Reviewer
Alexander * 6.5
Nachts ist es dunkler als draussen
Aus der Reihe "Neulich, kurz nach Weltuntergang" gab es im letzten Jahr fast zu viele Filme zu bestaunen und diesem hier wäre angesichts seines eher leisen Auftritts in der Flut von Filmen mit ähnlichem Grundthema in 2016 vielleicht keine größere Beachtung zuteil geworden. Man fühlt sich stark an Filme wie "Here Alone" und "The Survivalist" erinnert, deren Kernthema hier fast kopiert wird, ohne dann aber gänzlich an die spannende und beklemmende Atmosphäre dieser Vorbilder heranzureichen.
"It comes at night" ist ein ruhiger Film mit einem subtilen Spannungsbogen der in weiten Teilen seiner Handlung im Dunkeln spielt, dabei zwar nicht "billig" aussieht, bis auf einige rar gesähte, spannende Momente allerdings auch nicht über die gesamte Spieldauer zu beeindrucken vermag. Nach einer Weile der immer gleichen, im funzelnden Laternenschein illuminierten Gängen und Korridoren, nutzen sich diese Bilder beim Betrachter einfach ab.
Erneut wird die mehr als offensichtliche Ausdünnung der Menschheit durch eine Art von Pest oder Seuche hier nicht greifbar erklärt, sondern mit einigen, zum Teil starken, Szenen eher angedeutet. Ein Bild des genial-verstörenden Malers Hieronymus Bosch avanciert zum Symbol für die Ausrottung der Menschheit, und eine Familie versucht angesichts einer um sich greifenden Seuche in ihrem Versteck ein Mindestmaß an Normalität und Routine zu bewahren. Und natürlich ist jegliches Handeln geprägt von einem tiefen Misstrauen, und der Angst vor allem Fremdem, das diese letzte Insel, diese Bastion der Ruhe und des Friedens, stören oder gar vernichten könnte.
"It comes at night" erinnert mit seinem Fokus auf eine patriarchal geführte Familie in die das Grauen einbricht natürlich zwangsläufig auf den im Zusammenhang bereits genannten Film "The Witch", allerdings ohne dessen tief religiöse Aspekte zu kopieren. Und trotz seiner leisen, stellenweise vielleicht etwas lahmen, Inszenierung, dürfte "It comes at night" mit seinem konsequent zu Ende gedachten Drama und einem Finale, das richtig weh tut, so einigen Zuschauern tief unter die Haut gehen.
"It comes at night" ist ein ruhiger Film mit einem subtilen Spannungsbogen der in weiten Teilen seiner Handlung im Dunkeln spielt, dabei zwar nicht "billig" aussieht, bis auf einige rar gesähte, spannende Momente allerdings auch nicht über die gesamte Spieldauer zu beeindrucken vermag. Nach einer Weile der immer gleichen, im funzelnden Laternenschein illuminierten Gängen und Korridoren, nutzen sich diese Bilder beim Betrachter einfach ab.
Erneut wird die mehr als offensichtliche Ausdünnung der Menschheit durch eine Art von Pest oder Seuche hier nicht greifbar erklärt, sondern mit einigen, zum Teil starken, Szenen eher angedeutet. Ein Bild des genial-verstörenden Malers Hieronymus Bosch avanciert zum Symbol für die Ausrottung der Menschheit, und eine Familie versucht angesichts einer um sich greifenden Seuche in ihrem Versteck ein Mindestmaß an Normalität und Routine zu bewahren. Und natürlich ist jegliches Handeln geprägt von einem tiefen Misstrauen, und der Angst vor allem Fremdem, das diese letzte Insel, diese Bastion der Ruhe und des Friedens, stören oder gar vernichten könnte.
"It comes at night" erinnert mit seinem Fokus auf eine patriarchal geführte Familie in die das Grauen einbricht natürlich zwangsläufig auf den im Zusammenhang bereits genannten Film "The Witch", allerdings ohne dessen tief religiöse Aspekte zu kopieren. Und trotz seiner leisen, stellenweise vielleicht etwas lahmen, Inszenierung, dürfte "It comes at night" mit seinem konsequent zu Ende gedachten Drama und einem Finale, das richtig weh tut, so einigen Zuschauern tief unter die Haut gehen.
Dr_Schaedel * 8.0
Apokalyptisches Kammerspiel
Meine Bekannte, die diesen Film nicht sah, aber im Vorraum auf den nächsten wartete, hat es gut aus den Gesichtern der Besucher gelesen, die den Saal verließen: Aus diesem Film geht man nicht fröhlich heraus.
