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Review The Endless

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Der abgefahrenste Film des Jahres 2018
von D.S.

Sektenthriller, SciFi-Horror, Mystery, Familiendrama: THE ENDLESS ist viele Filme in einem. Eins ist er aber ganz sicher nicht: das Übliche. Und das wäre von diesen Regisseuren auch nicht zu erwarten gewesen.

Justin Benson und Adam Moorhead gehören, wie etwa auch Adam Wingard und Simon Barrett, zu dem kleinen Kreis junger Filmemacher, die das Genre in den letzten Jahren um wirklich originäre Visionen bereichert und dabei seine Grenzen markant erweitert haben – so weit, dass aus stringentem Unterhaltungskino immer öfter ein Experimentierfeld subversiver Erzählstrategien wird, in dem die Metaebene einer Geschichte durchaus eine größere Rolle spielen kann als die gezeigte Handlung.

Das gilt exemplarisch schon für ihren ersten gemeinsamen Langfilm von 2012, RESOLUTION: Ein Low-Fi-CABIN IN THE WOODS mit deutlich mehr Gehalt; ein Film über Filme und unsere Erwartungshaltung an sie, der allem Intellektualismus zum Trotz zu einem finsteren Monster von Horrorfilm mutiert. Einem größeren Publikum bekannt wurde das Duo aber 2014 mit seinem Beitrag zu V/H/S: VIRAL sowie vor allem mit SPRING, einer unwahrscheinlichen Synthese aus Body-Horror und Liebesfilm. Kein Geringerer als Guillermo del Toro hat sich als Fan des Films geoutet – auf die große Karriere mussten Benson und Moorhead zunächst dennoch weiter warten.

Es blieb zu hoffen, dass sich das mit ihrem dritten DIY-Film, THE ENDLESS, ändern würde – aber es dauerte noch eine ganze Weile länger, bis sie schließlich gar ins Marvel-Universum vordringen konnten. Kein Wunder, denn so faszinierend seine Story und Bildsprache auch sind: er ist erneut sperrig, schwer zu entschlüsseln, so ungewöhnlich, dass er kaum für die breite Masse geeignet scheint.

Seine Handlung dreht sich vordergründig um die von den Regisseuren selbst gespielten Brüder Justin und Aaron, die vor zehn Jahren aus einer Sekte in der kalifornischen Wüste geflohen sind, in der sie großgeworden waren. Justin nennt sie einen „UFO Death Cult“, spricht von Gehirnwäsche und einem bevorstehenden Massenselbstmord. Der jüngere Aaron hat jedoch nur positive Erinnerungen: nette Menschen, fröhliche Stimmung, gutes Essen, ganz anders als in ihrem heutigen Leben. Als er eines Tages ein Päckchen mit einem Video der Sekte erhält, drängt er seinen Bruder deshalb dazu, ihr nochmal einen Besuch abzustatten.

Im „Camp Arcadia“ angekommen, scheint Aarons Einschätzung die zutreffendere zu sein. Die Mitglieder des Kults sind fast beängstigend freundlich und „normal“ – und tatsächlich muss Justin zugeben, dass er sich einen Teil der Schauer-Storys nur ausgedacht hat. Aber welchen Eindrücken kann man wirklich trauen? Schon bald stellt sich heraus, dass hinter der unendlichen Glückseligkeit der Sekte ein unendlich bizarres Geheimnis steckt...

Während THE ENDLESS als zwischen Desillusion und Sarkasmus schwankendes Drama um den Verlust von Vertrauen in seine Bezugspersonen, sich selbst und die eigene Urteilsfähigkeit beginnt, geht der Film spätestens nach dem ersten Drittel einen gewaltigen Schritt weiter – und erschüttert das Vertrauen des Publikums in die Rahmenbedingungen der Erzählung selbst. Die Kontinuität von Zeit und Ort, Kausalität von Aktion und Reaktion? Alles eine Frage der Absichten des Erzählers...

Mehr soll nicht verraten werden, das wahnwitzige Universum von THE ENDLESS muss man selbst erkunden. Nur so viel: es ist eng verwoben mit dem von RESOLUTION, greift Handlungsstränge und Charaktere aus diesem auf und stellt sie in neue Zusammenhänge. Beide Filme erzählen jedoch eigenständige Geschichten und funktionieren auch für sich allein. Wer RESOLUTION kennt, kann aus dem Nachfolger aber noch deutlich mehr ziehen.

Der ist jedenfalls ebenso wenig zu kategorisieren und bleibt konstant völlig unvorhersehbar. Eine Kreuzung aus Lovecraft, THE SACRAMENT, 2010, COHERENCE und HEREDITARY – und noch viel seltsamer und einzigartiger, als man sich eine solche Kreuzung vorstellen kann. Poetisch, verunsichernd, erschütternd. Er zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Und man ist dankbar dafür.

33 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Endless
  • Score [BETA]: 68
  • f3a.net: 6.7/10 33
  • IMDb: 6.9/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-29 02:18

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