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Review The Hidden Face

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Doppelbödig
von D.S.

Der erfolgreiche Dirigent und Schnösel Adrián ist von seiner Freundin Belén verlassen worden, und zwar auf ziemlich unschöne Weise: Als er eines Tages nach Hause kommt, findet er eine Videobotschaft von ihr vor, mit der sie ihren Abschied verkündet. Einen klaren Grund nennt sie zwar nicht, aber uns wird schnell klar, worin die Trennung begründet sein könnte. Denn Adrián braucht nur wenige Tage, um von Trauer in vollen Flirtmodus umzuschalten und sich eine Neue zu angeln. Fabiana, die auch bald bei ihm einzieht.

THE HIDDEN FACE verbringt fast das gesamte erste Drittel seiner Laufzeit damit, uns diese Situation detailliert nahezubringen. Wie sich das künftige Pärchen kennenlernt, wie sich ihre Affäre entwickelt, wie sie schließlich zum Zusammenleben in dem Haus wird, das Adrián noch vor kurzem mit Belén geteilt hatte. Klingt nicht sehr spektakulär, und das ist es zunächst auch nicht. Selbst, als Fabiana immer wieder merkwürdige Geräusche vernimmt, sich über das bei Regenwetter ausgehende Licht erschreckt oder sich beim Duschen den Rücken verbrüht: Besonders mysteriös kommt das alles nicht daher, es gibt bestenfalls ein paar ganz harmlose Mini-Scares zu erleben.

Eher ein langsames Beziehungsdrama also, das sich vielleicht erst gegen Ende zu einem erhöhten Thriller-Anteil wird hinreißen lassen? Mitnichten. Der Film spielt ein böses Spiel mit den Erwartungshaltungen des Publikums - und mit seinen Figuren. An dieser Stelle muss dringend vor dem Genuss des Trailers gewarnt werden. Der ist zwar für sich genommen meisterlich geschnitten, verrät aber einen ganz zentralen Twist des Films, stellt ihn sogar in den Mittelpunkt seiner Erzählung. Für mich völlig unverständlich. Denn auch, wenn man diesen Twist schon vorher kennt, kann THE HIDDEN FACE zwar immer noch überraschen und begeistern. Das ungläubige Staunen, das sich im entsprechenden Moment bei allen nicht vorbelasteten Zuschauern im Kino lautstark bemerkbar gemacht hat, wird einem durch den Trailer jedoch leider vollkommen genommen.

Wie auch immer: Nach dem langsamen Vorspiel, das uns nur einen Teil der Geschichte erzählt, ändert sich plötzlich die Perspektive des Films. Und wir sehen viele zuvor erlebte Szenen noch einmal - mit ganz anderen Augen. Sie bekommen nun eine völlig neue Bedeutung, gewinnen ganz andere Zusammenhänge dazu, und schon hier muss man die Doppelbödigkeit und Heimtücke der Erzählung einfach bewundern. Diese veränderte Wahrnehmung und der ihr inhärente schwarze Humor ist aber noch lange nicht alles; im letzten Filmdrittel wird dann in Sachen Niederträchtigkeit noch eine ganze Schippe draufgelegt...

Dabei ist nicht nur die Story und ihre Inszenierung verdammt clever, überrascht auf intelligente Weise und bleibt bis zuletzt spannend. Sie ist auch filmisch wunderbar umgesetzt, mit einem großartigen Setdesign, tollen Bildern und einem sehr dramatisch angelegten klassischen Score.

THE HIDDEN FACE begeistert so auf ganzer Linie - kaum zu glauben, dass es sich hier um ein Erstlingswerk handelt. Fürs deutsche Publikum gibt es übrigens noch ein paar ganz spezielle Lacher. Nicht zuletzt den Haushund mit dem schönen Namen „Hans".

Gute 7,5 Punkte mit Tendenz nach oben - unbedingt ansehen!

war im Metropolis 9, Frankfurt

44 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Hidden Face
  • Score [BETA]: 74
  • f3a.net: 7.8/10 44
  • IMDb: 6.9/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-19 06:16

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