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Review Hansel & Gretel

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Wer mag der Herr wohl von diesem Häuschen sein
von Frank

Eun-Soo wacht nach einem Autounfall benommen auf. Ein kleines Mädchen führt ihn zu einem Haus mitten im Wald, wo sie mit ihren Eltern und Geschwistern ein scheinbar paradiesisches Leben führt. Er hofft von dort Hilfe holen zu können, doch es gibt kein Telefonnetz. Die Bewohner scheinen von der Außenwelt völlig isoliert zu leben. Sein Versuch am nächsten Tag zum Unfallort zurück zu kehren, führt ihn wieder zurück zum Haus.

Zu Beginn ist gar nicht eindeutig, wo Hansel and Gretel eigentlich einzuordnen ist. Doch schnell mehren sich die leicht grotesken, skurrilen und fantastischen Elemente und wir wissen: Wir befinden uns in einem Märchen; Einem sehr intelligenten Märchen für Erwachsene, dessen Inspirationsquelle Hänsel und Gretel der Brüder Grimm von 1812 ist.

Das etwas nicht stimmt merkt Eun-Soo, als die Eltern der Kinder verschwinden, und er plötzlich mit ihnen alleine ist. Und die haben ihn auch noch soo lieb, das sie ihn gar nicht wieder gehen lassen wollen. Langsam tastet er sich vor, die Wahrheit hinter all dem zu verstehen, doch als plötzlich zwei weitere Gäste ankommen und nicht wieder gehen, werden die Geschehnisse immer unberechenbarer und sind mit Alltagslogik nicht mehr zu erklären.

Und hier findet sich eine erste Analogie der Geschichte zu ganz einfachen Erkenntnissen, die mit der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen zusammenhängen.
Mit zunehmender Adoleszenz verschwindet in der Regel die Ausprägung der (kindlichen) Vorstellungskraft. Fantasie und Vorstellung werden durch Logik und Vernunft ersetzt oder von ihnen zurückgedrängt.
Das Universum von Hansel and Gretel mutet deshalb wie eine Parallelwelt an, weil das Wirken dieser Fähigkeiten (oder Eigenschaften) hier nahezu komplett unterdrückt ist.

Erwachsene in einer Welt, in der sie nicht mehr ihr Schöpfer sein können, sondern Opfer der Umstände sind, während die wahre Macht in der Imagination liegt, über die ANDERE verfügen. So wird die Atmosphäre trotz einem gemütlichem Zuhause und bunten Farben für Eun-Soo, wie für den Zuschauer immer befremdender.

Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit und Ohnmacht, finden ihre Entsprechung zum einen in der Ignoranz der Kinder gegenüber den Bedürfnissen der Erwachsenen! Im Prinzip ein stures Verhalten (Ja, woher kommt das?).
Zum anderen in der Tatsache, das es kein Entrinnen aus dem Wald gibt; Scheinbar oder offensichtlich?: Die Grenze ist vage und Hansel and Gretel lässt hier Interpretationsspielraum für den Zuschauer.

Kulisse, Score und Drehbuch arbeiten Hand in Hand und versinnbildlichen das Gefühl des Gefangenseins im Inneren wie außen, bis aus einer befremdenden Situation eine bedrohliche wird und die gruselige Seite die Oberhand gewinnt.

Glücklicherweise bedienen sich die Kreativen auch im weiteren Verlauf stilistisch und dramaturgisch der richtigen Mittel, auch dann, wenn der Geschichte schließlich neue Storyelemente hinzu gefügt werden und der Zuschauer mit (sensibel dosierten) Grausamkeiten konfrontiert wird, so das die Geschichte geschickt den Bogen zu ihrer Auflösung findet.

Doch droht ihr sorgfältig und feinfühlig inszenierter Aufbau beinahe an einem Dialog zu zerbrechen, der zwei Minuten zu lang geworden ist und sich in immer den gleichen verbalen Wiederholungen verfängt. (Ich empfand diese Übertreibung als typisch asiatisch.)
Der Zuschauer ist, was solche Dinge angeht, wie ein Seismograph. Seit 15 Minuten war es still im Kino und plötzlich hört man Stimmen: "Na nun is aber gut" usw. Hansel and Gretel kriegt hier gerade noch die Kurve.

Fotografisch ist diese Produktion bunt, glänzend, akkurat. Fraglos schöne Bilder, die jedoch zuweilen zu glatt wirken. Hansel and Gretel`s Surrealoptik war mir insgesamt zu zurückhaltend. Eine alternative Kameraoptik, wie sie zum Beispiel in "Vidocq" zu sehen war, hätte dem evtl. besser gestanden. Aber vielleicht irre ich mich und solche stilistischen Übertreibungen hätten das sensible Gefüge des Films gestört...

Hansel and Gretel ist ein sensibel inszeniertes Märchen, das dem Zuschauer zu Beginn etwas Geduld abverlangt. Ein ausdrucksstarkes Plädoyer für eine bewusste und friedvolle Kindheit und ein Werk über die Macht und den Wert der Imagination.

war im Cinemaxx 6, Hamburg

42 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Hansel & Gretel
  • Score [BETA]: 66
  • f3a.net: 6.1/10 42
  • IMDb: 7.0/10
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-25 08:57

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