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Review Coherence

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Katzenzustand-Content
von D.S.

Dafür liebe ich das FFF: Kleine feine Mindfuckfilme, auf die ich völlig unvorbereitet gestoßen werde. Die keine große Action oder auch auffällige Stilmittel brauchen, um nachhaltig zu beeindrucken. Die einen noch lange nach der Sichtung beschäftigen und von denen man jetzt schon weiß, dass man sie sich noch mehrmals mit Freunden ansehen wird, um darüber zu diskutieren oder die Story weiterzustricken. Weil sie eine tatsächlich relativ innovative Grundidee haben und diese intelligent ausspielen. COHERENCE ist ein solcher Film und, mit einem Wort: herausragend. Jedenfalls, wenn man etwas für Mysterythemen und Gedankenexperimente übrig hat.

Ein grundlegendes Interesse an Theoremen der Quantenmechanik kann in diesem Fall zudem nicht schaden, denn auf einem solchen basiert die Handlung im Wesentlichen, und es wird von den Protagonisten des Films auch explizit erörtert. Wenn man von der Materie keine Ahnung hat, ist das allerdings nicht schlimm, denn sie wird auf absolutem Einsteigerniveau leicht nachvollziehbar erklärt.

Entscheidender für den Genuss ist eine gewisse Geduld und Nerv-Toleranz, denn im ersten Drittel stellt uns der Film da doch ein wenig auf die Probe: Die Handlung scheint nicht recht in die Gänge kommen zu wollen, wir verfolgen das Dinner von acht Freunden Mitte 40 und ihre großteils belanglosen Gespräche, erfahren einiges über ihre Beziehungen zueinander und Konfliktherde zwischen ihnen. Dabei sind einige der Figuren ziemlich anstrengend angelegt, die Dialoge gleiten (leider auch später) oft in hektisches, lautes Durcheinander-Geschnatter ab, der Unterhaltungsgrad für das Publikum bewegt sich minutenlang nahe Null.

Im Nachhinein kann man das allerdings weitestgehend verzeihen – denn wie sich herausstellt, spielt letztendlich doch das meiste von dem, was getan und erzählt wurde, irgendeine Rolle für die weitere Storyentwicklung. Genau aufpassen lohnt also; denn als es durch den erdnahen Vorbeiflug eines Kometen zum alles entscheidenden Wendepunkt des Abends kommt, entfaltet sich die "eigentliche" Handlung auf derart ungewöhnliche, unvorhersehbare Weise, dass man an manchen Stellen einigermaßen verloren sein dürfte, wenn man die Details nicht im Blick behalten hat.

Über das, was im weiteren Verlauf des Films geschieht, sollte möglichst kein Wort mehr verraten werden. Denn es ist ein nicht nur vordergründig äußerst rätselhaftes Vergnügen, und selber rätseln macht doch eindeutig am meisten Spaß.

Deshalb nur noch kurz etwas zur Umsetzung: Bild und Ton wirken recht preisgünstig; man muss sich hier eher auf Null-Budget als auf Hollywood einstellen. Allerdings passt diese "Natürlichkeit" oder "Gewöhnlichkeit" gut zur Wirkung, die der Film ohnehin bei den meisten erzielen dürfte: Man versetzt sich selbst in die Situation der Protagonisten; man stellt sich vor, wie man in seinem eigenen realen Leben mit ihr umgehen würde. Auch die erwähnte Hektik in den Dialogen, zumal den späteren, und das manchmal panikhafte Verhalten der Figuren verstärkt diesen authentischen Eindruck.

Wer sich also auf einen nicht eben hochglanzpolierten Film einlassen kann, der zum größten Teil durch Dialoge und die aus ihnen gewonnenen Erkenntnisse getragen wird, und bereit ist mitzudenken sowie seine eigenen Schlüsse zu ziehen, dem sei COHERENCE dringend ans Herz gelegt. Er wird einerseits belohnt durch eine immer intensivere, paranoidere, existenziell bedrohlichere Atmosphäre – und andererseits durch Gedankenanstöße, die einem zunehmend größere Welten eröffnen. Ich vergebe (vielleicht ein klein wenig zu großzügige) 8 Punkte, insbesondere des hohen Überraschungsfaktors wegen, der mich schlicht begeistert hat.

goutierte im Cinestar, Frankfurt

65 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Coherence
  • Score [BETA]: 72
  • f3a.net: 6.9/10 65
  • IMDb: 7.3/10
  • Rotten Tomatoes: 83%
  • Metacritic: 64/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 23:02

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