Wer hier Zombie-Invasion oder infektiösen Body-Horror erwartet, dürfte enttäuscht werden. Dass es eine Krankheit gibt, die die Menschheit dezimiert, steht zwar von Anfang an unmissverständlich im Raum, aber letztlich geht es um andere Dinge, z. B. Menschlichkeit, Vertrauen und den Beschützerinstinkt, wenn es um das Überleben der eigenen Familie geht. Beschützerinstinkt, der auch in Brutalität und Irrsinn umschlagen kann. Es ist Krieg, in den Wäldern und in den Häusern.
Stellvertretend für diesen Grenzgang am Rande der Menschlichkeit steht der Familienvater Paul. Wie wir erfahren, war er einst ein braver Lehrer und nicht immer der harte, waffenstarrende, ultra republikanische Leitwolf, als der er gleich zu Beginn eingeführt wird. Sein Sohn Travis will so gar nicht nach ihm kommen, ebenso wie die Frauen im Film sucht er nach Verständigung und Nächstenliebe, was sich angesichts der Bedrohung leider auch nicht ohne Fragezeichen umsetzen lässt.
Das macht IT COMES AT NIGHT vermutlich so bedrückend: Er wirft die großen Fragen unserer Zeit auf, wo es denn nun angebracht ist, sich gegenseitig zu vertrauen und zu helfen, und wo man zum Selbstschutz alle Menschlichkeit über Bord werfen und zur Bestie werden muss. Das Häuschen im Wald oder die Festung Europa, es ist nur eine Frage der Dimensionen.
So gesehen: toller Film. Aber auch nicht ganz makellos:
Ein bisschen nervig: die Traumsequenzen. Wo es nicht mehr an Body Horror zu zeigen gibt als ein paar Pusteln, und wo hinter der Tür nichts anderes lauern dürfte als der hilfesuchende Nächste, muss man ja nicht so gmx-News-mäßig auf die Kacke hauen. Fand ich ein wenig überflüssig und der Geschichte nicht sehr zuträglich, zumal es sich auch zu oft wiederholte.
Und dann muss sich der Film auch ein paar unangenehme Fragen gefallen lassen, z. B. die nach dem Sinn des Titels. Wer oder was kommt denn nun bei Nacht? Die Krankheit? Die ist immer da. Fremde? Die scheinen eher bei Tag die größere Gefahr darzustellen. ***SPOILER***Und wer hat überhaupt die Tür offen gelassen? Travis war’s nicht, Andrew auch nicht, und der Hund Stanley dürfte es kaum selbst gewesen sein.
Dennoch: Ein gelungenes, apokalyptisches Kammerspiel mit wenig, aber pointierter Action und vielleicht zu klaren Rollenbildern, aber guten Darstellern und konsequenter Geschichte. Bleibt noch eine Weile im Kopf.
Wer hier Zombie-Invasion oder infektiösen Body-Horror erwartet, dürfte enttäuscht werden. Dass es eine Krankheit gibt, die die Menschheit dezimiert, steht zwar von Anfang an unmissverständlich im Raum, aber letztlich geht es um andere Dinge, z. B. Menschlichkeit, Vertrauen und den Beschützerinstinkt, wenn es um das Überleben der eigenen Familie geht. Beschützerinstinkt, der auch in Brutalität und Irrsinn umschlagen kann. Es ist Krieg, in den Wäldern und in den Häusern.
Stellvertretend für diesen Grenzgang am Rande der Menschlichkeit steht der Familienvater Paul. Wie wir erfahren, war er einst ein braver Lehrer und nicht immer der harte, waffenstarrende, ultra republikanische Leitwolf, als der er gleich zu Beginn eingeführt wird. Sein Sohn Travis will so gar nicht nach ihm kommen, ebenso wie die Frauen im Film sucht er nach Verständigung und Nächstenliebe, was sich angesichts der Bedrohung leider auch nicht ohne Fragezeichen umsetzen lässt.
Das macht IT COMES AT NIGHT vermutlich so bedrückend: Er wirft die großen Fragen unserer Zeit auf, wo es denn nun angebracht ist, sich gegenseitig zu vertrauen und zu helfen, und wo man zum Selbstschutz alle Menschlichkeit über Bord werfen und zur Bestie werden muss. Das Häuschen im Wald oder die Festung Europa, es ist nur eine Frage der Dimensionen.
So gesehen: toller Film. Aber auch nicht ganz makellos:
Ein bisschen nervig: die Traumsequenzen. Wo es nicht mehr an Body Horror zu zeigen gibt als ein paar Pusteln, und wo hinter der Tür nichts anderes lauern dürfte als der hilfesuchende Nächste, muss man ja nicht so gmx-News-mäßig auf die Kacke hauen. Fand ich ein wenig überflüssig und der Geschichte nicht sehr zuträglich, zumal es sich auch zu oft wiederholte.
