s It (2017) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviewer

Michaela * 8.0

Pennywise, the dancing clown

Stephen Kings IT - Ich muss gestehen, dass ich das Buch nach circa 100 Seiten weggelegt habe, weil es mir zu langweilig war. Die TV-Miniserie ist mir auch nicht mehr präsent genug. Somit findet auch kein Vergleich statt. Bei Vergleichen kommen Remakes ja meist eher schlechter weg. Was von der Miniserie allerdings übrig ist, ist der Eindruck, den Tim Curry als Clown hinterlassen hat: sardonisch, unheimlich und gruselig, eine Figur, die man nicht wieder vergisst.

Stephen King hat einmal behauptet, in seinen Romanen und Kurzgeschichten viele seiner eigenen Kindheitsalbträume zu verarbeiten, in IT die Angst, die er als Kind vor Clowns hatte. Bei dem Ausstoß an Büchern hatte der gute Stephen entweder eine schreckliche Kindheit oder eine blühende Fantasie - oder beides. Vielleicht haben ihn auch reale Ereignisse beeinflusst. Bei IT spielt ein böser Clown die Hauptrolle, das Buch ist relativ kurz nach dem Prozess von John Wayne Gacy erschienen, der 33 Jungen und junge Männer brutal ermordete. Pikant dabei ist, dass er in Krankenhäusern Kinder aufmunterte als Pogo, der Clown und dieses Kostüm auch manchmal bei seinen Morden trug. Eine Inspiration für King? Hierzu schweigt der Meister.

IT hätte ich mir wohl auch nicht angesehen, wäre er nicht auf dem FFF gelaufen. Zu viel Hype und doch auch Mainstream-Horror. Aber:

IT ist ein perfekter Einstieg ins Filmfest, ein Film, der Horror und Fantasy vereint, mit wohldosierten jump scares aufwarten kann und einen überzeugenden cast hat. Sein 80er Jahre Feeling ist charmant und die Musik gut gewählt. Bill Skarsgard wird seiner Rolle als Pennywise gerecht und ist ziemlich gruselig. Da es sich um das erste Kapitel handelt, wird es eine Fortsetzung geben. (Was der informierte Kinogänger aber schon weiß).

Die Geschichte selbst handelt von Teenagern, die dem sogenannten Loser-Club angehören, die uncoolen Kids, die Nerds, die von der üblichen Schulgang gemobbt werden. Einer von Ihnen, der Neue, findet heraus, dass alle 27 Jahre ein Unglück in dem kleinen Städtchen Derry stattfindet und Kinder spurlos verschwinden. Ein anderer von Ihnen hat seinen kleinen Bruder auf diese Weise verloren und so macht sich der Loser-Club auf, das Geheimnis um das Böse und die verschwundenen Kinder zu lüften und den Kampf dagegen aufzunehmen.

Der Film beschränkt sich nicht auf die Horrorelemente, sondern zeigt neben dem fantastischen Horror auch den realen Horror, den die Kinder durchmachen: den Verlust des kleinen Bruders zu überwinden, den Erwartungen der Eltern gerecht zu werden, Mobbing in der Schule, die erste Liebe... Also das typische Coming-of-Age Setting. Es ist dem Regisseur ganz gut gelungen, einen Horrorfilm abzuliefern, der auch genügend Platz für Emotionen und Charakterzeichnung lässt.

Allerdings gibt es für mich auch einen Schwachpunkt im Film: Die Kinder und Jugendlichen sind realistisch und vielschichtig gezeichnet, die Erwachsenen, mit denen sie zu tun haben, sind aber allesamt so unsympathisch, dass man fast freiwillig mit dem Clown mitgehen möchte. Das hätte man vielleicht besser machen können.

Soweit ich weiß, ist die Geschichte im Buch und in der Miniserie abwechselnd einmal aus der Perspektive der Erwachsenen und einmal der Kinder erzählt, diese Dimension fehlt in diesem Film, was jetzt nicht weiter tragisch ist, allerdings erinnerte mich IT in dieser Erzählform des Öfteren an Stand By Me.

Fazit: Gut gespielter Mainstream-Horror mit emotionalem Tiefgang. Für Freunde von Stephen King Verfilmungen und solche, die es werden wollen. Anschauen lohnt sich.

war im Cinemaxx, München

Astrogirl * 8.0

Chapter One - Folge nicht dem roten Luftballon!

Was haben wir uns in den 90ern zu IT gegruselt und selbst, wer kein Stephen King-Fan war, kam an IT nicht vorbei. Jetzt gibt es die Neuauflage in einer Zeit, in der vieles mit CGI-Effekten möglich ist. Das Buch und selbst die Fernsehserie verbinde ich so was von mit den 80ern, dass ich um einen etwaigen verlorenen Charme der 80er im Kino-Remake fürchtete. Aber weit gefehlt! Andrés Muschietti schaffte es, das Feeling der zweiteiligen Fernsehserie von 1990 in das Remake 2017 zu übertragen und mit eigenen Elementen und Effekten auszuschmücken, sodass man sich immer noch in den 80ern wähnt.

Das Cast war sensationell. Die einzelnen Charaktere der "Verlierer"-Clique harmonisierten dermaßen gut, dass man ihnen trotz ihrer Unterschiede die Freundschaft und das Folgen bis in den Tod abkauft. Jedes der Kids hat im realen Leben mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen und man fragt sich, welcher Schrecken für den Einzelnen größer ist. Dabei geht es nicht nur um die eigene persönliche Situation oder Pennywise, sondern auch um das Verhalten innerhalb der Gruppe.

Tim Curry als Pennywise fand ich in der Adaption der 90er sehr gut besetzt. Mit Bill Skarsgård gibt es eine würdige Nachfolge in dieser Schlüsselrolle.

