s Ex Drummer (2007) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Ex Drummer

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Reviewer

Herr_Kees * 10.0

Punkrock pur!

Dieser Film wird 2007 schwer zu toppen sein: EX-DRUMMER sieht aus, als hätte Paul Verhoeven in seiner Frühphase (TÜRKISCHE FRÜCHTE, SPETTERS) TRAINSPOTTING inszeniert! Roh, tabulos, dreckig, gemein und unmoralisch. Schon in den ersten Filmminuten klappt die Kinnlade immer weiter nach unten - den innovativen Inszenierungsstil des Einstiegs hält Koen Mortier zwar nicht über die gesamte Laufzeit aufrecht (was für den Zuschauer vermutlich auch zu anstrengend wäre), aber es vergeht kaum eine Szene, in der man nicht wenigstens einmal leise 'das darf doch nicht wahr sein' zu sich sagt. Und manchmal auch laut. Arschficken mit Riesenprügel? Hasch als Babynahrung? Eingekotete Zwangsjacke? Check. EX-DRUMMER macht vor nichts halt und inszeniert Realität so übertrieben und künstlerisch verdichtet, dass man nicht mehr weiß, ob man lachen oder weinen soll. EX-DRUMMER ist ein deprimierendes Aufputschmittel, ein zärtlicher Reality-Splatter, ein zum Brüllen komisches Drama und sehr sehr unterhaltsam.

Fazit: EX-DRUMMER ist der Hammer.

war im Metropol 2, Stuttgart

Philmtank * 7.5

Mongoloid

Mit dem im Programmheft bereits zum Vergleich herangezogenen "Mann beißt Hund" hat er das Entstehungsland und den Humor gemeinsam, ohne dabei ganz dessen Qualität zu erreichen. Zum Pflichtfilm und zu einer Topbewertung reicht es dennoch, weil das Geschmacklosigkeiten-Feuerwerk, das hier abgefackelt wird, seinesgleichen sucht. Politisch inkorrekt und in jeder Hinsicht grenzüberschreitend und doch voller Wahrheiten. Dazu noch ein Hammersoundtrack. Das ist Punk pur!!!

goutierte im City, München

D.S. * 8.0

My Way or the Highway

Was für ein abgefahrener Genrebastard! Mit Sicherheit einer der durchgeknalltesten Festivalbeiträge 2007, aber noch viel mehr als "nur" das: überraschend ohne Ende, mitreißend, bewegend, kreativ, bösartig, zum Schreien komisch, tragisch... und all das in einem Mix der Marke "no holds barred".

Nach der Beschreibung im Programmheft und den Stimmen hier bei f3a hatte ich ja schon einiges erwartet. Aber ehrlich gesagt, etwas leicht anderes - nämlich einen Film, der fast ausschließlich auf Ekel-Momente fokussiert, krankhafte Typen, ihre Perversionen und andere Widerlichkeiten präsentiert und vor allen Dingen unglaublich trashig ist. Anfangs hatte ich sogar überlegt, den Film auszulassen, da ich dachte, er könnte vielleicht zu anstrengend oder sogar nervig sein. Weit gefehlt... und wie weit!

Nicht falsch verstehen, "Ex Drummer" bietet all das AUCH, und sämtliche Protagonisten sind tatsächlich absolute Sickos. Aber je länger der Film läuft, desto mehr entfalten sie sich und mit ihnen die Story... hier steckt sehr viel mehr dahinter, als man nach der wahnwitzigen, temporeichen, gnadenlos krank lustigen ersten halben Stunde erwarten könnte. Perspektiven ändern sich, genau wie die Eindrücke, die man als Zuschauer von der seltsamen Kombo "The Feminists" und ihren Mitgliedern gewinnt. Und es warten böse Überraschungen auf den zunächst auf überdrehten Fun geeichten Betrachter...