Und dann muss sich der Film auch ein paar unangenehme Fragen gefallen lassen, z. B. die nach dem Sinn des Titels. Wer oder was kommt denn nun bei Nacht? Die Krankheit? Die ist immer da. Fremde? Die scheinen eher bei Tag die größere Gefahr darzustellen. ***SPOILER***Und wer hat überhaupt die Tür offen gelassen? Travis war’s nicht, Andrew auch nicht, und der Hund Stanley dürfte es kaum selbst gewesen sein.
Dennoch: Ein gelungenes, apokalyptisches Kammerspiel mit wenig, aber pointierter Action und vielleicht zu klaren Rollenbildern, aber guten Darstellern und konsequenter Geschichte. Bleibt noch eine Weile im Kopf.
war im Cinemaxx, München
Herr_Kees * 6.5
Why can’t we live together?
Man kann IT COMES AT NIGHT einerseits als klassischen apokalyptischen Thriller betrachten, so archetypisch, dass eine nähere Erläuterung der Umstände ebenso überflüssig geworden ist wie das Zeigen einer konkreten Bedrohung – die Andeutung genügt.
Andererseits muss man IT COMES AT NIGHT im Kontext seiner – unserer – Zeit sehen, in der Länder darüber diskutieren, wie viele Fremde sie noch zu sich hereinlassen, während andere schon dabei sind, sich im wahrsten Sinne des Wortes einzumauern und abzuschotten.
Der Kern des Films ist ein moralischer. Er handelt davon, was vertretbar ist, um sich und die Menschen, die einem am nächsten sind, zu schützen – und wo Menschlichkeit aufhört. Das wird für Horrorfans eine Enttäuschung sein, obwohl der Film sehr spannend ist. Aber er verweigert den offensichtlichen Thrill und geht tiefer. Um das zu finden, was in uns schlummert.
Andererseits muss man IT COMES AT NIGHT im Kontext seiner – unserer – Zeit sehen, in der Länder darüber diskutieren, wie viele Fremde sie noch zu sich hereinlassen, während andere schon dabei sind, sich im wahrsten Sinne des Wortes einzumauern und abzuschotten.
Der Kern des Films ist ein moralischer. Er handelt davon, was vertretbar ist, um sich und die Menschen, die einem am nächsten sind, zu schützen – und wo Menschlichkeit aufhört. Das wird für Horrorfans eine Enttäuschung sein, obwohl der Film sehr spannend ist. Aber er verweigert den offensichtlichen Thrill und geht tiefer. Um das zu finden, was in uns schlummert.
war im Metropol, Stuttgart
D.S. * 8.0
Monster Mensch
Wie man einen Film liest, was man aus ihm mitnimmt, hängt zu einem entscheidenden Teil immer auch davon ab, womit man sich selbst gedanklich abseits des Kinos beschäftigt und damit auch davon, was man unterbewusst in ihm sehen möchte. Eine triviale, nicht gerade neue Erkenntnis – aber angesichts der Diskussionen um die Aussage von IT COMES AT NIGHT vielleicht doch noch mal wert, erinnert zu werden. Denn natürlich KANN man den Film als Statement zum aktuellen globalen Rechtsruck, zur Panikmache vor Flüchtlingen und zu Abschottungstendenzen wohlhabender Staaten lesen. Das muss man aber weiß Gott nicht. Thriller und Horrorfilme mit ähnlicher Thematik gibt es nicht erst seit gestern. Das Verhalten der verbliebenen Menschen im Angesicht der Apokalypse und ihrer Folgen ist ein geradezu klassisches Sujet. Und auf Herkunft, sozialer Klasse oder Hautfarbe basierende Abgrenzungen voneinander sind ja gerade NICHT das Thema von IT COMES AT NIGHT; im Gegenteil, wie die Zusammensetzung der beiden hier vorgestellten Überlebenden-Familien deutlich macht.
Rückt man entsprechende Konnotationen zum aktuellen Zeitgeschehen einmal beiseite, erscheint der Film jedenfalls als beklemmendes, zuletzt tatsächlich schmerzhaftes Drama um viel fundamentalere menschliche Themen. Moral, Hilfsbereitschaft, vor allem aber Vertrauen. Wobei es auch um das Vertrauen des Publikums in seine eigene Einschätzung von Menschen geht, die es aufgrund selektiv präsentierter Fakten trifft. Dass diese nicht immer das zuverlässigste Urteil erlauben, eben nicht immer das ganze Bild zeigen, macht das Geschehen hier mehr als nachdrücklich deutlich. Und zwingt einen mehrfach dazu, zu überdenken, zu welchen Figuren man eigentlich wirklich halten will.
