s Imperium (2016) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Imperium

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Reviewer

Alexander * 8.0

Im rechten Sumpf.

Es war nur eine Frage der Zeit bis sich ein Regisseur an dieses aufgrund politischer Entwicklungen mehr als aktuelle und hochbrisante Thema heranwagen würde. In einer Zeit, in der ultrarechte Gesinnungen erhöhten Zulauf verzeichnen, weil sie sich als „Gegenpol“ zu den in den Medien zwischenzeitlich leider täglich gezeigten fundamentalistisch geprägten Terroristen, Zuwanderungsströmen, religiösen Fanatikern und als diffus bedrohlicher Überfremdung verstehen.

Daniel Radcliffe wandelt sich in diesem beeindruckenden und auch bedrückendem Werk allmählich zu einem vormals den islamistischen Terror bekämpfenden FBI-Agenten, der den Großteil seiner Arbeitszeit in einem engen Büro verrichten muss, zu einem Undercover-Agenten, der nach intensiver „Einarbeitung“ in die rechte Szene eingeschleust wird und fortan seinen Dienst in der Mitte bedrohlich dargestellter Skinheads unter mehr als nur erschwerten Bedingungen leistet.

Diese Wandlung, als auch die schauspielerische Leistung unseres „Harry Potter“ Stars, sind ebenso bemerkenswert wie die in der ersten Hälfte des Films mit schnellen, harten Schnitten, sehr intensiven und nachhaltig wirkenden Bildern und einem brachialen Soundtrack unterlegte, ultrafiese und mehr als nur etwas beängstigende Grundstimmung von „Imperium“.

Bekommt es unser Agent anfangs „nur“ mit Bier saufenden Nazis zu tun, die fast zu sehr allen hinlänglich bekannten Klischees entsprechen, so taucht er allmählich immer tiefer in den Untergrund ein, bekommt Kontakte zum Ku Klux Klan und findet sich am Ende bei einer „ganz normalen“ Familie aus Suburbia wieder: Gepflegtes Vorstadthäuschen, adrett gekleidete Kinderchen mit eigenem Baumhaus, vegane Grillkost und rechtsradikale Gesinnung inklusive!

Es sind dann auch diese Szenen, die im ersten Moment besonders verstören, wenn man erkennen muss, dass es nicht die Skins mit ihren Springerstiefeln und Bomberjacken auf der Straße sind, die die eigentliche Gefahr im Land darstellen… sondern die vom FBI gejagten Überzeugungstäter im Untergrund, die ihr Zeichen setzen wollen. Und je länger man zuhört, desto besser versteht man auch die, in dieser Geschichte wirklich hervorragend abgebildete, Argumentationskette der Ultrarechten gegen die von ihr proklamierte Gefahr. Man kann dem Film natürlich vorwerfen, sich zu sehr auf die „Gefahr von Rechts“ zu konzentrieren und dabei die latente Bedrohung des Terrorismus der anderen Seite vollkommen außer Acht zu lassen. Die Geschichte hätte wohl nicht funktioniert, wenn sie sich dieser Diskussion hingeben würde, wir sind ja immer noch in einem Hollywoodfilm unterwegs, nicht in einer Talkshow.

Nach etwa einer halben Stunde des Films war ich mir fast sicher hier mal wieder volle 10 Punkte für eine filmische Höchstleistung vergeben zu wollen. Bedauerlicherweise hält „Imperium“ aber trotz des zuvor erwähnten Verzichts auf ermüdende, politische Diskussionen weder die anfangs im Stakkato auf den Betrachter nieder regnenden, bildgewaltigen Momente durch, noch schafft der Film es, den bedrückend aufgebauten Spannungsbogen in seiner Intensität wirklich durchgehend zu halten oder seine Geschichte in voller Konsequenz und der Vorgeschichte geschuldeten Brutalität zu Ende zu erzählen.

