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Review I’m a Cyborg, But That’s OK

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Cyborg not ok
von D.S.

Darf man heutzutage überhaupt noch einen Film von Park Chan-Wook kritisieren? Und dann auch noch einen solchen, der erstens unglaublich fantasievoll ist und sich zweitens auch noch mit extrem marginalisierten Randgruppen beschäftigt? Ich sage mal, ja - wir sind schließlich nicht im Feuilleton der "Zeit", sondern bei f3a.

Und da fasse ich mal kurz zusammen: "Cyborg" hat einige der mittlerweile charakteristischen Stärken aller Filme dieses Ausnahmeregisseurs aufzuweisen, die nun mal zu einem guten Teil in der Bildkomposition bestehen. Hier gibt es Einstellungen zu bewundern, für die andere töten würden; die Art Direction ist grandios; jedes dritte Bild wäre auch als Postkarte zu gebrauchen. Ohnehin ist die Kameraarbeit ohne Fehl und Tadel, und zumindest jedes Mal, wenn die zentrale Location des Films - eine extrem überzeichnete "Irrenanstalt" - verlassen wird, kann man im Zauber der Bilder versinken und wünschte sich, nie wieder aufzutauchen.

Leider haben die Story und ihre Narration etwas dagegen, und leider sind sie auch Schuld daran, daß ich mit "Cyborg" nachdrücklich überhaupt nicht warm werden kann. Jedenfalls nicht so, wie ich mir das wünschen würde. Man nehme "JSA", "Sympathy for Mr. Vengeance" oder "Oldboy": sie alle entwickelten eine unglaubliche Wucht, weil sie uns emotionale Extreme erfahren ließen. Es wurden Gefühle der höchsten Intensität vorgeführt und ihre Konsequenz ausgelebt. Bei "Lady Vengeance" gab es da schon deutliche Abstriche - auf einmal schien es Park Chan-Wook fast mehr darum zu gehen, seine Kunstfertigkeit, seine Verspieltheit vorzuführen, als darum, Involvement zu erzeugen.

Das ist nun bei "Cyborg" noch viel stärker so: zum einen konzentriert sich der Film nicht ausreichend auf seine Hauptfigur, sondern lenkt ständig mit vor allen Dingen unglaublich albernen Erzählsträngen über die Mitinsassen der Anstalt ab. Hier wird auch nichts ausgelassen, die Irren sind aber auch richtig irre, hier glaubt man dann auch gerne mal, daß ein Mit-Kranker einem die Fähigkeit zum Tischtennisspielen abgenommen hat... und vieles weitere mehr. Dabei wird zwar viel Liebe zu den einzelnen Figuren deutlich und natürlich auch viel Kreativität, aber dem Film als Ganzes tut das nicht unbedingt gut - weder im Hinblick auf Stringenz noch auf emotionale Intensität. Ehrlich gesagt, habe ich mich fast eine Stunde lang eher geärgert als sonst etwas: die Story kam nicht voran, die Hauptfigur wurde mir nicht adäquat nähergebracht, das Ganze schien zu nichts hinzuführen. Abgesehen von der fröhlichen Darstellung des fröhlichen Anstaltlebens.

Dann entwickelt sich eine bittersüße Romanze zwischen unserem "Cyborg" und einem männlichen Patienten, der wohl vor allem an Diebstahl-Sucht litt, wenn ich mich hier richtig entsinne - zu meiner Schade muß ich gestehen, daß ich zwischendurch kurz eingenickt bin, allen tollen Bildern zum Trotz. Und das sagt einiges. Hier wird der Film nun endlich zu etwas, das einen berührt - auch wenn es nach wie vor nicht gerade, beispielsweise, das bewegendste Drama wird, das man je vor Augen hatte. Aber zumindest schaffen es die zwei zentralen Charaktere nun, tiefergehendes Interesse an ihrer Entwicklung zu wecken, was vorher kaum gegeben war.

Um es kurz zu machen: in seiner Essenz handelt "Cyborg" von der Suche nach dem eigenen Platz im Leben, nach dem Sinn der eigenen Existenz; vom Alleine sein und nicht verstanden werden; von Einsamkeit, Verzweiflung und Angst vor menschlicher Nähe. In der letzten halben Stunde gelingt es dem Film auch, dies auf nahe gehende Weise zu inszenieren und zu vermitteln, und die Bildsprache ist auch vorher schon schlichtweg beeindruckend. Dennoch ärgere ich mich über das letztlich alberne Trara, das der Film zunächst veranstaltet und das sich in keiner Weise etwa mit der Absurdität großer Teile von "Save the green Planet" vergleichen läßt: während jener letztendlich in großer Konsequenz auf eine umso bittere Gesamtaussage hinarbeitete, verbleibt "Cyborg" bis zum Schluß in einer vergleichsweise ernüchternden Trivialität. Mehr als 6,5 Punkte kann ich nicht vergeben, trotz des visuellen Erlebnisses, das man hier teilweise geboten bekommt. Etwas mehr relevanter Inhalt wäre mal wieder wünschenswert...Herr Regisseur.

staunte im Metropolis 6, Frankfurt

62 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

I’m a Cyborg, But That’s OK
  • Score [BETA]: 76
  • f3a.net: 7.6/10 62
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-20 13:17

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