Obwohl ich das Buch gelesen habe und die Fernsehserie schon kannte, hat sich der IT für mich gelohnt. Schreckensmomente und gruselige Situationen gab es jede Menge. Die zwei Herren neben mir schauten bewusst mehr zur Seite als zur Leinwand und es ging öfter mal ein Ruck durch die Kinobank. Komische Momente gab es durch die Figur des Richie Tozier, was für etwas Entspannung und Durchschnaufen zwischen den Gruselszenen sorgte.

Allerdings war die Filmmusik für mich nicht stimmig, aber vielleicht bin ich da einfach auch von DONNIE DARKO verwöhnt. Ich hätte mir beim Soundtrack mehr 80er gewünscht, obwohl ich mich sehr über The Cure gefreut habe und der Running-Gag "New Kids on the Block" nett war.

Fazit: Ein empfehlenswerter Film, der einen in die ausklingenden 80er versetzt, mit einem Soundtrack mit Luft nach oben.

war im Cinemaxx, München

Dr_Schaedel S * 8.5

Dieser Review enthält SPOILER!

I Love Derry

So, das war er nun, der Startschuss zum 31. FFF und die mit Spannung erwartete Neuverfilmung des wuchtigen Stephen-King-Romans aus dem Jahr 1986.

Kurz nochmal die Handlung:

Ein gesichts- und namenloses Wesen – im Folgenden einfach „Es“ genannt – kam vor Urzeiten auf die Erde und „ernährt“ sich seither von der Angst ihrer Bewohner. Bevorzugt sind hierbei Menschenkinder, da diese die intensivsten Emotionen zeigen. Am wohlschmeckendsten ist wohl die Todesangst, denn das Wesen genießt es, seine Opfer mit dem, was sie am meisten ängstigt, zu konfrontieren und manche von ihnen dann auch zu töten. So geschehen in der Kleinstadt Derry, wo „Es“ sich unterirdisch verbirgt, immer wieder brutale Mordserien und vermeintliche Unglücke, hinter denen mutmaßlich auch „Es“ steckt. Dazwischen fällt „Es“ stets für ca. 27 Jahre in einen tiefen Schlaf. Eine Clique von sieben Außenseitern an der Schwelle zum Erwachsenwerden lüftet als einzige das Geheimnis der Morde und stellt sich dem Monster entgegen...

Regisseur Andrés Muschietti (MAMA) liefert mit IT (Chapter One) eine erfreulich werkgetreue Verfilmung ab, die mir als Fan des Buchs bis in die Details und Dialoge hinein sehr zugesagt hat. Allerdings handelt es sich, besonders eingedenk des stilistisch ungewöhnlichen MAMA, doch um eine erstaunlich konventionelle Umsetzung des Romans. Aber warum auch nicht?

Die einschneidendste Änderung zum Buch dürfte sein, dass die Handlung von 1957/58 nach 1988/89 verlegt wurde. Da dürften praktische Überlegungen der Grund gewesen sein: 1989 + 27 Jahre = 2016. Man will wohl, dass Chapter 2 in etwa in unserer Zeit spielen wird.

Das ist aber für uns King-Fans der frühen Jahre nicht von Nachteil: Muschietti nimmt uns somit mit in die Zeit von Anthrax und New Kids On The Block, von LETHAL WEAPON 2 und Vokuhila-Frisuren. Dass er das schafft, ohne dabei die Sorgen und Nöte der Protagonisten zu vergessen und sie alle zur reinen Eighties-Nummernrevue verkommen zu lassen, dürfte ein Qualitätskriterium des Mannes sein.

Mit viel Einfühlungsvermögen und teilweise sehr verschmitzt betrachtet er die Gefühlswelten seiner jungen Charaktere, bringt z. B. das Publikum zum Schmunzeln, wenn sechs Losertypen in Feinripp ihr Glück kaum fassen können, dass der attraktive Rotschopf Bev (an der sich die Kamera ab ihrem ersten Erscheinen kaum sattsehen kann) sich ausgerechnet in ihrer Gegenwart dem Sonnenbad hingibt. Gleichzeitig schafft er es, in den z. T. extrem unangenehmen Elternhäusern die beklemmende Stimmung aufzubauen, die den „Club der Verlierer“ erst möglich macht.

Dieser ist übrigens glänzend besetzt, und während mir beim Buch noch die Charaktere Bev, Ben, Bill und Mike am nächsten waren, können im Film auch die Figuren Stan, Eddie und Richie Sympathien wecken. Auch Nicholas Hamilton liefert als Bösewicht Henry Bowers eine gute Vorstellung ab.

Von der Machart her könnte der Film auch aus der Zeit stammen, in der er spielt: ein solider Reigen aus Gruselwusel, Jump Scares und angemessen blutigen Gore-Szenen, die zumindest für erfahrene Horrorfilm-Konsumenten keine große Herausforderung darstellen. Um das Mainstream-Publikum zu ängstigen, dürfte es allerdings reichen.

Kritisch anzumerken ist, dass es -wieder mal- zu viel Clown gibt. „Es“ erscheint im Buch in mannigfaltiger Form (Stichwort: Patrick Hockstetter und der Kühlschrank, fehlt hier ganz), und es wird sogar seine Ankunft auf der Erde beschrieben. Die beiden Chancen auf neue Schauwerte hat Muschietti leider vergeben.

Und überhaupt kann man darüber streiten, ob nicht ein wenig mehr Einfallsreichtum den Film noch ein wenig weiter nach vorne gebracht hätte. Auf der anderen Seite ist es aber auch legitim, einen ganz „normalen“ Horrorfilm zu machen, zumal der Fokus auch ganz stark auf dem Coming-of-Age seiner Hauptfiguren liegt und diese auch ernst genommen werden. So gesehen liefert „Es“ eine runde Mischung ab, die nur wenige Wünsche offenlässt.