Schon die Ausgangsidee der Erzählung ist ziemlich einzigartig: drei vollkommene Loser mit sehr unterschiedlichen, naja, Handicaps (der Bassist hat einen steifen rechten Arm, der Gitarrist ist so gut wie taub, der Sänger ist von manischem Frauenhaß und Gewaltgeilheit getrieben; dazu kommen sie alle aus absolut kaputten sozialen Zusammenhängen) kommen aus irgendeinem Grund auf die Idee, ernsthaft eine Band betreiben zu wollen. Noch viel absurder scheint ihr Gedanke, als Drummer einen populären, ortsansässigen Schriftsteller anzuheuern. Der ist ein elitärer, zynischer Yuppie-Typ und hat mit ihnen, ihren Ideen und ihrer Lebensart natürlich gar nichts am Hut, läßt sich dann aber doch auf die Sache ein. Weil er das ganze wohl irgendwie interessant findet.

Was dann folgt, sind teils unglaubliche Einblicke in das Privatleben aller Beteiligten, Bandproben, Gewaltausbrüche, Bizarrheiten über Bizarrheiten... und dann eben noch viel mehr, was hier aber nicht verraten werden soll. Einen Film wie diesen muß man ohnehin selbst erleben, denn Worte können diesem wahnsinnig originellen Machwerk nicht so recht Genüge tun.

Nur so viel - das Ganze wandelt sich zu einer enorm facettenreichen Mischung aus Groteske, Musikfilm und Drama, wobei man bei einigen Szenen aus dem Lachen nicht mehr herauskommt, bei anderen vor Ungläubigkeit nur noch den Kopf schüttelt und bei wieder anderen schlicht fassungslos den Mund offen läßt. Und wie gesagt - es geht hier nicht nur um Ekelszenarios, sondern um VIEL mehr.

Nebenbei sei noch erwähnt, daß nicht nur "The Feminists" ihre Instrumente weitaus besser beherrschen als befürchtet. Der Soundtrack des gesamten Films rockt ohne Ende, von klassischem Punk über Hardcore bis hin zu Doom Metal und fett groovendem Rock wird hier alles geboten, was lebendig, schmutzig und laut ist.

Leider hat der Film ungefähr in der Mitte ein paar Durchhänger. Der technische Innovationsgrad der ersten halben Stunde wird sowieso später nicht gehalten - macht aber nicht unbedingt was, denn auch der Fokus des Films ändert sich ja. Aber zwischenzeitlich scheint "Ex Drummer" ein bißchen herumzuirren inmitten seiner Optionen. Zum Glück beschreitet er dann wieder entschlossen seinen Weg und hinterläßt einen mit dem Gefühl, etwas Intensives, Schmerzhaftes, Wahres, fast Einzigartiges erlebt zu haben. Beeindruckend und Pflicht für jeden, der auch abseits gängiger Sehgewohnheiten sein Heil findet - und keine Angst vor etwas Schmutz hat. 8 Punkte.

war im Metropolis 8, Frankfurt

lexx * 8.0

Dreck, Punk und Wahnsinn

Mächtig krankes Teil, das bei mir besonders damit punktet, daß nichts gestellt wirkt, alles hat seinen dokumentarischen Touch und damit eine durchschlagende Wirkung. Gerade die Schauspieler kann ich mir im wahren Leben nicht anders vorstellen. Wenn das eigentlich ganz normale Menschen aus der Mittelschicht sind, ist das eine Wahnsinnsleistung! Zwischenzeitlich lahmte der Film zwar etwas und der Sinn des Ganzen versteckte sich mir ein wenig, aber das wird am Ende wieder mehr als gerade gebogen.
Ich weiss nicht, ob ich Ex Drummer als absolutes Highlight ansehen soll, denn solche Art Filme sind eigentlich nicht mein Ding, daß er mir aber trotzdem gefallen hat und weit nach Mitternacht deutlich wacher gehalten hat als Fido kurz vorher, spricht denke ich Bände. Wer auf solche Fime steht, kann ruhig noch 1-2 Punkte dazu rechnen.

