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Review The Divide

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Hell is other people...
von die_Lachsschaumspeise

...and what they might do to you, and what you are willing to do to them, if you think you have to.

Xavier Gens hat - nach dem grandiosen "Frontiere(s)" - abermals das Kunststück vollbracht, aus einem schon recht ausgelutscht geglaubten Subgenre ein Maximum an Atmosphäre, Spannung und Intensität herauszuholen, ohne dabei großartige Neuerungen einzuführen. Denn auch für das ja auch schon reichlich beackerte Feld des Endzeit-Kammerspiels gilt, was Gens anno 2008 schon für den Backwoods-Slasher unter Beweis stellte: Er und sein Team beherrschen es einfach virtuos, auch und gerade in eigentlich altbekannten Settings und Story-Ausgangssituationen mittels Licht, Kameraführung, Schnitt, Sound-Design und nicht zuletzt Schauspieler_Innen-Führung eine ganz eigene, beklemmende und an die Nerven gehende Stimmung zu erzeugen, wie zur Zeit kaum jemand sonst - wobei er in "The Divide" im Grunde genommen dieselbe oder zumindest eine recht ähnliche Geschichte erzählt wie weiland in "Frontiere(s)": Eine überschaubare Gruppe von Menschen gerät in eine unvorhersehbare Extremsituation, in welcher Jede_R von ihnen alsbald gezwungen ist, ums eigene Überleben zu kämpfen... ob nun mit oder gegen die anderen.

"The End of the World is just the Beginning", lautete vor ein paar Jahren die Tagline für die Neuauflage der 1970er-SciFi-Serie "Battlestar Galactica". Nach dem Ansehen von "The Divide" möchte man obigem Satz die Worte "...of the End" hinzufügen. Denn nur zu bald kippt die Stimmung unter den in einem zu einer Art erweitertem Panic Room umgebauten Keller eines New Yorker Wohnkomplexes Eingeschlossenen, die soeben einen von unbekannter Seite inszenierten Atomraketen-Angriff auf New York City überlebt haben, von "Wir müssen jetzt alle zusammenhalten, egal wie unterschiedlich wir auch sind" in gegenseitiges Misstrauen, sich zusehends steigernd in soziale Paranoia und kulminierend in ein langsames und schmerzhaftes Abgleiten beinahe aller Beteiligten in absurd-grenzdebilen Wahnsinn, bei dem letztlich nur noch der individuelle Grad der geistigen Umnachtung variiert. Wie der Film hier nach und nach die Schraube (welche bei manchen dann endeffektiv mehr als nur ein bisschen locker ist) immer mehr und mehr anzieht, bis es kaum noch auszuhalten ist und sich die Überlebenden auf engstem Raum bald gegenseitig an die Gurgel gehen, ist breathtaking, und nicht zuletzt auch den zwar nicht immer überragenden, aber doch guten bis sehr guten schauspielerischen Leistungen zu verdanken, die übrigens zu einem Gutteil auf freier Improvisation und krassem "Staying in Character" auch nach Drehschluss beruhen. Jede der Figuren scheint dabei, obwohl größtenteils durchaus auch die üblichen Klischee-Zeichnungen bedient werden, dennoch extrem plastisch, realitätsnah und glaubwürdig gespielt. Besonders die Leistungen von Rosanna Arquette und (grandios) Michael Eklund sind hier hervorzuheben. Wie sich mit zunehmender Laufzeit die Trennlinie zwischen Solidarität / Menschlichkeit und Egoismus / Sadismus immer mehr verwischt, wie erste Machtspielchen in beschämende Demütigungen übergehen und letztlich in grausame Misshandlungen münden, wie die Finsternis des Kellerraums allmählich zur Düsternis der Menschheit in ihrer letzten Stunde wird, wie das verglimmende Licht der Hoffnung einer scheinbar ausweglosen Schwärze weicht, das alles ist unbedingt sehenswert und wird zumindest mich noch eine ganze Weile nach dem Ende des Films beschäftigen, und mich so manches Bild noch lange verfolgen. Und wenn der Film schlussendlich die zwar nicht gerade originelle, aber dennoch nicht minder bedeutsame Frage stellt, wofür es sich denn nach dem End of the World as we know it überhaupt noch lohnt, ums Überleben zu kämpfen, dann ahnen wir nur zu bald schon, dass die Antwort darauf nicht wirklich eine einfache sein wird.

Bislang neben "I Am You" mein absolutes Highlight des diesjährigen FFF-Programms. Nur Koen Mortiers "22nd of May" könnte (und wird das hoffentlich auch) diese trist-schonungslose Postapokalypse-Variation von Goldings "Lord of The Flies" in meiner Gunst noch übertreffen. Als Kind der 1980er Jahre, das ich auch heutzutage nächtens manchmal noch von Atombomben-Explosionen (alp-)träume, hätte ich persönlich genau diesen Film nur allzu gerne als Centerpiece gesehen.
Verdient hätte er es allemal.

war im Cinemaxx 3, Hamburg

62 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Divide
  • Score [BETA]: 74
  • f3a.net: 6.8/10 62
  • IMDb: 8.0/10
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-27 07:10

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