Es wird spannend sein zu sehen, wie es in Chapter 2 weitergeht. Geguckt wird der auf jeden Fall.

war im Cinemaxx, München

Herr_Kees * 7.5

Red Nose Day

Mitte der 80er-Jahre, im Alter von etwa 16 Jahren, hat mich Stephen Kings "ES" gepackt, geschüttelt und lange Zeit nicht mehr losgelassen. Die Bilder des Romans verfolgten mich. Die TV-Verfilmung von 1990 war dagegen ein Witz. Und auch die Neuverfilmung ist von der (nostalgisch mit Sicherheit etwas verklärten) Wirkung des Buches weit entfernt – auch wenn es ein deutlich besserer Film ist.

Am besten funktioniert IT – CHAPTER ONE (Spoiler für alle Uneingeweihten: IT erzählt zunächst nur die erste Hälfte des Romans, bietet jedoch ein eigenständiges Filmerlebnis) als Coming-of-Age-Geschichte und erreicht hier schon fast die Qualitäten eines STAND BY ME, komplett mit Kiefer Sutherland-Lookalike (Nicholas Hamilton u. a. aus CAPTAIN FANTASTIC). Die jungen Darsteller sind allesamt natürlich, unverbraucht und sympathisch, die Chemie stimmt und in Sophia Lillis hätte man sich als Jugendlicher auch sofort Hals über Kopf verliebt. Ihre Rolle und ihr Look sind so stark an Molly Ringwald angelehnt, dass es sogar von einem Charakter angesprochen wird.

Nicht ganz so gelungen ist der Horrorpart des Films. Das liegt nicht an Bill Skarsgård, der seinen Pennywise deutlich charismatischer gibt als seinerzeit Tim Curry. Es liegt schlichtweg daran, dass IT nicht furchteinflößend ist. Der Film bezieht seinen Schrecken fast ausschließlich aus Jump Scares, die – mit entsprechender Dezibelunterstützung – auch ihre Wirkung tun, der Rest ist reine CGI-Show, die zwar beachtenswerte Visuals aber keine beängstigende Atmosphäre hervorbringt. Auch das Monster ist viel zu physisch, so dass der Schluss fast an den Endkampf eines Computerspiels erinnert. Einzig eine Szene, ***SPOILER***die Diaschau in der Garage, vermag mit alptraumhafter Qualität zu überraschen. Der wahre Horror liegt hier im Alltag – das sind die Bullies, die übervorsichtigen Eltern, die gewalttätigen und zudringlichen Väter. Und damit ist die Verfilmung wiederum sehr nah an den Werken des Autors.

guckte im Metropol, Stuttgart

Blade * 6.5

Ich verstehe einfach nicht, warum Clowns seit einiger Zeit als Schreckensobjekt gelten. Ich bin definitiv nicht mit dieser Angst vor Clowns aufgewachsen und ich glaube auch nicht, dass irgendeiner "böser Clown" Film das so schnell ändern wird.

Ungeachtet dessen, muss ich sagen, dass mir das It Remake dennoch gefallen hat und ich muss auch gestehen, dass ich den TV-Film aus dem Jahre 1990 erst im April dieses Jahres das erste Mal gesehen habe. Ein toller Zweiteiler, bei dem allerdings die erste Hälfte mit den Kindern deutlich stärker wirkte als die zweite Hälfte mit den Erwachsenen, obwohl die dennoch ihre Vorzüge hatte. Unter dieser Prämisse dachte ich also, dass die Idee sich für das Remake voll auf die Kinder zu konzentrieren gar nicht mal die schlechteste Idee ist, aber wie sich herausstellt, fehlt mir doch ein bisschen diese reflektierende Aufarbeitung aus der Erwachsenen-Perspektive und ich bin außerdem gespannt, wie ein ziemlich sicherer zweiter Teil (die Credits für diesen hier zeigen "Chapter One") die kleinen Veränderungen zum 1990er Film aufgreifen wird. ***SPOILER***Da wäre beispielsweise die Tatsache, dass Beverly bereits als Kind herausfindet, dass es Ben war, der ihr die Postkarte mit dem Gedicht zugesteckt hat.

Ein Kumpel hat es ziemlich gut zusammengefasst: "Nimmt man Pennywise den Clown aus dem Film hat man Stand By Me."

Auch wenn ich das ein wenig überspitzt formuliert finde, ist der Kern wahr und es stimmt definitiv, dass die emotionale Verbindung unter den Kindern und ihr Schauspiel abseits der Horror Elemente wahrlich großartig ist und man sich dadurch für sie interessiert und ihre einzigartige Coming-of-Age Geschichte einen auf emotionaler Ebene mitnimmt. Durch diesen Umstand zählt dieser Teil für mich auch zu einer der Stärken des Remakes. Ob euch diese Stärke allein für einen selbst ernannten Horrorfilm ausreicht, müsst ihr allerdings selbst entscheiden.

Deutsche Adaption meines englischen Reviews auf Letterboxd (siehe URL).

Erstveröffentlichung

war im Savoy, Hamburg

Huan Vu * 5.0

Gegen das Vergessen

Die alten TV-Filme und dann das Buch waren für mich schon sehr prägend. Von daher geh ich natürlich recht kritisch rein und es ist sicher auch eine Hürde, dass ich die Geschichte bereits im Vorfeld kenne. Aber ich glaube, wenn man diese Faktoren sauber weg rechnen könnte, käme weiterhin Enttäuschung raus. Umso lieber würde ich nun sehen, was Cary Fukunaga mit seiner Arthouse-Herkunft daraus gemacht hätte. Die Muschiettis sind jedenfalls aus meiner Sicht keine gute Wahl gewesen.

"It" ist aber nicht schlecht. Die Darsteller sind gut und als "normaler" Horrorfilm taugt er, für unvoreingenommene Teenager sowieso. Die vielen Jump Scares, der harte Sounddesign-Terror und die creepy Set- und Monster-Designs sind nicht völlig wirkungslos. Das ist die klare Handschrift der Muschiettis, das können sie. Aber Stephen Kings Stil und Atmosphäre einfangen? Davon keine Spur.