Das klingt nun vielleicht in erster Linie nach einem intellektuell fordernden, schwergängigen Soziologie-Exkurs. Was IT COMES AT NIGHT auf einer gewissen Ebene wohl auch ist. Daneben und darüber hinaus ist er aber noch etwas ganz anderes: Eines der atmosphärisch dichtesten, unheimlichsten Quasi-Kammerspiele seit Jahren. In der Intensität dem vom selben Studio produzierten THE VVITCH nicht unähnlich, aber aufgrund seiner zeitlichen Verortung noch unmittelbarer nachvollziehbar – und damit noch nahegehender, wenn auch gleichzeitig natürlich weniger außergewöhnlich wirkend.
Das ist wohl auch die größte Schwäche des Films: Sein Weltuntergangs-/Seuchenszenario ist mittlerweile einfach schon zu vertraut, als dass es einen von Beginn an komplett fesseln könnte. Da wir jedoch darüber im Unklaren gelassen werden, vor welcher Bedrohung genau sich die Überlebenden eigentlich zu schützen versuchen – sie scheint in der Luft zu liegen, insbesondere nachts akut, durch eine simple Tür allerdings schon aufhaltbar zu sein –, besteht ein gewisser Mystery-Faktor. Und dieser verstärkt sich mit fortschreitender Laufzeit exponentiell, denn der Sohn der Familie, die im Mittelpunkt der Handlung steht, hat zunehmend verstörendere Träume... die in irgendeinem Bezug zu kommenden Ereignissen zu stehen scheinen.
Spätestens mit dem Eintauchen in den ersten dieser Träume entwickelt der Film einen ungemeinen Sog, der durch den hervorragenden Score noch verstärkt wird. Ebenso wie durch das wachsende Misstrauen unserer Protagonisten gegenüber einer anderen Überlebenden-Familie, die sie bei sich aufgenommen haben. Eine unsichtbare Bedrohung, merkwürdige Geräusche und Geschehnisse, surreale Traum-Szenarien: Ab einem gewissen Punkt ist die Atmosphäre derart dicht, die Anspannung bei den Protagonisten und im Publikum so hoch, dass man die sprichwörtliche Stecknadel im Kinosaal hätte fallen hören können.
Spätestens, als sich das finster klaustrophobische Szenario in einem aggressiven Finale entlädt, kann man IT COMES AT NIGHT nicht mehr einfach wegschauen. Dieser Film ist nichts weniger als ein Brett, dessen Schlagkraft und Wucht noch lange nachwirkt. Apokalyptisch nihilistische 8 von 10 Punkten.
Rückt man entsprechende Konnotationen zum aktuellen Zeitgeschehen einmal beiseite, erscheint der Film jedenfalls als beklemmendes, zuletzt tatsächlich schmerzhaftes Drama um viel fundamentalere menschliche Themen. Moral, Hilfsbereitschaft, vor allem aber Vertrauen. Wobei es auch um das Vertrauen des Publikums in seine eigene Einschätzung von Menschen geht, die es aufgrund selektiv präsentierter Fakten trifft. Dass diese nicht immer das zuverlässigste Urteil erlauben, eben nicht immer das ganze Bild zeigen, macht das Geschehen hier mehr als nachdrücklich deutlich. Und zwingt einen mehrfach dazu, zu überdenken, zu welchen Figuren man eigentlich wirklich halten will.
Das klingt nun vielleicht in erster Linie nach einem intellektuell fordernden, schwergängigen Soziologie-Exkurs. Was IT COMES AT NIGHT auf einer gewissen Ebene wohl auch ist. Daneben und darüber hinaus ist er aber noch etwas ganz anderes: Eines der atmosphärisch dichtesten, unheimlichsten Quasi-Kammerspiele seit Jahren. In der Intensität dem vom selben Studio produzierten THE VVITCH nicht unähnlich, aber aufgrund seiner zeitlichen Verortung noch unmittelbarer nachvollziehbar – und damit noch nahegehender, wenn auch gleichzeitig natürlich weniger außergewöhnlich wirkend.
Das ist wohl auch die größte Schwäche des Films: Sein Weltuntergangs-/Seuchenszenario ist mittlerweile einfach schon zu vertraut, als dass es einen von Beginn an komplett fesseln könnte. Da wir jedoch darüber im Unklaren gelassen werden, vor welcher Bedrohung genau sich die Überlebenden eigentlich zu schützen versuchen – sie scheint in der Luft zu liegen, insbesondere nachts akut, durch eine simple Tür allerdings schon aufhaltbar zu sein –, besteht ein gewisser Mystery-Faktor. Und dieser verstärkt sich mit fortschreitender Laufzeit exponentiell, denn der Sohn der Familie, die im Mittelpunkt der Handlung steht, hat zunehmend verstörendere Träume... die in irgendeinem Bezug zu kommenden Ereignissen zu stehen scheinen.