guckte im Metropolis 6, Frankfurt

Eraserhead * 10.0

Punk is not dead

Ein Brüller von Film: Krank, innovativ, provokativ und absolut von Freaks für Freaks. Da ich offensichtlich auch krank bin, ich musste oft lachen, obwohl neben mir betretenes Schweigen herrschte, ein Film, den ich unbedingt auch meinen degenerierten Freunden präsentieren muss. Politisch herrlich unkorrekt, hart und pervers. Ich hatte meinen Spaß. Der Soundtrack mit Mogwai etc. auch absolut göttlich. Das Buch werd ich mir wohl auch mal durchlesen, vielleicht ergibt das mehr Sinn. Unbedingt anschauen, SPINAL TAP wirkt dagegen wie der Disney-Club.

war im Metropolis 8, Frankfurt

Timo

Menschliche Abgründe

Das bisher krasseste Kinoerlebnis auf dem diesjährigen FFF geht definitiv an EX DRUMMER. Selten so ein dreckiges, menschenverachtendes, depressives Stück Zelluloid gesehen. Ich möchte den Film hassen. Für seine trocken-zynische Art, für die widerlichen Szenen die das schmerzhafte Niveau von IRREVERSIBEL und MENSCHENFEIND erreichen, aber auch für die bodenlose Arroganz, diese Suppe aus Gewaltexzessen und asozialen Parolen oft einfach ohne Kontext stehen zu lassen. Aber ich komme nicht drum herum, ihn zu bewundern und sogar aufrichtig traurig zu finden. Vielleicht auch deshalb der Ausnahmefilm des Festivals.

Überhaupt wirkt das Alles oft wie eine explosive Mischung aus Gaspar Noé, Gregg Araki und Anders Thomas Jensen. Die Mischung aus vorzüglichem Zynismus und trostlosen Aufnahmen ist oftmals ein herber Schlag in die Magengrube. Wenn irgendwas noch mehr erschreckt, sind das nur die schrägen Charaktere, die am Existenzminimum leben (bzw. eher hausen). Dieser krasse Blick von Oben herab auf jene Menschen, genau wie der Hauptdarsteller diese Seinsphase durchlebt, bringt die eigentlichen Anliegen des Films natürlich äußerst gelungen ans Tageslicht: Hinter all dem Punkrock, dem Nebel, dem Blut und den rauen Sprüchen versteckt sich ein 1A Milieudrama, mit dem man so gar nicht gerechnet hätte.

EX DRUMMER lebt von seinen Verschiebungen innerhalb der Erzählung. Es sind die wechselnden Perspektiven, die den Film schließlich auch so besonders machen. Sitzen wir am Anfang noch vor einem dicken Schaufenster und blicken voller Staunen und Unbehagen auf diese überdrehte Welt der Sickos, verschieben sich die Parameter später. Wir sind mittendrin. Mittendrin im Alltag dieser verkorksten Existenzen und sehen dabei zu, wie jeder von ihnen für sich selbst immer wieder die Hürden des Alltags meistert. Dass dies meist noch erschreckender ist, als dass anfängliche Schreckensszenario im Stil eines Zoobesuchs, hätten die meisten Zuschauer wohl nicht gedacht.

Das Ende ist extrem, es ist laut und es ist böse. Wäre man so zynisch wie der Film, könnte man es als passendes Sahnehäubchen beschreiben, in dem die ganze vorherige Exposition explodiert und jeder bekommt was er verdient. Oder doch nicht? Wieder eine Frage der persönlichen Einstellung. Auch deshalb halte ich EX DRUMMER trotz einigen groben Schwierigkeiten, die ich mit dem Film zweifelsohne hatte, für ein kleines Juwel. Denn trotz dem Grotesken, der ganzen Abartigkeit, fühlen wir am Ende mit. Genau an der Stelle hat uns EX DRUMMER schließlich dort gepackt, wo wir es nie für möglich gehalten hätten.

