt, wie sich das zivilisierte Zusammenleben immer mehr auflöst und am Ende jeder nur noch um das eigene Überleben kämpft. Ebenfalls untypisch ist mit Ausnahme des Vaters das Fehlen positiver Identifikationsfiguren. Insbesondere Brian, der die Gruppe führt, ist ein total unsympathischer Charakter und erinnert mit seinem teilweise extrem dummen Verhalten ein wenig an eine chaotische Hauptfigur in Romeros "Dawn of the Dead".
Bis zur letzten Szene mit dem Vater und seiner Tochter, in der es bei uns im Kino so muxmäuschenstill war, dass man selbst in einem sehr großen Saal das leise Surren des Projektors im Hintergrund hören konnte, funktionierte der Film wirklich gut und ließ mich mehr als einmal ernsthaft darüber nachdenken, wie ich mich wohl in solchen Situationen verhalten würde. Leider verlor er danach zunehmend an Intensität, was aus meiner Sicht daran lag, dass sich mehrere Szenen recht einfallslos bei anderen Referenzfilmen des Genres bedienten oder sogar unfreiwillig komisch rüberkamen.
In weiten Teilen ein stimmungsvoller Abgesang ohne künstliche Dramatisierung, war "Carriers" damit kein schlechter Auftakt für das Filmfest, blieb aber leider weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

(Dennoch hat er mich noch Tage danach beschäftigt... Bis zu welchem Punkt würde ich in so einem Szenario überleben wollen, insbesondere, wenn alle, die mir lieb sind, gestorben bzw. dem Tod geweiht sind? Könnte ich meine Schwester oder meine Freundin zurücklassen? Auf keinen Fall. Ich habe zwar keine Angst vor dem Tod per se und dem damit wohl verbundenen Zustand völligen Unbewusstseins, aber dennoch möchte ich ihm nicht alleine begegnen müssen und wünsche dies auch niemandem sonst. Was ist das Überleben auch wert in einer Welt, in der es niemanden mehr gibt, der einem am Herzen liegt? (und keine produktive Filmindustrie ;D)

staunte im Metropolis 6, Frankfurt

87 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Carriers
  • Score [BETA]: 55
  • f3a.net: 5.5/10 87
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 19:13

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