Die Entscheidung, im ersten Film nur die Zeitebene der Kinder zu beleuchten, kann ich verstehen. Produktionstechnisch macht es das leichter zu stemmen und durch die nun lineare Struktur ist das filmische Erzählen schön direkt und unverschachtelt. Angeblich ist diese Idee bereits unter Fukunaga entstanden. Bei den Muschiettis ist in Interviews durchzuhören, dass sie die Flashback-Struktur des Buches eigentlich mochten, aber als sie dazukamen, sei es wohl schon zu spät gewesen, da noch daran zu rütteln. Das Drehbuch stand bereits.

Wie dem auch sei, ich halte die Umstrukturierung für einen Fehler. Die lovecraft-typische zeitliche Verschachtelung ist ein essentielles Element des Gruselfaktors. "Es" ist wieder da. Immer noch da. "Es" kann nicht so leicht besiegt werden. Kehrt immer wieder zurück. Dadurch, dass sich die Loser kollektiv erinnern müssen, wird auch das Grundthema des Buchs deutlich. Die Einwohner von Derry schauen nicht nur weg, sie vergessen auch. Wir Menschen schauen immer wieder mal weg und vergessen und haben Schwierigkeiten, uns präzise zu erinnern. Deswegen ist es auch so wichtig, sich zusammen wieder zu erinnern, so wie es der Losers Club tut.

Gerüchten zufolge geschah der Split mit Cary Fukunaga, da er sich unter anderem Gedanken über die berühmt-berüchtigte "Gangbang"-Szene gemacht hat. Die Muschiettis hatten von Vornherein null Interesse an dieser Kontroverse und halten die Szene für ein unnötiges Symbol für das Erwachsenwerden der Kinder. Was aber falsch ist, King hat die verstörendste Szene des ganzen Buchs nicht einfach zum Spaß als reinen Symbolakt geschrieben. Er hat selbst mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass es der entscheidende Schlüssel für die Verbindung beider Zeitebenen ist, der entscheidende Schritt gegen das Vergessen. ***SPOILER***Die sieben Loser können "Es" nur besiegen, wenn sie es gemeinsam bekämpfen. Es braucht ein gemeinsames Erlebnis, das sie nie vergessen werden. Pervers? Sicher. Aber innerhalb Kings Erzählung logisch nachvollziehbar und vollkommen konsequent. ***SPOILER***In der Neuverfilmung kommt das (rein freundschaftliche) Bonding dagegen erst am Ende, als Belohnung, nicht als Schutzmaßnahme und auch nicht als magisches Ritual hin zu etwas, was normale kindliche Blutsbrüderschaft bei weitem übersteigt.

Mir ist klar, dass eine Sexszene zwischen Kindern hochproblematisch ist, aber ich kann absolut verstehen, warum sich Fukunaga diesbezüglich Gedanken gemacht hat. Denn das ist die Nuss, die es hier für eine gute Verfilmung zu knacken gegolten hätte. Das Design von Pennywise (nun in verblichenem 19.-Jahrhundert-Kostüm und mit überdeutlichem Monster-Look) ist dem gegenüber völlig irrelevant.

Anstatt sich also mit dem Wesenskern des Romans auseinander zu setzen, bekommen wir einen stinknormalen Horrorfilm mit den üblichen Klischees. Alle Antagonisten sind z. B. viel zu deutlich gezeichnet, mehr Naturalismus und Ambivalenz (siehe "The Witch" z. B.) hätte hier Wunder gewirkt. Auch gerade, wenn es der Einfluss von Pennywise sein soll - denn warum sollte das Böse in der unmittelbaren Nachbarschaft so offen erkennbar sein?

Stellenweise macht es der Film dank der betont sympathischen Hauptfiguren ganz gut und erinnert positiv an "Stand By Me". Dann mutiert er aber auch immer wieder mal zu einer aufgedrückt-liebevollen 80er-Jahre-Komödie mit guten, aber viel zu vielen Gags. Einfühlsam und schön nostalgisch, aber sind wir nicht auch zum Gruseln gekommen? Deswegen immer wieder mal handelsübliche Horrorschocker-Szenen. Vielleicht finden manche diesen wilden Genremix toll, aber auf mich wirkte das in keinster Weise durchdacht.

Gut möglich, dass der neue Film genauso erfolgreich wird wie der alte. Und wieder Heerscharen von Jugendlichen prägen wird. Die dann als Erwachsene alle Flaws vergessen haben werden. Zu wünschen wäre aber, dass wir nicht vergessen, warum und wieso wieder einmal etwas verkorkst wurde, was ernsthaft großartig hätte sein können.

war im Metropol, Stuttgart

Roughale * 10.0

Ha Ha Said the Clown

Als ich zuerst von dem Projekt gehört hatte, war ich eher abgeneigt, zum einen, weil ich die TV-Version passabel fand, wenn man berücksichtigt, dass ich das Buch für schwer verfilmbar ansehe. Dann kamen die ersten Bilder vom Clown und ich mochte sein kindhaftes Aussehen nicht und ich fand Tim Curry genial in der Rolle, aber abgeschrieben habe ich den Film erst mal gar nicht, dazu wollte ich erst mal Tendenzbewertungen abwarten, nicht dass ich in so ein Dilemma à la The Dark Tower reinschliddere. Dank des Umstandes, dass die Opening Night des FFF für mich eine Pflichtveranstaltung ist, konnte ich das auch ignorieren und mir mein eigenes Bild machen und wie gut, dass es so gekommen ist!

