s Gothic (1986) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Gothic

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Reviewer

Leimbacher-Mario * 8.5

Wenn sich selbst Nosferatu aus Angst versteckt

Wenn Vampire und Frankenstein werden geschaffen,
dann schonmal eine Lücke zwischen Realität und Wahnsinn kann klaffen.

Erst recht, wenn der noch immer radikale und unterschätzte Ken Russell sitzt an den Reglern,
das gibt dann automatisch starken Wellengang bei den Höllenseglern.

Wie ein Theaterstück gekreuzt mit einem Drogentrip und teuflischen Visionen,
ja, Werke von Russell kann man einfach nicht vergleichen, wiederholen oder klonen.

„Gothic“ ist ein Sammelsurium der skurrilsten, animalischsten Ängste, Triebe und Wünsche,
wenn das nicht angehende Meister wie Aster, Refn oder Lanthimos beeinflusst hat, dann mich bitte jemand lynche.

Ähnlich wie sein „The Devils“ zähle ich auch „Gothic“ zum fortgeschrittenen Pflichtprogramm,
eine legendäre Nacht der Schreiber und Treiber, die mich immer wieder zieht in ihren Bann.

Allein der fiese Umschnitt und Jumpscare vom Gemälde auf den kauzigen Nosferatu,
war als kleiner Stöppes wohl mit das stärkste Horrorsaatgut.

„Gothic“ ist extravagant, selbstbewusst und noch immer verkannt,
vor lauter Ideen und Grauen verläuft manch eine erste Begegnung im Sand.

Doch guckt man genauer hin, erkennt man genug bleibende, prägende Attribute,
da muss man bei Verfehlen seiner Wirkung gar nicht ziehen eine Schnute.

„Gothic“ ist eine harte Nuss zu knacken,
ein garstiges Gesamtpaket, das man muss erstmal lassen sacken.

Fazit: Ken Russell in polarisierender und aufreizender, fordernder und feuriger Höchstform. Zwischen Barock und Schock, zwischen Rausch und Graus, zwischen Klassik und Moderne, zwischen Legende und Schande, zwischen Literatur und Horror pur. „Gothic“ ist alptraumhaftes Profiprogramm, nichts für Anfänger oder schwache Nerven und trotz/gerade wegen seiner Ecken, Kanten und surrealen Auswüchse verstörend gut!

roother82 * 7.5

Es ist wohl eines der berühmtesten, literarischen Entstehungsgeschichten: Mary Godwin (später Mary Shelley) verbrachte einige Tage am Genfersee, zusammen mit ihrem Partner Percy Shelley und ihrem gemeinsamen Freund Lord Byron. Ständiger Regen zwang die Gruppe im Schloss zu bleiben. Ein Schreibwettbewerb führte dann letzten Endes zu ihrem Jahrhundertwerk „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“.

Diese Geschichte nahm sich Ken Russell zum Anlass, ein Destillat des klassischen Horrors zu entwickeln. Dabei macht er aus der fast schon romantisierten Geschichte, eine Erwachsenenversion voller Sex und Drogenmissbrauch. Statt sich im Schreiben von Gruselgeschichten zu ergehen, nimmt die Gruppe ins Russells Version ordentlich Laudanum und feiert groteske Orgien. Das Resultat sind Horror-Visionen im Opium-Rausch. Jahrzehnte später inszenierte Gaspar Noe in „Climax“ eine ähnliche Vision. So unterschiedlich beide Filme auch sein mögen, in beiden Fällen spitzt sich das Geschehen in fiebertraumartiger Konsequenz zu einer Eskalations-Spirale zu, welche den Puls in die Höhe treibt.

Russell nutzt diesen Rausch, um uns eine Auswahl an klassischen Horrormotiven zu präsentieren, welche die Grenzen zwischen Wahrheit und Wahn immer mehr verschwimmen lassen.
Dabei entstehen klaustrophobisch-beängstigende Bilder, welche in Kombination mit dem treibenden Score, eine Melange aus Ekel, Sex, Grusel und Schrecken entstehen lassen.

Wenn unsere Protagonistin im Opium-Wahn „Der Albtraum“ von Henry Fuseli an der Wand hängen sieht und daraus ein beklemmender Traum mit einem Ghoul wird, der auf ihrem lasziv verrenkten Körper sitzt, dann entsteht beim Zuschauer dieser eben erwähnte Mix aus Grauen, Ekel und Erotik.

Gabriel Byrne, Natascha Richardson und Julian Sands machen ihre Sache sehr überzeugend und lassen durch ihre Darstellung, der Inszenierung von Russell und dem Score von Thomas Dolby „Gothic“ zu einem rundum gelungenen Horror-Erlebnis werden.

8 Bewertungen auf f3a.net

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Gothic
  • f3a.net: 5.9/10 8
© Fantasy FilmFest Archiv 2025-06-01 07:15

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