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Reviews A Different Man

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Reviewer

Herr_Kees * 7.0

Art imitating Life

Edward als nicht klassisch attraktiv zu bezeichnen, wäre eine massive Untertreibung. Aufgrund einer im Film nicht näher spezifizierten Krankheit sieht er aus wie eine Mischung aus John Hurts ELEPHANT MAN und Boris Karloffs FRANKENSTEIN Monster. Doch Edward lebt in New York und wird deshalb nur gelegentlich schräg angeschaut.

Als eine experimentelle Behandlung unerwartete Erfolge bringt, beginnt Edward ein neues Leben als „Guy“. Doch er wird von seinem alten Leben sehr bald eingeholt, denn seine ehemalige Nachbarin Ingrid war derart von Edward fasziniert, dass sie ihre Perspektive auf sein Leben in einem Off-Broadway-Theater zur Aufführung bringen will. Bei diesem Theaterstück-im-Film muss man natürlich unwillkürlich an Charlie Kaufmanns SYNECDOCHE NEW YORK denken, in dem Philipp Seymour Hoffman zuerst sein Leben und schließlich ganz New York nachbilden lässt. Life imitating art imitating life. Edward/Guys wichtigste Erkenntnis ist dabei eine erschreckende. Nämlich dass für sein trauriges Leben nicht seine Krankheit verantwortlich war, sondern er selbst.

Was aufgrund dieser Beschreibung nach einem verkopften, deprimierenden Drama klingen mag, ist filmgeworden eine wunderbare satirische schwarze Komödie mit sehr trockenem Humor, ein Psychogramm einer Besessenheit und vor allem ein toller Schauspielerfilm.

Sebastian Stan gibt eine wunderbar zurückgenommene Performance, Renate Reinsve, die vor ihrem Überraschungshit THE WORST PERSON IN THE WORLD eigentlich die Schauspielerei aufgeben wollte, verzückt als authentisch daherplappernde Drehbuchautorin und der spät auf der Bildfläche erscheinende Adam Pearson, der tatsächlich Neurofibromatose und in UK ohnehin einen Namen hat, gewinnt mit seiner erfrischenden Art letztlich die Herzen aller auf und vor der Leinwand. Auch ein kleiner Cameo-Auftritt gegen Ende ist fein gewählt.

Ein fabelhaft ungewöhnlicher Film.

war im EM, Stuttgart

D.S. * 7.0

Cyrano de Paul Auster

Sebastian Stan ist vor allem als der „Winter Soldier“ bekannt geworden: ein, von seiner moralisch dubiosen Hintergrundgeschichte einmal abgesehen, typischer stahlharter, kantiger Marvel-Hühne, ein Alpha-Mann, wie Gott und CGI ihn schufen. Angesichts dieser Tatsache kann die Rolle unbedingt überraschen, die er in der ersten Hälfte dieser lakonischen A24-Komödie mit großen Grotesken-Anteilen spielt: Seit dem Einsetzen einer nicht genauer beschriebenen Krankheit mit einem entsetzlich deformierten Gesicht geschlagen, gibt er die Verkörperung eines Freaks. Keines bösartigen, im Gegenteil: Sein Edward ist ein ruhiger, sehr zurückhaltender Zeitgenosse, der sich mit seinem Schicksal abgefunden hat – bis er eine neue Nachbarin bekommt, die bildhübsche Theaterautorin Ingrid (Renate Reinsve), in die er sich unsterblich verliebt. Nicht zuletzt, weil sie sich ihm gegenüber mehr als freundlich verhält. Doch, ach, wie schon dereinst in „Cyrano de Bergerac“: Sie schätzt seine Persönlichkeit, nicht aber sein Aussehen.