Ich halte die Neuverfilmung (auch wenn es nur die erste Hälfte ist) für extrem gut gelungen und bei mir reiht sie sich locker ganz oben bei den gelungenen Kingverfilmungen mit ein, also bei Stand By Me, Carrie (natürlich nur das Original!), The Dead Zone, etc. Da stimmte aus meiner Sicht fast alles:

- sehr talentierte und glaubhaft wirkende Kinderdarsteller
- gute Schauermomente, bestehend aus gut getimeten Jump Scares und einer generell spannenden Atmosphäre
- guter Transfer des Buchinhalts auf im Film funktionierende Sachen und das Weglassen von Sachen, die im Film nicht funktionieren würden
- gelungener Zeitversatz in die 80er, um den zweiten Teil in der Jetztzeit spielen lassen zu können
- und bestimmt noch einiges, das ich gerade vergessen habe. ;-)

Ich will mich gar nicht auf den Inhalt stürzen, der sollte bekannt sein, ich würde gerne den Film nochmal mit jemandem sehen, der weder Buch, noch die TV-Version kennt und neugierig beobachten, könnte sehr unterhaltsam sein.

Fazit: Klasse Film, da kann ich nur die Höchstwertung geben, wer mich kennt weiß, wie ich da verfahre, wer nicht, kann das gerne als Anreiz ansehen, sich den Film anzusehen - das ist der eigentliche Sinn!

Danke an die Veranstalter für diese hervorragende Wahl zur Eröffnung, dafür hattet ihr ja schon fast immer ein gutes Händchen, aber diesmal war die Wahl extrem gut gelungen, für mich einer der besten Opening Night Filme meiner seit Beginn andauernden FFF-Treue.

saß im Savoy, Hamburg

ArthurA * 8.0

Unheimliche Version von Stand by Me

Im Vorfeld lag sowohl in den Medien als auch bei den Fans der Vorlage und der (schlecht gealterten) Miniserien-Adaption von 1990 der Fokus auf der Besetzung des Clowns Pennywise, der durch Tim Currys grandiose Performance zu einer Horrorikone und dem Sinnbild eines Horror-Clowns wurde. Doch wenn man den Film sieht, merkt man schnell, wie viel wichtiger die Besetzung der Kinder war als die von Pennywise, und zum Glück ist diese ausnahmslos gelungen. Bereits nach wenigen Minuten, in denen wir Bill gemeinsam mit Eddie, Richie und Stan erleben, nimmt man den vier sofort ihre Freundschaft ab, und die anderen drei fügen sich nahtlos ein. Keins der Kinder wirkt überflüssig in der Gruppe, jedes hat eine eigene Rolle im Geschehen zu spielen und alle jungen Darsteller wirken ausgesprochen natürlich in ihren Rollen. Jeder Filmfan weiß, dass gute Kinderdarsteller nicht selbstverständlich sind und eine alte Weisheit des US-Komikers W.C. Fields besagt, man solle nie mit Kindern oder Tieren arbeiten. Umso beeindruckender ist es, dass hier der komplette Film von sieben Kindern getragen wird, ohne einen einzigen Ausfall. Nicht nur haben sie wunderbare Chemie und lässigen Umgang miteinander, sodass ihre feste Freundschaftsbande und die "einer für alle, alle für einen"-Einstellung sehr authentisch wirken, sie verhalten sich auch realistisch im Angesicht der unbeschreiblichen Schrecken, die ihnen begegnen. Sie haben spürbare Angst und sie stellen sich dem Monster widerwillig, weil sie wissen, dass ihnen sonst niemand helfen wird. Es ist erfrischend, wenn Richie die Gruppe wiederholt ermahnt, dass sie nur Kinder sind, die im Sommer draußen Spaß haben sollten, anstatt in der Kanalisation oder heruntergekommenen Häusern einem Monster hinterherzujagen.

Obwohl alle Kinder wirklich gut besetzt sind, bleibt die Figurenzeichnung bei den meisten alleine schon aus Zeitgründen eher oberflächlich, mit der Ausnahme von Bill und Beverly. Die Darstellerin der letzteren ist besonders hervorzuheben. Newcomerin Sophia Lillis ist eine schauspielerische Wucht, die jede ihrer Szenen an sich reißt und am Ende noch deutlich mehr in Erinnerung bleibt als Pennywise und seine Trickkiste. Nach außen hin mutig und beherzt, versteckt sie tief sitzende Wunden***SPOILER***, die ihr durch ihren Vater zugefügt wurden. Der Kampf gegen Es ist für sie zugleich auch die Emanzipation von einem noch größeren und ihr deutlich näheren Ungeheuer. Lillis erinnert an eine junge Amy Adams mit entsprechend ausgeprägtem Talent (ironischerweise wird sie demnächst in der HBO-Miniserie "Sharp Objects" sogar eine junge Version von Adams spielen) und wenn die Academy Genrefilme nicht ignorieren würde, wäre sie eine klare Kandidatin für eine Nebendarstellerin-Oscarnominierung. Ja, sie ist so gut!

Man kommt natürlich nicht umhin, auch die Performance von Skarsgård als Pennywise anzusprechen. Angelegt als eine Mischung aus Heath Ledgers Joker (der goldene Standard für Bösewichte heutzutage, wie es scheint) und Robert Englunds Freddy Krueger, ist sein Pennywise weniger aufrichtig gruselig, sondern viel eher unheimlich und, aus Mangel an einem besseren Ausdruck, fucked up. Dieser Pennywise spielt mit seinen Opfern, verhöhnt sie und schickt sie, ähnlich zu Freddy, in ihre ganz eigenen Albtraum-Szenarien. Die Make-up- und Effektekünstler holen sehr viel aus Pennywise heraus. Im Gegensatz zur alten Miniserie ist das Monster hier noch viel weniger auf eine bestimmte Form festgelegt, sodass Pennywise gar nicht so viele Auftritte hat, wie man vielleicht vermuten würde. Vielmehr macht sich Muschietti die formwandelnden Eigenschaften des Monsters aus dem Roman zunutze und ließ seiner Vorstellungskraft freien Lauf, was insbesondere beim großen Showdown zu einigen echt spektakulären visuellen Eindrücken führt (insbesondere in einem IMAX-Kino, in dem ich den Film sah), die im Gedächtnis haften bleiben.