(Keine Bewertung, fällt mir bei diesem Film wirklich schwer mich fest zu legen)

Trotzdem auf seine eigene Art ein Highlight.

war im Metropolis 8, Frankfurt

FFFler * 8.5

Ein Mindfuck erster Klasse!

Was für ein Brett von einem Film! Man muss ihn, glaub ich, gesehen haben um ihn gebührend zu beschreiben. Er ist durchgeknallt, einzigartig inszeniert, wild, großartig geschrieben und mit einem derart derben Humor ausgestattet, dass man den Film eigentlich nur lieben oder hassen kann. Ich gehöre definitiv zur ersteren Sorte und kann nur jedem empfehlen sich diese extrem schräge schwarze Komödie anzusehen, denn einen Film dieser Art bekommt man nicht alle Tage zu sehen. Aufwertung ist bei zweiter Sichtung sogar mehr als nur wahrscheinlich.

war im Metropolis 8, Frankfurt

GeorgeKaplan * 9.0

Feministen, Monsterschwänze und der König von Belgien

"Ich schreibe eine Studie über die kollektive Trauer um den Tod von König Baudouin."

Ich hatte ja mit allem Möglichen bei diesem Film gerechnet, daher hatte mich die erste halbe Stunde mit der absurd komischen Grundkonstellation, den unmöglichen Kameraeinstellungen, der extrem harten Musik (zumindest für jemanden, der mit Punk sonst überhaupt nichts am Hut hat), den unkontrollierten Gewaltausbrüchen, den Beschimpfungen jenseits des Beschreibbaren und der knüppelharten Darstellung des Lebens ganz unten, zwar wie erwartet alles andere als kalt gelassen aber auch nicht völlig unerwartet getroffen.

Nur mit einem solchen Satz und vor allem dem darauf folgenden Monolog war ich nicht gefasst. Baff, da ging die Kinnlade dann doch runter. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte mich der Film genau dort, wo er mich haben wollte.

Der Film ist - so selbstzerstörerisch die Protagonisten auch sind - Leben pur. Exzessiv, brutal, alle Grenzen ignorierend. Oder, wie es ein Bandmitglied zum Abschied sagt: "Fall Du erst mal tot um!".

goutierte im Cinedom 6, Köln

Beatschuppen * 10.0

Best of the Fest!

Dazu gibts eigentlich nichts mehr zu sagen: Der vermutlich beste FFF-Beitrag 2007, und noch dazu einer, der laaaaange im Gedächtnis bleibt. "Ex-Drummer" ist unmöglich nachzuerzählen, man muss schon erlebt haben, wie sich Ivan, Dries, Koen und die anderen Protagonisten durch den Film prügeln, rotzen und schreien. Das mag jetzt primitiv klingen, ist es aber auf der Leinwand absolut nicht - im Gegenteil. Der Film hat unheimlich kluge Momente, poetische Momente, schöne Momente (der fahrende Sarg z.B., die Todesmonologe oder Dries’ Unterredung mit der Mutter des Gitarristen, die ganz genau erkennt, wie der verrottete Autor eigentlich drauf ist) - und dann ist er einfach wieder nur laut und wild, purer Punk und reinste Rebellion! Wie formuliert es eine der Bands in ihrem Wettbewerbsbeitrag beim Rockkonzert in Leffinge nochmal: "Hello from the Underground!"