Die zuvor grandios aufgebaute Story hätte mit ihren Potential bietenden Nebenschauplätzen, den fein ausgearbeiteten, zahlreichen Charakteren und theoretisch machbaren Wendungen so vieles mehr an Möglichkeiten geboten, diesen Film zu einem der Geschichte geschuldeten Ende zu bringen, das nachhaltiger hätte ausfallen können, wenn die Produzenten nicht einmal wieder eine Zielgruppenzwangsdienstleistung in den Film hätten quetschen wollen. Das ist extrem schade, hier wurde der vielleicht beste Film des diesjährigen FFF für mich ein Stück weit verschenkt. Für die erste Filmhälfte gibt es von mir 10, für die zweite Hälfte 6 Punkte, macht also immer noch verdiente 8 Sternchen auf der Skala und eine echte Empfehlung.

boneless * 5.0

Something big is coming...

Daniel Radcliffe, welcher ja schon mit Swiss Army Man auf dem Festival vertreten ist, mimt in Imperium einen FBI-Agenten, der undercover im Umfeld der White Supremacy ermittelt, auf der Suche nach Hinweisen für einem möglichen Anschlag.

Im Großen und Ganzen ein sehr spannender Thriller mit einem Radcliffe, der mal wieder eindrucksvoll zeigt, dass er dem Harry-Potter-Image längst entwachsen ist. Leider bringt sich Imperium schlussendlich selbst um die erarbeiteten Lorbeeren, denn so packend die erste Hälfte auch ist, die letzte Viertelstunde fährt diesen Film fast schon leichtsinnig an die nächstbeste 08/15-Wand. Es gab so viele Möglichkeiten, einen guten Abschluss zu finden, und Regisseur Ragussis entscheidet sich ausgerechnet für die meines Erachtens nach langweiligste Variante. Sehr, sehr schade.

war im Cinestar, Berlin

lexx * 5.5

Nazi Potter

An einem Kaliber der Marke AMERICAN HISTORY X beißt sich Imperium doch noch die Zähne aus, an diese Intensität, den Tiefgang und die Nachvollziehbarkeit kommt Imperium nicht ganz heran. Trotzdem wird hier sehr vieles richtig gemacht und die Eindrücke bleiben durchaus haften. Eher ein kleiner, aber durchaus sehenswerter Film.

war im Cinestar, Frankfurt

Herr_Kees * 7.5

Die Irritation zwischen Aussage und Quelle obigen Zitats macht einen Großteil der Faszination von IMPERIUM aus. Erschreckender als alles andere, was auf diesem Filmfest läuft, ist die Tatsache, dass die hier in ihren unterschiedlichen Lagern und Ausprägungen portraitierte Szene in den USA tatsächlich existiert. Erfreulicherweise bearbeitet IMPERIUM dieses Thema mit dem angemessenen Respekt und setzt sich – natürlich innerhalb der Genregrenzen – intelligent und differenziert mit seinem Sujet auseinander. Herausgekommen ist dabei ein verdammt spannender Neonazi-Terrorismus-Thriller mit hervorragenden Darstellern, allen voran Toni Collette sowie Daniel Radcliffe in seiner bis jetzt besten Rolle.

saß im Metropol, Stuttgart

D.S. * 7.0

Worte als Waffe

Der Politthriller Nr. 1 des diesjährigen Festivals ist ein echter Horrorschocker – denn er dokumentiert die rasante Ausbreitung von militantem Rassismus und Antisemitismus in westlichen Gesellschaften, die zu einer immer stärkeren Zunahme der Zahl solcher Leute führt, die offen zu rechtsextremen Gewalttaten im großen Stil aufrufen. Solche Taten finden seit langem statt; von vielen gerne ignoriert wird ja der Fakt, dass Rechtsterrorismus in Europa und den USA zusammengenommen mehr Todesopfer als alle islamistischen Anschläge gefordert hat. Was diesen Taten vorausgeht, sind Worte: Worte, die Menschen zum Hass gegen andere anstacheln, die diese anderen zu "Untermenschen" erklären und schleichend Undenkbares für viele diskussionswürdig machen; Worte, die Hemmungen senken, die Menschenverachtung zur legitimen Meinungsäußerung machen wollen. Wenn man Gedanken nur oft und laut genug verbreitet, wird sich sicher jemand finden, der sie in Taten umsetzt – eine Strategie, wie sie ja leider auch hierzulande von AfD und Konsorten erfolgreich verfolgt wird.