Spätestens mit dem Eintauchen in den ersten dieser Träume entwickelt der Film einen ungemeinen Sog, der durch den hervorragenden Score noch verstärkt wird. Ebenso wie durch das wachsende Misstrauen unserer Protagonisten gegenüber einer anderen Überlebenden-Familie, die sie bei sich aufgenommen haben. Eine unsichtbare Bedrohung, merkwürdige Geräusche und Geschehnisse, surreale Traum-Szenarien: Ab einem gewissen Punkt ist die Atmosphäre derart dicht, die Anspannung bei den Protagonisten und im Publikum so hoch, dass man die sprichwörtliche Stecknadel im Kinosaal hätte fallen hören können.
Spätestens, als sich das finster klaustrophobische Szenario in einem aggressiven Finale entlädt, kann man IT COMES AT NIGHT nicht mehr einfach wegschauen. Dieser Film ist nichts weniger als ein Brett, dessen Schlagkraft und Wucht noch lange nachwirkt. Apokalyptisch nihilistische 8 von 10 Punkten.
war im Cinestar, Frankfurt
Frank * 6.5
Der Triumph des Todes
IT COMES AT NIGHT ist ein atmosphärischer Vertreter der ruhigen, Kammerspielartig erzählten Endzeit-Wald-Horror-Dramen, von denen wir im letzten Jahr einige ähnlich gelagerte sehen konnten.
Als Zuflucht vor einem Virus, das die Menschheit nach und nach dezimiert, verbarrikadiert sich eine kleine Familie mit Hund in einem Haus im Wald und führt dort ein abgeschottetes, autarkes Leben. Vom Setting her ist dieser Film dabei noch enger gefasst als z. B. HERE ALONE.
Die Kamera unterstützt das Szenario, indem sie die Shots weitgehend auf Nahaufnahmen der Familie und Close-ups der Gesichter ausrichtet sowie auf das kleine Waldstück begrenzt. Und natürlich (gefühlt ein bisschen zu oft) auf den engen Flur mit der roten Tür. Ein Großteil des Films spielt weitgehend bei spärlichem Licht fast im Dunkeln. Ein Umstand, der mir allgemein nicht so zusagt. Setting, Kamera und der perkussiv treibende und gleichermaßen prägende wie Akzente setzende Score bilden ein gut harmonierendes Trio.
IT COMES AT NIGHT behandelt Verhaltensmuster, Aspekte und Themen wie Vertrauen und Misstrauen, Angst, Überlebensinstinkt, Nächstenliebe und Familie. Dabei zieht sich die Eigenschaft zu misstrauen motivisch durch den gesamten Film.
Die lang anhaltende Situation der Isolation, Angst (um seine Familie), die ständige Notwendigkeit Vorsicht walten zu lassen und zu misstrauen, hat den Vater im Laufe der Zeit paranoid werden lassen. Doch kompensiert er seinen inneren Wahn mit Vorsichtsmaßnahmen und Kontrollmechanismen, um sich seine Menschlichkeit zu bewahren. Dieses innere Ringen setzt in der Figur eine Spannung in Gang, die neben der KaÂmeÂraÂarÂbeit, der speziellen Figurenkonstellation und dem Score für die dichte, beklemmende Atmosphäre sorgt. So sehr ich das alles verstehe, hat der Film es nicht erreicht das ich in Will, dem Familienvater, geschweige denn in einem der anderen Protagonisten eine Identifikationsfigur gefunden habe.
Die Story von IT COMES AT NIGHT ist dabei denkbar einfach und nicht gerade originell: Virus dezimiert Menschheit, ein paar wenige kämpfen in Abgeschiedenheit ums Überleben mit all den damit verbundenen Problemen. Hatten wir schon oft auf dem FFF. IT COMES AT NIGHT findet einen eigenen, wenn auch nicht vollkommen neuen Weg seine Geschichte zu erzählen. Ein schockierendes Ereignis ordnet ihn in letzter Konsequenz auch in die Filme der (wenn auch weniger heftigen) Downer ein und es kann sein, dass er diesbezüglich ein bisschen Nachwirkung zeigt.
