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Review Eden Lake

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Mut zum Leiden
von D.S.

Ich erzähl jetzt nichts Neues: die FFF-Eröffnungsfilme sind eher selten meins. Kein Wunder: meistens handelt es sich um "Partyfilme" oder um Mainstream-Horror. Was unter Vermarktungs-Gesichtspunkten ja auch absolut Sinn macht - mich ganz persönlich aber eben in der Regel nicht ganz so glücklich. Naja, das ist diesmal anders, und ich zolle Rosebud ganz ehrlich vollen Respekt dafür, einen so massenuntauglichen Streifen an den Start des Festivals zu setzen. Einen Film, der die Feierlaune vieler Besucher erheblich dämpfen dürfte, der das "normale" Publikum (das ja die Opening Night in deutlich höherer Frequenz besucht als den Rest des FFFs) ziemlich schmerzen wird und ganz sicher alles ist, nur nicht eins: nett und einfach unterhaltsam.

Nun ist die Geschichte um das Mitt-30er-Pärchen, das sich bei der Wochenendfrische am ländlichen See mit einer Gruppe (Vor-)Pubertierender in mehr als nur die Haare gerät, durchaus nicht sonderlich originell oder gar filmisch innovativ. Ganz im Gegenteil, die Eskalation der Ereignisse ist vorhersehbar und läuft nach stringentem Fahrplan ab. Und Kamera und Montage fallen eher mal GAR nicht auf. Wobei hierin schon ein Teil der grimmigen Wirkung von "Eden Lake" begründet liegt: der Film wirkt über weite Strecken ungemein realistisch. Die Figuren sind absolut glaubwürdig angelegt, fast niemand ist eindimensional inszeniert, gerade die Aggressoren kann man sich eigentlich eins zu eins so auch im realen Leben vorstellen - zumindest, wenn man einmal eine Nacht auf einem Campingplatz in Brandenburg verbracht hat...

Aber auch Narration und Kamera bleiben über weite Strecken unheimlich nahe dran an dem schmutzigen, nahezu schon alltäglichen Setting, all seinem Dreck und seiner Ausweglosigkeit - das deprimiert, das kann einen runterziehen und das macht den Film auf eine bestimmte Art ganz schön hart. Obwohl sich das tatsächlich gezeigte Blutvergießen in argen Grenzen hält. Nur: man kann sich eben in jeder Sekunde vorstellen, dass das Geschehen tatsächlich so vonstatten gehen könnte. Und das ist nicht gerade lustig.

So, aber natürlich gibt es gewisse Einschränkungen. Und die liegen im Reich der "Was sind die dämlich"-Momente: davon gibt es mindestens eine Handvoll. Situationen, in denen sich die Protagonisten schlicht grenzenlos widersinnig verhalten. So, als würden sie alles geben, nur um noch tiefer in der Scheiße zu landen. Das führt natürlich zu Punktabzug, wie auch der Versuch des Films, in seinem letzten Drittel auf einmal richtig "filmisch" zu werden. Was sich vor allem im Score niederschlägt, der auf einmal mit pathetischen Streichern um Dramatik buhlt, die das Gezeigte auch in sich schon ausreichend hätte.

Solche Elemente führten bei mir immer wieder zu einer gewissen Distanziertheit, was die Gesamtwirkung von "Eden Lake" dann doch schmälerte. Ansonsten habe ich aber nichts auszusetzen, ich mag es eben gerne düster, gemein und hoffnungslos. Darum hab ich mich auch nie gelangweilt - es muss nicht in jeder Minute Action ohne Ende geben, wenn das Gesamtbild stimmt und mich erdrückt.

Deshalb: 7,5 Punkte, Verneigung vor der "Ernsthaftigkeit" des Horrors von "Eden Lake" und das gute Gefühl, das Schlechte im Menschen gesehen zu haben.

war im Metropolis 6, Frankfurt

105 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Eden Lake
  • Score [BETA]: 72
  • f3a.net: 7.2/10 105
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 18:06

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