Reviewer
roother82 * 8.0
Der Junge von Senator Rust ist an Leukämie erkrankt und feiert seinen vielleicht letzten Kindergeburtstag. Zur Unterhaltung der Kinder ist ein Clown eingeladen, der die Anwesenden mit seinen verblüffenden Tricks begeistert. Der Clown ist Gregory Wolfe, der eines Nachts vor dem Fenster des Jungen erscheint und in das Haus der Rusts eindringt. Zur Überraschung aller heilt Wolfe den Jungen und ist fortan fester Bestandteil der familiären Struktur. Doch Wolfe interessiert sich nicht nur für den Jungen, auch die Tatsache, dass Senator Rusts einziger Konkurrent vor einiger Zeit mysteriös uns Leben kam, scheint für Wolfe von großer Bedeutung zu sein…
Auf die Frage, wer er sei antwortet Wolfe gegen Ende „Ich bin Harlekin“. Und in dieser Funktion liegt auch der Schlüssel zum Film. Der Harlekin ist eine Figur aus dem italienischen Theater. Dort ist er ein meist humorvoller Trickser, der zwischen den Welten hin und herspringen kann. Er tritt somit sowohl als Protagonist in der Handlung auf, als auch als auktorialer Kommentator, der zu den Zuschauern spricht und von den Protagonisten nicht gesehen wird. Rudolf Münz spricht in „Theatralität und Theater. Zur Historiographie von Theatralitätsgefügen“ von dem „Harlekin-Prinzip". Da der Harlekin durch das wilde Hin- und Herwechseln der Ebenen nicht an die Realität der jeweiligen Zeit gebunden ist, trägt er die Geschicke der Welt in seinen Händen. Er kann die politische und gesellschaftliche Ordnung beeinflussen, die Personen, die darin handeln, steuern und sogar auf die Schöpfung Einfluss nehmen. Er ist ein universeller, unendlich machtvoller Charakter.
Diese Definition erklärt nun auch den Verlauf in Simon Wincers HARLEQUIN. Zu Beginn handelt Wolfe noch sehr zurückhaltend. Er analysiert die Machtstrukturen von Senator Rust und zeigt sexuelles Interesse an seiner Frau. Der Zuschauer kann über dessen Motive nur mutmaßen: ist es die Verführung der Ehefrau oder plant er eine Dekonstruktion der fragwürdigen Machenschaften von Rust? Dabei lässt Regisseur Wincer dem Zuschauer immer wieder die Möglichkeit das Fantastische, welches von Wolfe ausgeht, als Trick zu entlarven. Kann er zaubern oder ist er nur ein sehr begabter Trickser?
Mit zunehmender Laufzeit eskaliert die Situation jedoch zunehmend. Vergewaltigung, Mord und Quälereien treiben die Handlung in den Abgrund. Die zuerst diffuse Bedrohungslage wird zu einer realen. Das Finale lässt dann alle Grenzen zwischen Magie und Realität verschwimmen…
Eine packende, von Zweifeln durchzogene Inszenierung und ein grandios aufspielenden Robert Powell, machen HARLEQUIN zu einem lohnenswerten Erlebnis.
Auf die Frage, wer er sei antwortet Wolfe gegen Ende „Ich bin Harlekin“. Und in dieser Funktion liegt auch der Schlüssel zum Film. Der Harlekin ist eine Figur aus dem italienischen Theater. Dort ist er ein meist humorvoller Trickser, der zwischen den Welten hin und herspringen kann. Er tritt somit sowohl als Protagonist in der Handlung auf, als auch als auktorialer Kommentator, der zu den Zuschauern spricht und von den Protagonisten nicht gesehen wird. Rudolf Münz spricht in „Theatralität und Theater. Zur Historiographie von Theatralitätsgefügen“ von dem „Harlekin-Prinzip". Da der Harlekin durch das wilde Hin- und Herwechseln der Ebenen nicht an die Realität der jeweiligen Zeit gebunden ist, trägt er die Geschicke der Welt in seinen Händen. Er kann die politische und gesellschaftliche Ordnung beeinflussen, die Personen, die darin handeln, steuern und sogar auf die Schöpfung Einfluss nehmen. Er ist ein universeller, unendlich machtvoller Charakter.
Diese Definition erklärt nun auch den Verlauf in Simon Wincers HARLEQUIN. Zu Beginn handelt Wolfe noch sehr zurückhaltend. Er analysiert die Machtstrukturen von Senator Rust und zeigt sexuelles Interesse an seiner Frau. Der Zuschauer kann über dessen Motive nur mutmaßen: ist es die Verführung der Ehefrau oder plant er eine Dekonstruktion der fragwürdigen Machenschaften von Rust? Dabei lässt Regisseur Wincer dem Zuschauer immer wieder die Möglichkeit das Fantastische, welches von Wolfe ausgeht, als Trick zu entlarven. Kann er zaubern oder ist er nur ein sehr begabter Trickser?
Mit zunehmender Laufzeit eskaliert die Situation jedoch zunehmend. Vergewaltigung, Mord und Quälereien treiben die Handlung in den Abgrund. Die zuerst diffuse Bedrohungslage wird zu einer realen. Das Finale lässt dann alle Grenzen zwischen Magie und Realität verschwimmen…
Eine packende, von Zweifeln durchzogene Inszenierung und ein grandios aufspielenden Robert Powell, machen HARLEQUIN zu einem lohnenswerten Erlebnis.