Nur passend, dass IMPERIUM mit einem Zitat eröffnet, das dieses Vorgehen zur Handlungsmaxime erklärt; das Worte zur potentesten Waffe erklärt – und einen durch die Nennung seines Verfassers höchstwahrscheinlich auf dem falschen Fuß erwischt. Daniel Radcliffe spielt den FBI-Agenten Nate Foster, der sich widerwillig zu einem gefährlichen Undercover-Job überreden lässt: die Neonazi-Szene von Washington DC infiltrieren, um herauszufinden, ob von ihr ein Anschlag mit einer „dirty Bomb“ geplant wird, der den „Rassenkrieg“ auslösen soll. Die Physis von Herrn Radcliffe ist nun mal eher Harry Potter als bedrohlicher Schläger, als tougher Skinhead sieht er einigermaßen unglaubwürdig aus, aber diesen Mangel macht seine Figur gegenüber den neuen Kameraden durch das Vorspielen von viel ungesundem Fanatismus sowie erhebliches Wissen um militärische Taktik wett – wobei es angesichts seines oftmals auffälligen Verhaltens dennoch etwas seltsam wirkt, dass Nate von der grundparanoiden White-Power-Crew nicht viel früher schon als Spitzel verdächtigt wird.

Wie dem auch sei, die darstellerische Leistung ist durchaus beeindruckend – wie auch der konzeptionelle Ansatz des Films: Er versucht nicht etwa, das Denken und die Hintergründe einzelner Nazi-Figuren im Detail zu erörtern oder dabei gar implizit Verständnis für sie zu erzeugen, wie das etwa bei AMERICAN HISTORY X der Fall war. Nein, IMPERIUM bezieht hier ganz explizit Position: Mit solchen Leuten kann man nicht diskutieren, ihr Denken kann man nicht (mehr) ändern. Es geht vielmehr darum, zu verhindern, dass sie weiter an Einfluss gewinnen. Was am effektivsten geschieht, indem man – wie hier im Rahmen einer Thriller-Handlung – die Hintermänner ans Tageslicht zerrt. Und sie am Verbreiten ihrer Worte hindert.

Abgesehen von seinen guten Absichten und der erfreulich schonungslosen, authentischen Darstellung rechtsextremer Denkweisen und Handlungsstrategien ist IMPERIUM aber auch als banaler Unterhaltungsfilm weitgehend zu loben. Denn abgesehen von ein paar kleineren Längen bleibt er stets sehr spannend, sowohl was die Nachforschungen nach den vermuteten Anschlagsplänen als auch die Frage nach einer möglichen Aufdeckung der Undercover-Aktivitäten angeht. Sowie danach, was das radikale Umfeld wohl mit dem Denken und Fühlen von Nate anrichten wird. Zudem wirkt vor allem die erste halbe Stunde des Films ziemlich intensiv beklemmend, wenn wir Nazi-Thesen und -Symbole nur so um Ohren und Augen gehauen bekommen.

Im Ausgang der Handlung wird zwar nicht die spannendste aller möglichen Richtungen eingeschlagen, stimmig ist er aber allemal. Und vermutlich entspricht er tatsächlich am ehesten den realen Geschehnissen, welche den Film inspiriert haben. Für politisch Interessierte und Freunde souverän inszenierter Thriller-Kost allemal sehenswert – 7 Punkte von mir.

war im Cinestar, Frankfurt

Leimbacher-Mario * 6.5

Heil Harry

Wer "Arlington Road", "The Departed" & "Anerican History X" mag, vielleicht zudem mit Harry Potter aufgewachsen ist, der findet im neuen Undercover-Thriller mit dem Potter-Mimen Daniel Radcliffe auf dem Papier seinen feuchten Traum. Und selbst wenn er nicht an diese drei Meilensteine herankommt, in keiner filmischen Disziplin, ist er doch ein spannender Edge-of-your-Seat-Thriller, bietet einen tollen Schauspieler & behandelt ein, gerade aus deutscher Sicht, extrem interessantes, diskussionswürdiges Thema. Denn hier unterwandert ein sehr eigener, nerdiger, hochtalentierter FBI-Agent die Nazi-Szene an der amerikanischen Ostküste, da scheinbar ein großer Schlag dieser faschistischen Strömung bevorstehen könnte...