Genau. Der Underground schlägt zurück und zeigt dem etablierten Mainstream, wie im Jahre 2007 ein wirklich kritischer Film auszusehen hat - so wie "Ex-Drummer" nämlich und nicht anders.

war im Metropolis 6, Frankfurt

EvilEd84 * 9.5

Ex Drummer "Vier behinderte Kerle aus Ostende - The Feminists"

"Wo ist dein Vater?" - "Der hat wieder in die Hose geschissen" - [pause] - "Die alte Drecksau"

Story:
Jan, Koen und Ivan, drei geistig fast-Behinderte mit Handicap. Jan, dessen linker Arm seit er von der Mutter beim Wichsen erwischt wurde steif ist, lebt in einem kleinen verkommenen Zimmer zusammen im Haus mit seiner Mutter, die seit dem Ertappen Jans durch einen Anfall plötzlichen Haarausfalls eine schmucke Perücke trägt, und seinem Vater, der in einer Zwangsjacke ans Bett gefesselt in seinem Zimmer vor sich hinvegetiert. Koen, politikloser Skinhead, dessen mal latent mal platt durchblitzende faschistische Art mehr auf Dummheit als auf tiefer Überzeugung basiert, verspürt im Gegensatz zu seinem homosexuellen Bandkollegen Jan, nur Befriedigung beim Misshandeln von Frauen. Einzig die fettleibige und ebenso glatzköpfige Mutter Jans zieht ihn immer wieder an - sein Lispeln kommt ihm als Sänger der Band ebenso ungeschickt wie der steife Arm des Bassisten Jan. Dritter der Runde ist der halbtaube Ivan als Gitarrist und zweiter Sänger. Ivan lebt zusammen mit seiner Frau, die gerne von ihrer stinkigen Fotze erzählt und dem Gärtner dessen Schwanz nach Taubenkacke stank, in einem zugemüllten Abstellraum in dem zu allem Übel ihr Kind im Dreck mit vollgeschissenen Windeln spielt.
Die Katastrophe nimmt ihren Lauf als diese drei Individuen eines Tages beim erfolgreichen Autoren Dries vor der Türe stehen und ihn darum bitten die Band als Drummer zu vervollständigen. Da Dries kein Handicap, noch nicht einmal ein Muttermal vorzuweisen hat, wird seine Unfähigkeit die Drums zu beackern eben als Behinderung eingestuft. Fasziniert vom vor ihm stehenden untersten Prekariat der Gesellschaft und der Neugier hineinzusehen und bei Not ebenso schnell wieder verschwinden zu können willigt er ein und tauft die Band kurzerhand "The Feminists". Es geht um einen Auftritt der ihr Leben verändern soll. Das erste Rockfestival von Ostende und dafür gibt die skurille Ansammlung von Freaks und Losern, die sich gerne als "Vier behinderte Kerle aus Ostende - The Feminists" ankündigen lassen, alles. Ihre Hoffnung liegt auf ihrem Cover Smash Hit "Mongoloid"...