Vor allem deshalb willigt Edward schließlich ein, eine experimentelle medizinische Behandlung über sich ergehen zu lassen. Nach einiger Zeit führt diese zu erstaunlichen Ergebnissen: Eines Morgens wacht er auf – und sieht aus wie der Sebastian Stan, den wir kennen. Sein Leben wird schnell zur Erfolgsgeschichte, womit der Film ganz ähnliche Themen wie THE SUBSTANCE aufgreift und dabei zwar weitaus weniger spektakulär, zunächst aber auch nicht unbedingt subtiler vorgeht. Diese Themen werden hier allerdings im weiteren Verlauf in eine ganz andere Richtung getrieben, werfen mehr Fragen auf, münden letztlich gar in einem geradezu labyrinthischen Wechselspiel, in dem Edwards Verhältnis zu sich selbst, zu seiner inneren wie äußeren Schönheit oder Hässlichkeit ein verlässlicher Boden immer mehr entgleit. Das entstehende Gefühl von Paranoia und Verlust, das Auftreten eines „Doppelgängers“ (?), das Verleugnen von und das Suchen nach sich selbst – all das trägt Züge früher Romane von Paul Auster, wenngleich das Gesamtergebnis weniger schwer als jene wirkt, erst recht weniger schwer als seelenverwandte Filme wie etwa ENEMY.

Für meinen Geschmack hätte das Geschehen in einigen Teilen gerne noch etwas absurder daherkommen dürfen – die Tonalität des Films erinnerte mich irgendwie an Werke von Michel Gondry, es wirkt alles ein wenig verträumt, melancholisch, leise. Dennoch eine weitere beeindruckende Produktion von A24, in der insbesondere Sebastian Stan außerordentliche Wandlungsfähigkeit und schauspielerische Klasse beweist. 7 Punkte von mir.

war im Harmonie, Frankfurt

Leimbacher-Mario * 7.5

Was es bedeutet hübsch zu sein…

Muss man normal aussehen in dieser Welt, um ein Recht oder eine Möglichkeit auf Glück zu haben? Steigert das Hollywood noch? Hilft Hübschsein in allen Lebensbereichen? Zählen auf Dauer dann wirklich die inneren Werte? Wie lebt es sich als äußerliches „Monster“? Bist du, wie du aussiehst? Definierst du dein Aussehen oder dein Aussehen dich? Sind wir alle heuchlerisch und unehrlich, was Schönheitsideale betrifft? Können wir je gänzlich über die „Hülle“ hinwegsehen? Warum lassen wir uns von anderen bewerten und bestimmen?

Der umgekehrte, intelligentere „The Substance“?

Sebastian Stan als einer der unterschätzteren Männer Hollywoods, auch einer der hübscheren. Adam Pearson, mit einem der einprägsamsten Gesichter der Branche, spätestens seit seinem kurzen Auftritt in „Under The Skin“ unvergesslich. Beide nun in „A Different Man“ als zwei Seiten einer Medaille. Oder gar Teile eines Würfels mit noch mehr Seiten. Das kann verwirren, auch tonal. Mal lustig, mal tragisch. Ein entgleitendes Leben. Ein Theaterstück der wechselnden Eitelkeiten und Ehelichkeiten. Melancholisch und schrullig. Mutig und speziell. Ein Film, der nicht ganz weiß, wann und wo und wie er enden soll. Aber der Weg dahin mit all seinen Fragen und Eindrücken, seinen Aussagen und (beabsichtigten) Widersprüchen, seinen Lachern und Tränen, seinen Experimenten und strikten Regeln, Gegensätzen und Klischeeunterwanderungen, als ob Woody Allen auf David Cronenberg trifft - der wird hängen bleiben bei mir. Und zwar nicht zu kurz. Alle Darsteller spielen klasse und ungeniert, alle Themenkomplexe werden mutig und mit genug Gefühl angegangen, trotz manch einem Augenzwinkern wird das nie auf die leichte Schulter genommen. Zu vielem gibt’s auch keine leichten Antworten. Wir werden etwas entlarvt. Der Mensch wird es. Das Glück wird es. Die Schönheit wird es. „A Different Man“ fühlt sich während seiner Sichtung nie zu böse oder schwer an - aber er legt sich dann doch noch lange auf die menschliche und filmnerdige Seele. Zwischen „Seconds“, „Darkman“ und „Vanilla Sky“ am Broadway.

Fazit: Komplex, offbeat, anders… „A Different Man“ scheint nicht immer ganz genau zu wissen, wohin er will oder gar wie er enden will - die Fragen zu Masken, Äußerem, Charakter und Glück, die er bis dahin aber stellt, bleiben zusammen mit den großartigen Darstellern aber sowas von hängen!

war im Residenz, Köln

29 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

A Different Man
  • Score [BETA]: 76
  • f3a.net: 7/10 29
  • IMDb: 7.4/10
  • Rotten Tomatoes: 86%
  • Metacritic: 74/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-10-12 01:21

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