Was Andy Muschietti in Es nicht schafft, ist es, dem Film einen ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Wie schon bei seinem Regiedebüt Mama zeigt er wieder, dass er ein solider, sicherer Horror-Regisseur ist, dessen Stärken aber mehr bei den Charakteren und weniger bei der Atmosphäre liegen. Muschietti ist (noch) kein Visionär und bei den Gruselszenarien seines Films bedient er sich freilich bei Vorbildern wie Guillermo del Toro, Wes Craven und sogar Nicolas Roeg, dessen Klassiker "Wenn die Gondeln Trauer tragen" in einer Szene ganz spezifisch zitiert wird. Er imitiert gut, ohne große Patzer (von seiner Vorliebe für Effekte vielleicht abgesehen), doch es fehlt das letzte Bisschen der eigenen Vision und Originalität zum Meisterwerk-Status. Lob gebührt jedoch definitiv dafür, dass das Gefühl, das Stephen King in seinem Roman erzeugt, sehr gut getroffen wird. Erfreulich ist auch, dass Muschietti der Versuchung widersteht, auf den Erfolgszug von "Stranger Things" aufzuspringen und sich in der Achtziger-Nostalgie zu suhlen. Das Setting ist schon klar definiert (Lethal Weapon 2 und Batman spielen im Kino, Richie zockt "Street Fighter"), die Geschichte wirkt aber zeitlos.

Erstveröffentlichung

Umelbumel * 5.0

Gesehen und vergessen

"ES" macht das, was ein Horrorfilm heutzutage gerne macht bzw. machen muss, um sein Publikum zu finden und zufriedenzustellen. Aber letztendlich ist es einfach purer Wahnsinn, dieses unendlich dicke Buch in 2 Kinofilme packen zu wollen. So wirkt ES trotz seiner langen Spielzeit von Anfang an ziemlich gehetzt. Die ruhige und chillige Atmosphäre der Vorlage fühlt man nur selten. Dafür gibt es viele Fratzen, Jump-Scares und ein schön ödes Finale. Auch ist es schade, dass auf alle verrückten, wahnwitzigen und recht trashigen Elemente verzichtet wurde. Das kann ich aus Studio-Sicht natürlich nachvollziehen, man möchte es sicher spielen. Den Zuschauer nicht verunsichern oder überfordern. Schließlich soll er nach dem Kinobesuch, auch wenn es ein Horrorfilm war, gut gelaunt den Saal verlassen. Mir erging es nach dem Film wie den Kindern in Derry: Nach dem Sehen ist alles schon wieder fast vergessen. Toll.

glotzte im Savoy, Hamburg

mdbnase * 8.5

Gelungene Aktualisierung des Grauens

Das Remake des TV-Zweiteilers kommt natürlich exakt 27 Jahre nach der ersten Verfilmung ins Kino. Die Erwartungen waren hoch und das Kino in Stuttgart beim Fantasy Filmfest daher auch ausverkauft. Anders als im Buch und auch der 1990er-Verfilmung wird hier lediglich der erste Teil der Geschichte (wenn man das so sagen kann, da im Buch ja zwischen den einzelnen Zeiten hin und her gesprungen wird) neu aufbereitet, was meiner Meinung nach eine gute Entscheidung ist.

Eine gewisse Skepsis war ob der bereits erwähnten hohen Erwartungen schon mit dabei, aber ich kann sagen, diese war unbegründet. Die Geschichte wurde, dem Alter des damaligen Fankreises entsprechend, angepasst und in die späten 1980er-Jahre verlegt, wodurch dem Fan des Originals ein neues Retro-Feeling vermittelt wird, welches aber auch absolut stimmig ist. Darum erinnert auch vieles an den ebenfalls auf einer Story von Stephen King beruhenden „Stand By Me“. Und auch das passt ausgezeichnet ins Bild, welches gepaart mit den Horrorelementen eine stimmige Gesamtatmosphäre ergibt. Besonders hervorzuheben sind die ausgezeichneten Jungdarsteller, die auch den einen oder anderen flotten Spruch von sich geben und auch Platz für visuell humorvolle Einlagen bieten.

Im Vordergrund steht dennoch die unheilvolle Bedrohung, sei es nun durch ES oder die realen Schreckgestalten, unter denen der „Club der Verlierer“ leidet. Auch eine weitere Befürchtung konnte schnell ad acta gelegt werden, nämlich die Darstellung und Inszenierung von Pennywise. Bill Skarsgård kann auf allen Ebenen überzeugen und schafft es, Pennywise eine wirklich unheimliche, bedrohliche Ausstrahlung zu verpassen, ohne Tim Curry nachzuahmen oder kopieren zu wollen. Da hatte ich ja schon meine Bedenken. Aber die Macher schaffen es, die unheimliche Bedrohung den modernen Sehgewohnheiten anzupassen und somit Pennywise auch einen neuen, ebenso erschreckenden Anstrich zu verpassen. Als Manko empfinde ich lediglich das Finale, welches durchaus intensiver hätte gestaltet werden können. Der Film kann ansonsten in allen Bereichen überzeugen, unterhält ebenso wie er fesselt und erschreckt.

Für beste Kinounterhaltung, der man Mainstream-Affinität allerdings nicht absprechen kann, ist hier auf jeden Fall gesorgt.