Meinung:
Das soll es erst einmal gewesen sein mit dem Plot, der mit dem Festival, das in seiner animalischen Art kaum noch zu überbieten ist, noch lange nicht seinen Höhepunkt gefunden hat, sondern sich in einer ebenso tiefsinnigen wie auch liebenswerten und doch verabscheuenden Finalszene entlädt.
Wie auf kaum einen anderen Film habe ich mich gefreut und bin dennoch in meinem Erwartungen nochmals überboten worden. Ich versuche es mal etwas strukturiert wiederzugeben.
Die Optik: phänomenale Bilder, die in leicht sepiafarben Tönen gehalten wurden, was dem ganzen Dreck eine seltsam warme Betonung verleiht die Optik aber wunderbar stützt. Bilder, wie das auf dem superschönen Plakat gezeigte, sind keine gestellten Szenen, sondern kommen auch so im Film vor. Wenn Koens Welt auf dem Kopf steht, dann tut sie das sprichwörtlich auch im Film, in dem er nicht nur in einer Szene an der Decke entlangläuft. Auf eine skurille, da sehr natürlich inszenierte Weise, werden diese Szenen durchaus auch mit einem Besuch der Bandkollegen, die auf dem Boden der Tatsachen stehen, kombiniert, was zu schwindelerregenden Einstellungen führt. Ebenso phänomenal ist der komplette Beginn des Filmes geraten, der im Trailer zu Anfang erkennbar ist und in dem der Film sehr lange Zeit rückwärts abgespielt wird - eine wahre Augenweide, was Koen Mortier uns hier in seinem Debut präsentiert.
Der Sound ist natürlich extreme Geschmacksache. Doch wer wie ich auf dreckigsten Trash-Rock direkt aus der Garage steht, verzerrte Instrumente und einen Gesang, den man nicht mehr als Gesang bezeichnen kann sondern, als einen einzigen verzerrten und beinahe fern von dieser Welt klingenden Krach, der wird diesen Sound lieben. Im Vergleich zu The Feminists dürfte sogar noch Guitar Wolf auf einen Award für saubere Mischung und klaren Sound hoffen. Der Mongoloid Song, den The Feminists an mehreren Stellen im Film performen und der auch im Trailer zu hören ist, beschreibt das Feeling des Filmes sehr gut, wenngleich er auch einen etwas aggressiveren Film erwarten lassen würde.
Denn das ist er nicht nur: der Film ist eigentlich ähnlich Trainspotting ein Film, der nicht permanent anekeln will, gleichwohl die gezeigten Dinge nichts anderes beim Zuschauer erreichen. Doch er will auch nicht (nur) kritisieren, denn er vermittelt wie Danny Boyles frühes Werk ein Gefühl für diesen Teil der Gesellschaft. Sie haben Ziele, Hoffnungen, ja sogar Träume und wenn der Schluß aus dem im Vergleich zum bis dahin gezeigten, sehr gegensätzlich wirkenden positiven und belustigenden Gesamtbild des Filmes herausbricht und die Menschen hinter der dreckigen Fassade zeigt, dann kann das sehr verstörend wirken. Wenn die bisher als besonders zum Belustigen geeignete Mutter Jans von ihrer Kindheit voller Kinderarbeit erzählt, oder Koen, der vorzugsweise Frauen auf Grund ihrer Art einzuparken, telefonieren oder zu rauchen mit Backsteinen die Visage zertrümmern würde, davon erzählt, wie wichtig ihm die Affaire mit Jans Mutter war, er im Prinzip nur eine Schulter zum anlehnen brauchte, dann stimmt das sehr nachdenklich. Überhaupt ist man die gesamte Zeit am hadern, wie man das Bild nun aufnehmen will, das Koen Mortiers hier zeichnet, bzw. wie er es gerne darstellen will. Will er nun den Menschen hinter der fehlenden Bildung, hinter dem ganzen Dreck und hinter dem vulgären Slang zeigen, will er "nur" Menschlichkeit zeigen oder will er mehr? Will er doch kritisieren, nimmt er doch die Position Dries’ ein, der inmitten dieser Welt voll Drogen, Dreck und anstößigem Sex, wie ein Fremdkörper hinabsteigt um zu (wie es sehr schön auf der Homepage von Legend Films steht) kommentieren, manipulieren und intrigieren, bis er sich schließlich derart selbst überhöht und sich als engelsgleiche Erlöserfigur hochstilisiert um anschließlich in seinem cleanen Apartment Bilderbuchsex mit seiner schönen und sexuell völlig offenen Frau zu haben? Ich bin mir noch unschlüssig, letzten Endes ist es jedoch egal, was Koen erreichen will, denn was bei mir ankam sollte schlußendlich entscheidend sein. Doch genau darüber bin ich mir noch nicht ganz sicher. Es bleiben die Charaktere, die in ihrer einfachen Art durchaus sympathisch erscheinen, es bleiben aber auch Bilder des mit Kot spielenden Kindes im Kopf, nach dessen Tod Dries nur drakonisch zu sagen hat, dass solche Art von Menschen sich einfach nicht fortpflanzen sollten. Bei einem bin ich jedoch absolut sicher: Ex Drummer ist ganz großes Kino und zwar in jederlei Hinsicht: Sound, Optik, Inhalt und vor allem Darsteller (zu denen ich bisher nichts gesagt habe, sie aber nicht unerwähnt bleiben sollen, da sie durch die Bank hinweg ganz groß sind). Legend Films wäre blöd gewesen, diesen Film nicht in die Kino Kontrovers Reihe zu stecken, denn dass der Film bei Weitem mehr kann als nur zu unterhalten (denn das tut er ganz hervorragend - man kann sich den Film über konstant tot lachen, oder besser gesagt belustigen, über Dummheit, vulgären Humor, der so noch nie dagewesen ist, und die Charaktere in ihrer hilflosen Art) beweist er nicht nur im nachdenklich stimmenden Schluß.
Die Höchstnote kann ich (noch) nicht geben, da der Film in der Mitte einen (extrem) kurzen Hänger von wenigen Minuten hatte, der aber eigentlich nicht weiters störte.
Wer auf Vergleiche steht: am ehesten lässt sich der Film wohl als ein Trainspotting meets Pusher beschreiben, denn sowohl die Darstellung der Charaktere als auch die positive Darstellung des Verfalls hat er von Danny Boyles Werk, wobei Pusher durch Darstellung des ganzen vergleichbar ist. Auch bei Pusher folgt die Kamera mit einem stark charakterorientierten Plot stark dargestellten Figuren aus der Unterschicht.