IT COMES AT NIGHT ist ein guter, empfehlenswerter Film geworden, der mich leider trotz stark verdichteter und beklemmender Atmosphäre (oder gerade deswegen?) und (oft unterschwelliger) Spannung nicht konsequent vereinnahmen konnte und nicht richtig gepackt hat. Vor Allem weil ich auf dem diesjährigem FFF empfänglicher für weite, offene Filme bin. Aber auch weil echte Identifikationsfiguren fehlten, mir Storytechnisch zu viele Details vage im Raum standen und gerade seine Schlussphase verwirrend auf mich wirkte bzw. zu viele offene Fragen hinterlassen hat (Die Träume?). Das letzte Jahr hat uns außerdem mit diesem Subgenre schon ganz gut versorgt. Hinzu kommt, dass der Film fast nur bei sparsamsten Licht spielt und mich die deutschen Untertitel gestört haben, die mir für diesen Film einfach zu aufdringlich waren. Dicke 6,5 Punkte, die 7 verfehlt er nur knapp.
Auf der Suche nach dem Namen für das Gemälde aus dem Film habe ich übrigens herausgefunden, dass das Bild das Motiv "The Triumph of Death" - "Der Triumph des Todes" von Pieter Bruegel aus dem Jahre 1562 zeigt. Es ist nicht von Hieronymus Bosch! Dieser war allerdings Bruegel’s großes Vorbild wie man Wikipedia entnehmen kann.
Als Zuflucht vor einem Virus, das die Menschheit nach und nach dezimiert, verbarrikadiert sich eine kleine Familie mit Hund in einem Haus im Wald und führt dort ein abgeschottetes, autarkes Leben. Vom Setting her ist dieser Film dabei noch enger gefasst als z. B. HERE ALONE.
Die Kamera unterstützt das Szenario, indem sie die Shots weitgehend auf Nahaufnahmen der Familie und Close-ups der Gesichter ausrichtet sowie auf das kleine Waldstück begrenzt. Und natürlich (gefühlt ein bisschen zu oft) auf den engen Flur mit der roten Tür. Ein Großteil des Films spielt weitgehend bei spärlichem Licht fast im Dunkeln. Ein Umstand, der mir allgemein nicht so zusagt. Setting, Kamera und der perkussiv treibende und gleichermaßen prägende wie Akzente setzende Score bilden ein gut harmonierendes Trio.
IT COMES AT NIGHT behandelt Verhaltensmuster, Aspekte und Themen wie Vertrauen und Misstrauen, Angst, Überlebensinstinkt, Nächstenliebe und Familie. Dabei zieht sich die Eigenschaft zu misstrauen motivisch durch den gesamten Film.
Die lang anhaltende Situation der Isolation, Angst (um seine Familie), die ständige Notwendigkeit Vorsicht walten zu lassen und zu misstrauen, hat den Vater im Laufe der Zeit paranoid werden lassen. Doch kompensiert er seinen inneren Wahn mit Vorsichtsmaßnahmen und Kontrollmechanismen, um sich seine Menschlichkeit zu bewahren. Dieses innere Ringen setzt in der Figur eine Spannung in Gang, die neben der KaÂmeÂraÂarÂbeit, der speziellen Figurenkonstellation und dem Score für die dichte, beklemmende Atmosphäre sorgt. So sehr ich das alles verstehe, hat der Film es nicht erreicht das ich in Will, dem Familienvater, geschweige denn in einem der anderen Protagonisten eine Identifikationsfigur gefunden habe.
Die Story von IT COMES AT NIGHT ist dabei denkbar einfach und nicht gerade originell: Virus dezimiert Menschheit, ein paar wenige kämpfen in Abgeschiedenheit ums Überleben mit all den damit verbundenen Problemen. Hatten wir schon oft auf dem FFF. IT COMES AT NIGHT findet einen eigenen, wenn auch nicht vollkommen neuen Weg seine Geschichte zu erzählen. Ein schockierendes Ereignis ordnet ihn in letzter Konsequenz auch in die Filme der (wenn auch weniger heftigen) Downer ein und es kann sein, dass er diesbezüglich ein bisschen Nachwirkung zeigt.
IT COMES AT NIGHT ist ein guter, empfehlenswerter Film geworden, der mich leider trotz stark verdichteter und beklemmender Atmosphäre (oder gerade deswegen?) und (oft unterschwelliger) Spannung nicht konsequent vereinnahmen konnte und nicht richtig gepackt hat. Vor Allem weil ich auf dem diesjährigem FFF empfänglicher für weite, offene Filme bin. Aber auch weil echte Identifikationsfiguren fehlten, mir Storytechnisch zu viele Details vage im Raum standen und gerade seine Schlussphase verwirrend auf mich wirkte bzw. zu viele offene Fragen hinterlassen hat (Die Träume?). Das letzte Jahr hat uns außerdem mit diesem Subgenre schon ganz gut versorgt. Hinzu kommt, dass der Film fast nur bei sparsamsten Licht spielt und mich die deutschen Untertitel gestört haben, die mir für diesen Film einfach zu aufdringlich waren. Dicke 6,5 Punkte, die 7 verfehlt er nur knapp.