Erstveröffentlichung

war im Metropol, Stuttgart

Frank * 7.0

Casting Kunststück

Wenn ich mich an die Lektüre des Buches zurückerinnere oder Bemerkungen zu Details aus der Originalvorlage von Stephen King lese, stelle ich fest, wie präsent zwar einerseits meine Erinnerungen an schweißgebadete Nächte und furchteinflößende Beschreibungen sind, wie andererseits jedoch nach gut 30 Jahren die Details verloren gingen. Ich erspare mir daher tiefergehende Vergleiche außer der Feststellung, dass die erste TV-Vorlage der Dramaturgie des Buches nicht gerecht wurde und meines Erachtens eine schlechte Umsetzung war und dass gefühlsmäßig diese Neuverfilmung zwar immer noch ein ganzes Stück entfernt von der Wirkung des Buches ist, mit Bill Skarsgård jedoch einen adäquaten Clown gefunden hat. Die Entscheidung für eine Zeitlinie ist sicher ein großer "Eingriff" und aus ökonomischer Sicht nachvollziehbar. Durch diese Begrenzung ist der Film vermutlich leichter zu inszenieren und besser konsumierbar. Möglich aber auch, dass durch die strukturelle Änderung wichtige Zusammenhänge nicht verstanden oder überhaupt bearbeitet werden können.

IT wird wohl der dem Mainstream am meisten zugewandte Film dieses FFF-Jahrgangs sein. Da Coming-of-Age-Filme auf dem Festival 2017 ein zentrales Thema sind und IT sowohl Fantasy, Horror als auch Drama zugleich und darüber hinaus ausgesprochen reich an Humor ist, scheint er als Opener geradezu prädestiniert und war sicher eine gute Wahl. Für mich persönlich braucht es jedoch allgemein als Eröffnungsfilm nicht so eine große (Mainstream-) Produktion.

Wie funktioniert ES nun als Horror-Film?

In meinen Augen nicht gut bzw. nur bedingt. IT baut hier und da ein bisschen gruselige Vorfreude und Atmosphäre auf, zerstört sie dann aber mit Jump Scares und Clown-Gesicht-Fratzen. Oder er kreiert intensive und furchteinflößende Momente ***SPOILER***(Diashow), scheitert aber daran, diese in einen größeren atmosphärischen Kontext einzubetten. Die Folge ist, dass die Szenen eher fragmentarischen Charakter haben als kontinuierlich ein Spannungsumfeld des Unwohlseins aufzubauen. Was fehlt, sind Tiefe und Sog. Trotz ganz ordentlichen, effektvoll unterstützenden Soundeffekten und einigen scary Schockmomenten, die mich richtig erwischt haben, verwundert es daher nicht, dass das Finale ***SPOILER***so schwach ist und in einem wenig furchteinflößenden, blödsinnigen Gekloppe endet.

Stattdessen funktioniert IT auf der Drama- und Humor-Ebene seines Coming-of-Age-Grundthemas ganz ausgezeichnet. Was dem Horror-Aspekt an atmosphärisch-gruseliger Tiefe fehlt, findet sich hier umso mehr an emotionaler Tiefe. Grandios gecastet (allen voran und ganz weit vorn, so schnell nicht vergessen und vermutlich mit großer Zukunft im Genre: Sophia Lillis als Beverly Marsh!), konnte ich gar nicht genug davon kriegen, den Jungdarstellern bei ihren Entdeckungstouren, Genecke, Geblödel, den charmanten Unsicherheiten zwischen Mädchen und Jungen oder ihren weniger angenehmen Erfahrungen mit ihren Eltern(teilen) zuzuschauen. Das wirkte auf mich sehr überzeugend gespielt, und ich denke, man muss dem Regisseur Andy Muschietti an dieser Stelle auch eine gute Schauspielführung zusprechen. Nicholas Hamilton, der den bösen Jugendlichen Henry Bowers spielt, sieht aus wie Kevin Bacon in FLATLINERS.

Der Humor ist eine weitere große Stärke. Die "New Kids on the Block" wurden nicht verschont und es gab großes allgemeines Publikumsgelächter in einer weiteren Szene, die ich natürlich hier nicht spoilern werde.

Die Wahl für das 80er-Jahre-Setting sagte mir sehr zu, die Musikauswahl spiegelt jedoch nicht meine persönliche Creme de la Creme der Zeit wider. Die Soundeffekte hingegen sind da wesentlich besser.

Insgesamt ein zweischneidiges Schwert. Als Horror-Verfilmung hält die Umsetzung leider trotz einiger guter Ansätze (wie z. B. die Metamorphosen des Clowns oder die Erkenntnis von Bill ***SPOILER***im Finale, dass es nicht sein kleiner Bruder Georgie ist, der ihm gegenüber steht) zu sehr an der Präsenz des Clowns fest und lässt die Gefahr letztlich mehr als Bedrohung von außen erscheinen als ursächlich eine von inneren Ängsten. Wenn ich dagegen an Poltergeist denke...
Als Coming-of-Age-Drama hingegen funktioniert IT mit seiner starken Besetzung auf der ganzen Linie, ist voller Esprit und Humor und einfach nur sympathisch.

Nach drei Tagen bin ich doch ein wenig überrascht wie schnell der Film verblasst. Die knappen 7 Punkte gibt es für den Coming-of-Age-Teil und die beeindruckende Performance der jungen Schauspieler.

war im Savoy, Hamburg

André Hecker * 8.0

Wohl kaum eine andere Geschichte hat so viele Kindheitstraumata verursacht wie Stephen Kings ES/IT. Die grausige Geschichte um den Losers Club, der gegen das Böse kämpft, ist legendär, sowohl in der geschriebenen als auch der verfilmten Form. Tim Curry verkörperte Pennywise im Original unfassbar gut und bescherte vielen Menschen eine Clown-Phobie.