Leimbacher-Mario * 7.5
Heiland, Quacksalber oder Lachnummer?
Bei dem Cover hatte ich lange Zeit an einen verkappten und versteckten Slasher aus den frühen 80ern gedacht, doch viel mehr handelt es sich bei „Harlequin“ um ein weirdes Mysterydrama zwischen den Bänken, sehr emotional und berauschend, langsam und betörend, persönlich und fantasievoll. Ein wirklich andersartiger und sehr australischer Genremix. Denn gerade aus Down Under kamen über die Jahrzehnte doch ein paar der atmosphärischsten Querschläger überhaupt… Über den leukämiekranken Sohn eines Senators, der seine letzte Geburtstagsfeier erlebt und kurz vor dem Tod steht - doch ein „Clown“ mit seltsamer Aura, voller Magie, Mitgefühl und mysteriösen Absichten heilt den Kleinen im letzten Moment per Handauflegen, was ihn sofort in die einflussreiche und politisch hochrangige Familie integriert und zum Gesprächsstoff unter den oberen Zehntausend macht. Doch er interessiert sich nicht nur eher für die attraktive Mutter und Frau der Sippe, sondern vor allem auffällig für die Vergangenheit des schmierigen Vaters des unschuldigen Kindes…
Harry Schockins
Horrorelemente eines De Palmas oder Cronenbergs. Dazu Politkritik und Paranoiathriller à la Coppola. Dazu dann durchaus auch mal die sentimentale Seite Richtung Spielberg. Und auch trashige, unfreiwillig-komische Momente. Von der Magie und den unsittlichen Spannungen überall ganz zu schweigen. „Harlequin“ bietet keinen einfachen Zugang. Ein bisschen verständlich, dass zeitgenössische Kritiker keine Connection aufbauen konnten und ihn größtenteils verrissen. Dennoch enttäuschend selbst von festen Größen wie Siskel und Ebert, die hier vollkommen lost wirken und auch inhaltlich fast als hätten sie den Film nicht zu Ende geguckt. Wer weiß… Aber „Harlequin“ verdient eine komplette und konzentrierte Betrachtung! Dann kann man sich in seiner Traumähnlichkeit ohne viele Orientierungspunkte zu Wo und Wann sehr einfach positiv verlieren. Denn egal, ob in Australien oder Amerika, ob Scharlatan oder Engel, ob Witzfigur oder Weiser, ob Betrüger oder Retter - dieser Harlekin hat es faustdick hinter den Ohren. Ein Kind leiden zu sehen ebenso. Politische Lügen und fake news auch. Gesellschaftliche und politische Zwangsheiraten sowieso. Und „Harlequin“ sagt zu all dem genug, um danach ziemlich begeistert von ihm zu sein. Und außer David Bowie hätte ihn wohl keiner besser als Robert Powell spielen können. „Harlequin“ ist ein gutes Stück entlarvend - für Kritiker, die Oberschicht und viele seiner Figuren. Löblich befremdlich.
Fazit: Ein ganz besonderer und magischer Grenzgänger… „Harlequin“ ist fesselnd, profund und hat eine unvergleichliche Aura! Unbedingt entdecken!
Harry Schockins
Horrorelemente eines De Palmas oder Cronenbergs. Dazu Politkritik und Paranoiathriller à la Coppola. Dazu dann durchaus auch mal die sentimentale Seite Richtung Spielberg. Und auch trashige, unfreiwillig-komische Momente. Von der Magie und den unsittlichen Spannungen überall ganz zu schweigen. „Harlequin“ bietet keinen einfachen Zugang. Ein bisschen verständlich, dass zeitgenössische Kritiker keine Connection aufbauen konnten und ihn größtenteils verrissen. Dennoch enttäuschend selbst von festen Größen wie Siskel und Ebert, die hier vollkommen lost wirken und auch inhaltlich fast als hätten sie den Film nicht zu Ende geguckt. Wer weiß… Aber „Harlequin“ verdient eine komplette und konzentrierte Betrachtung! Dann kann man sich in seiner Traumähnlichkeit ohne viele Orientierungspunkte zu Wo und Wann sehr einfach positiv verlieren. Denn egal, ob in Australien oder Amerika, ob Scharlatan oder Engel, ob Witzfigur oder Weiser, ob Betrüger oder Retter - dieser Harlekin hat es faustdick hinter den Ohren. Ein Kind leiden zu sehen ebenso. Politische Lügen und fake news auch. Gesellschaftliche und politische Zwangsheiraten sowieso. Und „Harlequin“ sagt zu all dem genug, um danach ziemlich begeistert von ihm zu sein. Und außer David Bowie hätte ihn wohl keiner besser als Robert Powell spielen können. „Harlequin“ ist ein gutes Stück entlarvend - für Kritiker, die Oberschicht und viele seiner Figuren. Löblich befremdlich.
Fazit: Ein ganz besonderer und magischer Grenzgänger… „Harlequin“ ist fesselnd, profund und hat eine unvergleichliche Aura! Unbedingt entdecken!
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