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Review Dinner in America

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.. und wir spielen Bonnie und Clyde
von Dr_Schaedel

So, statt Abendbrot in Nürnberg also DINNER IN AMERICA. Und auch wenn die Lachstürme (zu trennen: Lach-Stürme) in den ausgedünnten Sitzreihen beim diesjährigen Centerpiece etwas leiser ausfielen und auch niemand zu Szenenapplaus o. ä. hingerissen wurde, es hatten bei dieser kleinen Indie-Komödie sicher alle ihren Spaß, – außer vielleicht die unter ihrer kleinbürgerlichen Welt leidenden Hauptfiguren.

Der stets mies gelaunte Simon (nie ohne Zornesfalte auf der Stirn und Kippe im Mundwinkel, irgendwie ein James Dean des Crustpunk), dessen Leben eh schon nicht optimal verläuft, und richtig anstrengend wird, als er auf der Flucht vor der Polizei erfahren muss, dass seine Band, – sein Ein und Alles –, sich an die kommerzielle Musikbranche heranwanzt, und die neurotische Patty, die von ihrer Moral-triefenden Familie klein gehalten und von ihrem Chef oder Gleichaltrigen als Fußabstreifer behandelt wird, das sind die zwei, die sich durch dieses Movie schlagen, das zwischen Kammerspiel und Road Movie mäandert und eigentlich gar nicht so trostlos wirkt. Jeder hat sich in seinem Verliererdasein ganz gut eingerichtet, aber es fehlt eben irgendwas, und das sorgt für reichlich Frust. Frust, den der eine durch permanente Aggression und Provokation, die andere durch eine Art inneres Exil und ihre Verehrung für lautes Punkrock-Geknüppel und ihre daran gekoppelte sexuelle Obsession zu kompensieren versucht.

Dass die beiden zueinander finden, ist eine der schicksalhaftesten Vereinigungen seit BONNIE UND CLYDE und – soviel sei verraten – es endet zum Glück nicht so. So überzeichnet und klischeehaft die Familien und andere Randfiguren in der Geschichte sind, so viel Realismus ist dann doch für das Ende aufgespart worden, was ich als sehr wohltuend empfand. Sogar so wohltuend, dass ich ihn für den realistischeren Punk-Film halte als den letztjährigen BOMB CITY mit all seinem Männerbanden-Pathos.

DINNER IN AMERICA schafft es, zugleich schrill und lakonisch zu sein. Mit stampfenden Sounds unterlegt macht dieser entfesselte Baader-Michigan-Komplex lustvoll alles kaputt, was ihn kaputt macht; Simon mit fast beiläufiger Souveränität, Patty als seine willfährige und lernfreudige Praktikantin. Dieses Ungleichgewicht könnte man allerdings auch irgendwann als etwas störend empfinden. Gerne hätte man sich eine etwas stärkere Patty und einen nicht ganz so coolen Simon gewünscht. Und vielleicht insgesamt etwas mehr Tiefgang.

Dennoch ist hier ambitioniertes Underdog-Kino mit Herz herausgekommen, das vielleicht stilistisch noch seine Mitte sucht, aber gerade im Unperfekten punk(t)en kann.

38 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Dinner in America
  • Score [BETA]: 86
  • f3a.net: 8.1/10 38
  • IMDb: 7.8/10
  • Rotten Tomatoes: 100%
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-27 02:45

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