Auf der Suche nach dem Namen für das Gemälde aus dem Film habe ich übrigens herausgefunden, dass das Bild das Motiv "The Triumph of Death" - "Der Triumph des Todes" von Pieter Bruegel aus dem Jahre 1562 zeigt. Es ist nicht von Hieronymus Bosch! Dieser war allerdings Bruegel’s großes Vorbild wie man Wikipedia entnehmen kann.
saß im Savoy, Hamburg
Giallorossa * 8.0
Trau schau wem
Die heutige Überraschung des Tages war dieser sehr gute Film um eine dreiköpfige Familie, die gerade den Großvater an die Seuche verloren haben. Die Bedrohung durch die Außenwelt mit ihren verseuchten Lebewesen ist allgegenwärtig und manifestiert sich, als der junge Will ins Haus der Familie einsteigt. Auch wenn danach ein bisschen Ruhe ins Haus einkehrt, weil man Wills Familie mit ins Haus lässt, geht es weiterhin spannend weiter und man weiß nie, was als nächstes passiert. Eine wirklich dichte Atmosphäre! Überzeugende Schauspieler tun ihr übriges. Auch wenn man die eine oder andere Kleinigkeit noch hätte besser machen können, verbleibt ein überaus positiver Eindruck von diesem Film.
goutierte im Cinecitta', Nürnberg
André Hecker * 7.0
It Comes At Night ist einer dieser Filme, über die man im Vorfeld nicht all zu viel wissen sollte. So spricht auch der Trailer einen ganz anderen Ton, als der Film eigentlich trifft. Von den Erwartungen des Trailers zum eigentlichen Film verhält es sich ähnlich wie bei The Witch.
Der Film spielt geschickt mit nachvollziehbaren Gefühlen wie Ver- und Misstrauen, Überlebenswillen und Isolation und vermischt diese in einem ausgeweiteten Kammerspiel. Auch die Beschränkung der Hauptfiguren auf sechs Kernprotagonisten macht es leicht, sich auf diese einzulassen. Dabei ist die Atmosphäre und Stimmung stets extrem angespannt und selbst in den vielen ruhigen Momenten unangenehm. Der zermürbende Soundtrack gibt sein Übriges dazu, bevor der Film in einem schockierenden Klimax endet.
Punktabzug gibt es für das teils seltsame Pacing und unbeantwortete Fragen. Zwar ist It Comes At Night ein Film, in den man noch das eine oder andere hineininterpretieren kann, wenn aber eine Kernsequenz mit Fragezeichen zurückbleibt, ist das unbefriedigend.
Wird dem Hype nicht ganz gerecht, ist aber trotzdem ein starker und wirkungsvoller Film.
Der Film spielt geschickt mit nachvollziehbaren Gefühlen wie Ver- und Misstrauen, Überlebenswillen und Isolation und vermischt diese in einem ausgeweiteten Kammerspiel. Auch die Beschränkung der Hauptfiguren auf sechs Kernprotagonisten macht es leicht, sich auf diese einzulassen. Dabei ist die Atmosphäre und Stimmung stets extrem angespannt und selbst in den vielen ruhigen Momenten unangenehm. Der zermürbende Soundtrack gibt sein Übriges dazu, bevor der Film in einem schockierenden Klimax endet.
Punktabzug gibt es für das teils seltsame Pacing und unbeantwortete Fragen. Zwar ist It Comes At Night ein Film, in den man noch das eine oder andere hineininterpretieren kann, wenn aber eine Kernsequenz mit Fragezeichen zurückbleibt, ist das unbefriedigend.
Wird dem Hype nicht ganz gerecht, ist aber trotzdem ein starker und wirkungsvoller Film.
goutierte im Savoy, Hamburg
Leimbacher-Mario * 8.0
Atmosphäre die berstet
"It Comes at Night" hätte als Infizierten-Horror à la "28 Days Later" kaum trügerischer und enttäuschender beworben werden können. Der Trailer an sich ist genial und verdammt gruselig. Doch leider weist er in die komplett falsche Richtung und hat zwar dafür gesorgt, dass das Endzeit-Psychodrama in den Staaten gut Kasse machte (für ein überschaubares 5 Mio.-Budget), jedoch fast alle Besucher extrem enttäuscht und fast schon verärgert das Kino verließen. Denn Trey Edward Shults verstörendes Kammerspiel ist kein Horrorfilm für die Massen. Er ist ein höchst konzentrierter und aufwühlender, menschlicher Spannungsgourmethappen. Hier kommt das Grauen ausschließlich von innen, ist zutiefst human und in uns allen verwurzelt. Das macht dieses düstere Endzeit-Kammerspiel zu einem ambivalenten, persönlichen und extrem fordernden Erlebnis, inklusive etlicher offener Fragen und genug Kopfkino für die kommenden Nächte.
