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Review Exte

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Angriff der Killerhaare
von D.S.

Hmm, was genau war das denn jetzt? Gruselfilm trifft Groteske trifft albernes Rumgehampel samt Schockeffekten und definitivem Hang zum Trash? Für letzteren sorgt schon mal die, gelinde gesagt, bizarre Ausgangsidee: ein verrückter Leichenbeschauer und Freelance-Hairstylist stiehlt eine mysteriöse Leiche, die nicht nur Haare auf den Zähnen hat... nein, ihr wachsen einfach überall unermessliche Mengen an Haaren, und die hören mit dem Wachsen auch gar nicht mehr auf. Er spürt sofort, daß diese Haare bösartig veranlagt sind und verkauft sie darum in Massen als "Hair Extensions" (so auch der Alternativtitel) an Friseursalons - denn er will alle "Schlampen mit hässlichen Haaren" auf dieser Welt "bestrafen". Diese Extensions entwickeln dann auch ein lustiges Eigenleben, treiben ihre Trägerinnen in den Wahnsinn und schließlich auch in einen grausamen Tod.

Soviel zum einen Erzählstrang der Geschichte. Der zweite ist eine sehr ausführliche Beobachtung der jungen Friseur-Azubine Yuki (oder war das Yuko? Die beiden wohnen jedenfalls zusammen), ihres Fahrradweges zur Friseursalon, ihrer Arbeit dort und ihres Verhältnisses zur bösen Halbschwester, die ihre kleine Tochter Mami nicht nur mißhandelt, sondern sie eines Abends auch noch einfach so bei Yuki und Yuko abstellt und wieder ins Nachtleben verschwindet. Natürlich werden die beiden Handlungsstränge irgendwann miteinander verbunden, was nicht nur deshalb klar ist, da Mami und Yuki (Yuko?) wunderschöne lange Haare haben... aber bis dahin vergeht einige Zeit. Die leider nicht nur von Szenen mit fröhlich mordenden Haarsträhnen gefüllt wird, sondern auch von ganz viel "Mr. Leichenbeschauer goes Bananas". Er singt ein gar lustiges Haar-Lied, wälzt sich gackernd in den Haarmassen in seiner Wohnung und läuft häufiger mal samt Langhaarperücke in einem Outfit rum, das ihn wirken läßt wie eine Kreuzung aus den Village People on Acid und Peter Lustig aus "Löwenzahn".

Diese Szenen - und auch sonst noch so einige, immer wieder im Film - erreichen ein so penetrantes Albernheitsniveau, wie ich es bislang eigentlich nur aus 80er Jahre-(Grusel-)Komödien aus Hong Kong kannte. Es muß nicht extra betont werden, daß jeder Ansatz von anhaltendem Horrorgefühl so schon im Keim erstickt wird. Dabei haben die entsprechenden Szenen, die übrigens eben ganz und gar ernsthaft inszeniert sind, durchaus einiges an Atmosphäre und auch Effekten zu bieten. Im Gesamtbild kommen sie aber deutlich zu kurz. Auch der "Familien"-Erzählstrang ist für einen Gruselfilm arg überdimensioniert, nervt aber wenigstens nur selten. Zudem werden einem hier endlich mal die Charaktere ein wenig detaillierter nahe gebracht, weshalb sie und ihr Schicksal einen auch prompt ein ganzes Stück mehr interessieren, als das sonst in Genrefilmen so üblich ist.

Die Story also teils bizarr bis zum Geht-nicht-mehr, teils sehr zurückhaltend erzählt und mit Sozialdrama-Anklängen versehen, zwischen diesen beiden Polen wild changierend und auch noch ein ermittelndes Polizisten-Duo einbauend; manchmal hektisch, manchmal langatmig, manchmal einfach nur blöde... was soll man aus diesem Film machen und wer soll ihn sich eigentlich ansehen?

Sicher nicht diejenigen, die andere Werke von Sion Sono kennen und ihn vor allem für seine verstörenden Perspektivwechsel schätzen. "Suicide Circle", "Strange Circus" und insbesondere "Noriko’s Dinner Table" haben mich allesamt fasziniert, waren unberechenbar und haben die Welt in ein fremdes Universum aus Wahn und Schmerz verzerrt. Ok, unberechenbar ist "Exte" auch, in gewisser Hinsicht betreten wir auch hier ein fremdes Universum. Aber hier fehlt trotz Horrorthematik jeder ernsthafte Tenor, hier ist für eine Groteske aber immer noch viel zu viel typischer Japan-Grusel-Auftritt drin, hier wirkt ein Film wie zwei unentschlossene. Man kann sich weder richtig gruseln noch richtig lachen noch ein echtes Kaleidoskop an Bizarrheiten genießen. Alles nur halbgar und schlecht miteinander vermischt. Nur 5,5 Punkte. Und viele Fragezeichen.

war im Metropolis 6, Frankfurt

29 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Exte
  • Score [BETA]: 59
  • f3a.net: 5.9/10 29
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 21:42

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