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Review Chatroom

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Eiskalte Internet-Engel
von D.S.

Ich verstehe gar nicht, warum "Chatroom" vielerorts so schlecht wegkommt. Na gut, es könnte am Etikettenschwindel liegen, den die Autorin Enda Walsh hier betreibt. Denn es handelt sich nicht um einen Film über das Chatten oder auch über das Internet an sich. Dieses bildet bloß den "Handlungsort" und spielt in einigen netten Nebensächlichkeiten eine eigenständige Rolle, beispielsweise wenn es um Passwörter, illegale Websites und ähnliches geht. Tatsächlich aber ist "Chatroom" vor allem eins: ein Teenager-Drama, das oftmals an "Eiskalte Engel", "Jawbreaker" und Konsorten erinnert. Sich also um die Themen Manipulation, Machtdemonstration, Demütigung dreht.

Sicherlich, die Art und Weise, wie die Geschichte hier fortschreitet, braucht das Internet, funktioniert nur in ihm. Mobbing und Heuchelei sind nun mal durch ein Medium auf eine neue Spitze getrieben worden, in dem jeder ein Hund sein kann und keiner dein Gesicht und deinen Charakter wirklich kennt. Prinzipiell sind sie aber keine neuen Erfindungen - ebenso wenig wie die eigentliche Story des Films.

Das kann man nun sicherlich schade finden und vor allem in seinen Erwartungen enttäuscht werden. Die "Internet-Welt" erscheint hier nämlich ziemlich handmade, flashige Effekte gibt es nur äußerst selten, vieles ist klischeebeladen oder sogar so umgesetzt, wie sich ein Außenseiter Online-Communities usw. vorstellt. Auch unsere Protagonisten sind sehr stereotyp gezeichnet, insbesondere der "Böse" ist eindeutig viel zu böse und feiert viel zu leicht seine Erfolge.

Das ändert aber nichts daran, dass die "Teenage Angst" in "Chatroom" ziemlich eindrücklich zum Leben erweckt wird und sich viele Jugendliche in bestimmten Aspekten der Charaktere und der Handlung wiederfinden dürften. Druck von den Eltern, der Peer Group, dem Alltagsleben; falsche Freunde, Einsamkeit, Verzweiflung, Komplexe... wem das alles komplett unglaubwürdig erscheint, ist vielleicht einfach schon etwas zu weit weg von seinen eigenen Jugenderfahrungen. Oder er stand immer auf der sonnigsten Seite des Lebens. Natürlich erscheint das hier alles enorm simplifiziert, aber es ist eben ein Film für Teenager, jedenfalls werte ich ihn so.

Was er dann auf dem FFF zu suchen hat, ist natürlich eine ganz andere Frage. Und ob das Internet-Setting wirklich nötig war oder nur ein netter Marketing-Gag ist... Naja, andererseits dürfte sich heute kaum noch ein Jugendlicher angesprochen fühlen, wenn das Internet keine zentrale Rolle in der Beschreibung seiner Generation spielt. Insofern macht das ganze doch Sinn.

Fürs typische Festivalpublikum also eher nicht zu empfehlen, für Freunde von Coming-of-Age-Dramen aber absolut. Zudem auch mit einem großen Schuss Tragödie versehen und mit gutem Tempo inszeniert - gelungen, 7 Punkte.

verweste im Metropolis 8, Frankfurt

46 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Chatroom
  • Score [BETA]: 55
  • f3a.net: 5.8/10 46
  • IMDb: 5.1/10
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 04:25

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