Er bietet nicht den emotionalen Punch von "American History X", nicht den überhöhten Mystery-Faktor samt Unfassbar-Twist von "Arlington Road" oder die vielen falschen Köpfe der Schlange, die man "The Departed" nennen könnte. Doch er ist trotzdem ein gelungener Film. Fast eher fürs TV als fürs Kino, enorm zahm, jugendfrei & am Boden geblieben, doch seine Sachlichkeit ist seine große Stärke. Jederzeit wirkt das Geschehen realistisch, nachvollziehbar & greifbar, nie weit hergeholt, dumm oder zu literarisch (trotz Romanvorlage). Radcliffe ist erwachsen wie noch nie zuvor (trotz nie ganz abzuschüttelndem Milchbubi-Zauberer) & der Dreh-, Angel- & Sympathiepunkt der braunen Show. Das Thema ist eines, das alle paar Jahre diskutiert werden muss, mich immer wieder fasziniert & das nicht vergessen werden darf. Solide Produktion, solider Stream für wenig Geld oder für einen verregneten Sonntag mit der Blu-ray.

Fazit: klassischer, ziemlich geradliniger Undercover-Thriller, der zwar nicht spektakulär, aber recht realistisch die rechtsradikale Szene unterwandert. Radcliffe ist wie immer ein echter Sympathieträger, trotz immer noch sehr milchiger Visage.

goutierte im Residenz, Köln

ArthurA * 8.0

Keine Milieustudie, aber ein spannender Thriller mit guten Darstellern

Imperium gewährt teilweise schockierende, wenn auch kurze Einblicke in eine Subkultur, die sogar manchen hiesigen Neonazis die Schamesröte in die Gesichter treiben würde. Eheschließungen vor brennenden Hakenkreuzen, Cupcakes mit Nazi-Symbolik - Imperium lässt faszinierend abscheuliche Bilder in diversen Montagen über die Zuschauer hereinprasseln. Nicht sehr subtil, aber dennoch äußerst effektiv. Sehr interessant ist der vom gefeierten Bühnenautor Tracy Letts gespielte Dallas Wolf, ein rechtsextremer Radiomoderator und Aufwiegler (Rush Limbaugh lässt grüßen). Eine noch größere Faszination übt "True Blood"-Star Sam Trammell als von den Rassentheorien geblendeter Familienvater, dessen unscheinbares Äußeres und intelligentes, ruhiges Auftreten auch Nate in seinem Glauben an den klassischen Rechtsradikalen erschüttern. Während die meisten Neonazis in dem Film Karikaturen sind (was nicht bedeutet, dass sie unrealistisch sind, wenn man sich so einige Meldungen zu dem Thema aus den USA durchliest), ist Trammells Charakter nuanciert und auf eine perfide Art sogar sympathisch.

Doch Imperium ist keine Milieustudie und möchte weder American History X noch Romper Stomper sein. Die Einblicke gehen selten in die Tiefe und im Kern bleibt der Film ein grundsolider, straffer Thriller. Man kann Radcliffe keinen harten Kerl abnehmen und zum Glück versucht er auch keiner zu sein, sondern zeigt stattdessen überzeugend, wie sein Charakter mit Köpfchen aus diversen brenzligen Situationen herauskommt, ohne dass die Gewalt je eskaliert, obwohl sie ständig in der Luft schwebt. Wie schnell sich Radcliffes Nate zwischen den diversen Gruppierungen bewegen kann und von allen Seiten akzeptiert wird, erscheint etwas zu vereinfacht und wäre in der Realität wohl eher das Ergebnis jahrelanger Undercover-Arbeit. Auch die Pointe, die der Film zum Schluss machen will, ist reichlich absehbar, was dem Film jedoch nie seine Spannung nimmt.

Erstveröffentlichung

saß im Residenz, Köln

49 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Imperium
  • Score [BETA]: 75
  • f3a.net: 6.8/10 49
  • Rotten Tomatoes: 90%
  • Metacritic: 68/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-19 05:32

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