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Review Fanny Lye Deliver’d

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Die blauen Augen des Charles Dance
von splattercheffe

Manchmal spürt man den Spalter schon an der Beschreibung im FFF-Programmheft. Mittelalter, Puritanismus, auf 35mm gedreht, 10 Jahre Produktionszeit, zukünftiger Kultfilm waren da so die Appetizer...
Was man dann allerdings bekommt, hat meine Erwartungen über die Maßen übertroffen - wobei ich verstehen kann, dass manche glauben, einen völlig anderen Film gesehen zu haben.
Für mich entfaltet sich hier ein Drama von (sorry für die Phrase) geradezu alttestamentarischer Wucht, das weit über Home-Invasion-Thriller oder ähnliches hinausgeht. Das klaustrophobische Setting - tatsächlich spielt sich fast die gesamte Handlung in Haus und Hof des puritanischen Patriarchen und seiner Ehefrau ab - wird dabei durch das Eindringen des jugendlichen Paares und die folgenden Auseinandersetzungen zuerst verbaler, dann zunehmend physischer Art konterkariert, hin zu einer Öffnung des Geistes, der Begierden, des kompletten Status Quo.
Dass man das dialoglastige Geschehen gebannt verfolgt, liegt an dem durchweg herausragenden Spiel der vier Protagonisten, auch wenn ich den Blick von Charles Dance nochmal hervorheben würde, der Akkuratesse und Genauigkeit, mit der das Jahr 1657 zum Leben erweckt wird, dem, ja, Morricone-artigen Score, und den zumindest für dafür Interessierte spannenden psychologisch-philosophisch-religiösen Fragen, die verhandelt werden. Und doch, so könnte man sagen, deutet sich das Hauptthema bereits früh an, denn die Voice-Over-Stimme kommt nicht von einem der Männer, sondern von einer der Frauen. Und obwohl die beiden Männer die Handlung voranzutreiben scheinen, wirken die beiden Frauen von Anfang an stärker, mächtiger...
Hier von einem feministischen Spin zu sprechen, ist in meinen Augen leicht, nein, stark untertrieben. Um einen starken Dialog der beiden Ladies zu paraphrasieren: KEIN Mann wird jemals diese Macht haben, egal wie sehr er das Wort führt, die Reden schwingt, die Befehle gibt, ob er misshandelt oder das Gegenteil - wenn sich die Frau zur Freiheit entschließt.

Pathos? Schon klar.
Aber bitte, ein Kultfilm in spe? Für mich ist FANNY LYE DELIVER'D jetzt schon ein Klassiker.

war im Cinema, München

30 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Fanny Lye Deliver’d
  • Score [BETA]: 74
  • f3a.net: 6.8/10 30
  • IMDb: 5.9/10
  • Rotten Tomatoes: 96%
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 16:12

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