9/10 Punkten
mit Potential nach oben

kinokoller * 10.0

Einmal Voll-Assi und zurück

Die Neugier lockte, und es hat sich gelohnt. So unberechenbar, kaputt und krass-aua wie seine Protagonisten kommt auch der Film daher. EX DRUMMER ist verdammt dreckig, voyeuristisch, abartig, radikal, zerstörerisch und gerade deshalb einer dieser seltenen & seltsamen Filme, die noch ’ne ganze Weile nachhallen bevor man überhaupt etwas Gescheites darüber sagen kann.

Die Story scheint erst mal banal, hat es aber in sich: ein gelangweilter Schriftsteller wird von drei 'Gehandicapten' gebeten, den Drummer in ihrer Punk-Band zu mimen. Daraufhin steigt dieser gottgleich aus seiner steril-luxuriösen Hochhauswohnung zum Proleten-Pack hinab (das Prädikat 'White Trash' wäre noch untertrieben, 'White Shit' passt eher) und manipuliert es zu seinem Vergnügen nach Strich und Faden.

Technisch ist das Ganze wahrhaft meisterlich in Szene gesetzt, vor allen Dingen was Musik und Vertonung angeht. Set und Requisite sind ebenfalls erste Sahne. Das finale Hardcore Konzert rockt den Zuschauer dann ziemlich derbe in Grund und Boden (Ohropax mitnehmen, da geht der Punk ab) und als die pogende Masse geschlossen auf den versifften Asphalt knallt, glaubt man seinen Augen kaum (die Szene brennt sich tief in die Hirnwindungen).

Der Film hält etliche solcher aussergewöhnlicher Momente sowie eine gewaltige Lawine von Sex, Blood & Violence parat, so daß er für das Mainstream-Publikum wohl eher unverdaulich sein sein dürfte. Wermutstropfen ist der Darsteller des 'Dries', der zwar tatsächlich relativ unbeteiligt und arrogant, aber an Körpersprache nicht überzeugend dominant rüber kommt.

EX DRUMMER ist eines der aussergewöhnlichsten Stücke Kino des Jahres 2007 und bekommt daher die volle Punktzahl. Krasser Film, krasse Wirkung. Nach Möglichkeit in OmU gucken. Die doitsche Fassung ist im Vergleich deutlich schwächer und wurde in weiteren Vorstellungen (u.a. im UCI) nur von der DVD projiziert ... was Optik und Ton verdirbt.

guckte im Cinedom 9, Köln

55 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Ex Drummer
  • Score [BETA]: 78
  • f3a.net: 7.8/10 55
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-20 09:18

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