In enorm verdichteten 91 Minuten wird die Geschichte einer Familie erzählt, die irgendwo im Wald einsam und abgeschottet und extrem skeptisch gegenüber der Außenwelt lebt. Draußen scheint ein Virus die Menschheit lahm gelegt zu haben. Als eines Tages eine weitere Familie erscheint, tun sich neue Möglichkeiten wie Gefahren und Paranoia auf... Vertrauen und Misstrauen? Feind oder Freund? Gefahr oder Hilfe? Infiziert oder gesund? Echt oder Traum? Monster oder Mensch? "It Comes at Night" ist kein Film für zwischendurch. Technisch höchst anspruchsvoll, erzählerisch minimal, emotional eine Wucht. Wenn man ihn denn versteht und langsam aufsaugt und in sich eindringen lässt. Wie er sich auf den menschlichen, nur allzu gut nachvollziehbaren Konflikt konzentriert, ist schlicht ein Erlebnis, das mit nicht viel aus den letzten Jahren vergleichbar ist. Vielleicht am ehesten als Mischung aus "The Road" und "The Witch" zu beschreiben. Soundtrack geht unter die Haut, die Darsteller spielen minimal aber maximal effektiv, die Traumsequenzen kommen echten Alpträume unangenehm nahe. Hinzu kommt eine unterschwellige Art das Seitenverhältnis zu ändern, wie ich es noch nie erlebt habe. Insgesamt ist das Carpenter oder Romero durch die Augen von Tarkowski. Ziemlich fabelhaft. Zweitsichtung sicher und sicher lohnenswert.
Fazit: Der Horror Mensch. Extrem atmosphärisch, extrem beklemmend, extrem realistisch. Eine Wucht mit verstörendem Understatement. Da verzeiht man das Zeitlupentempo und massig offene Fragen fast vollständig. Ein Film, der in einem wächst wie ein Tumor. Oder die Angst. Oder Paranoia.
In enorm verdichteten 91 Minuten wird die Geschichte einer Familie erzählt, die irgendwo im Wald einsam und abgeschottet und extrem skeptisch gegenüber der Außenwelt lebt. Draußen scheint ein Virus die Menschheit lahm gelegt zu haben. Als eines Tages eine weitere Familie erscheint, tun sich neue Möglichkeiten wie Gefahren und Paranoia auf... Vertrauen und Misstrauen? Feind oder Freund? Gefahr oder Hilfe? Infiziert oder gesund? Echt oder Traum? Monster oder Mensch? "It Comes at Night" ist kein Film für zwischendurch. Technisch höchst anspruchsvoll, erzählerisch minimal, emotional eine Wucht. Wenn man ihn denn versteht und langsam aufsaugt und in sich eindringen lässt. Wie er sich auf den menschlichen, nur allzu gut nachvollziehbaren Konflikt konzentriert, ist schlicht ein Erlebnis, das mit nicht viel aus den letzten Jahren vergleichbar ist. Vielleicht am ehesten als Mischung aus "The Road" und "The Witch" zu beschreiben. Soundtrack geht unter die Haut, die Darsteller spielen minimal aber maximal effektiv, die Traumsequenzen kommen echten Alpträume unangenehm nahe. Hinzu kommt eine unterschwellige Art das Seitenverhältnis zu ändern, wie ich es noch nie erlebt habe. Insgesamt ist das Carpenter oder Romero durch die Augen von Tarkowski. Ziemlich fabelhaft. Zweitsichtung sicher und sicher lohnenswert.
Fazit: Der Horror Mensch. Extrem atmosphärisch, extrem beklemmend, extrem realistisch. Eine Wucht mit verstörendem Understatement. Da verzeiht man das Zeitlupentempo und massig offene Fragen fast vollständig. Ein Film, der in einem wächst wie ein Tumor. Oder die Angst. Oder Paranoia.
goutierte im Residenz, Köln
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Bewertungen
It Comes at Night
- Score [BETA]: 74
- f3a.net: 6.4/10 46
- IMDb: 6.5/10
- Rotten Tomatoes: 89%
- Metacritic: 78/100