Im Jahr 2017 darf Andy Muschietti (Mama, 2013) diesen Stoff nun neu verfilmen, wobei der Film nur die Jugendzeit des Losers Clubs beleuchtet, ein zweiter Teil ist für 2019 angesetzt. Das Remake orientiert sich insgesamt natürlich stark am Original und ist teilweise sogar etwas näher am Buch als der Film von 1990. Dabei ist er insgesamt vor allem grafischer und direkter, was allerdings nicht jedem gefallen muss. Spielte sich vieles, vor allem Grausiges, damals noch in der Phantasie des Zuschauers ab, wird im Remake mit Gewalt und Abscheulichkeiten nicht gegeizt. Der Schrecken und ES hat stets eine Form und kommt deutlich plakativer daher. Die Wirkung wird dabei jedoch nicht verfehlt. Insgesamt wechselt die Optik stets zwischen freundlich und hell und dunkel und bedrohlich. Das wirkt sehr stimmungsvoll, kündigt aber auch meist damit schon die nächste Schreckenssequenz an. Leider hält sich der Film auch mit Jump Scares nicht zurück, was er nicht gebraucht hätte. In die Rolle des bösen Clowns schlüpft diesmal Bill Skarsgård, der seine Sache wirklich gut gemacht hat und Pennywise schön fies wirken lässt. Auch seine Bewegungen sind sehr surreal und unheimlich.

Eine weitere wichtige Grundlage des Originals ist die Freundschaft und unbändige Phantasie des Losers Clubs und ihrer alltäglichen Probleme als Heranwachsende. Die Jungdarsteller sind durch die Bank weg hervorragend, allen voran Finn Wolfhard (Stranger Things), der den vorlauten und frechen Richie verkörpert. Die Kids versprühen einen fantastischen "Stand By Me"-Vibe, der ihre starke Verbindung stets herausstellt. Man fiebert von der ersten bis zur letzten Minute mit ihnen mit, ist wütend, wenn sie von den Bullys der Schule aufgemischt werden. Dieser Teil des Films ist im Grunde auch viel wichtiger und stärker als der Horror-Anteil.

Was leider etwas auf der Strecke bleibt, ist die jugendliche Naivität und die Phantasie, mit der sie im Original gegen ES vorgehen. ***SPOILER***Der Losers Club besiegt das Böse, weil sie es sich vorstellen und in ihren Köpfen simple Dinge zu Waffen werden. Im Remake ist es die Freundschaft und der Zusammenhalt, die das Böse bezwingen können. Nur gemeinsam ist man stark. Immer noch eine schöne Message, aber nicht ganz am Original.

Zudem wirken einige Effekte etwas übertrieben und gegen Ende häufen sich zudem viele CGI-Effekte, die als praktischer Effekt deutlich besser gewirkt hätten. Hier wäre etwas weniger mehr gewesen.

Insgesamt ist IT ein rundum gelungenes Horror-Remake, mit einem großartigen Bill Skarsgård, genialen Jungdarstellern und großartiger Atmosphäre. Der Coming-of-Age-Part ist richtig stark, der Horror-Anteil etwas zu plakativ, aber immer noch wirksam.

In dem Sinne: GO LOSERS!

Erstveröffentlichung

verweste im Savoy, Hamburg

Lovecraft * 7.0

Want A Balloon?

"Wir alle schweben hier unten" – wem es bei diesem Zitat aus Stephen Kings Opus Magnum nicht auch kalt den Rücken runterläuft, sollte sich unbedingt die Buchform der 1986 erschienenen, ungemein packenden Urmutter der grassierenden Clownhysterie gönnen. Die Neuauflage von Andy Muschietti ist nach dem alten Fernsehzweiteiler höchst willkommen – kratzte man die dortige Nostalgiepatina herunter, kam unter der weißen Schminke eine eher mäßige Verfilmung der Schrecken von Derry zum Vorschein, Tim Currys Maßstäbe setzende Performance ausdrücklich ausgenommen.

Auch die Neuinterpretation stellt sich letztlich nicht als der absolute Überflieger heraus, entpuppt sich aber doch insgesamt als eine sehr gelungene Neuinterpretation mit dem zu erwartenden hohen Niveau hinsichtlich der Production Values. Abstriche gibt es jedoch beim Drehbuch: Die "Coming of Age"-Bestandteile sind tadellos, streckenweise wähnt man sich tatsächlich in "Stand By Me", und gerade der Kindercast spielt in der Tat ausgezeichnet. Die Horrorelemente wirken dagegen oftmals etwas gehetzt, man kann den Eindruck gewinnen, als müsse der Regisseur hier eher bemüht seine Strichliste abarbeiten.

Insgesamt ist der Streifen aber durchaus zu empfehlen. In Berlin sorgte der zum Abspann durch den vollbesetzten Kinosaal schwebende rote Ballon für zusätzliches Flair.

Und ja, keine Sorge, Bill Skarsgård als neuer Pennywise macht seine Sache sehr gut.

staunte im Cinestar, Berlin

D.S. * 7.5

War ES das?

Als ich Stephen Kings ES 1986 las, war ich völlig überwältigt. Ich war im selben Alter wie die jugendlichen Hauptfiguren, fand mich in ihrem Erleben und ihren Ängsten wieder – und wurde genau wie sie durch die Erscheinungen eines ewigen, namenlosen Bösen bis ins Mark gegruselt. Als ich dann 1990 oder 91 die TV-Verfilmung sah, war ich schwer enttäuscht. Vom Mangel an Atmosphäre, Bedrohlichkeit und vor allem Charisma der Figuren, die wie zweidimensionale, leblose Abziehbilder der Buch-Charaktere wirkten.

Das ist lange her. Das Buch habe ich seitdem noch mehrmals gelesen, die Erstverfilmung noch einmal ertragen und das Thema ES dann irgendwann gedanklich beiseite gelegt. Wobei die Geschichte für mich immer DIE definierende für die Kraft in (Teilen von) Stephen Kings Werk blieb.

Mich verbindet also durchaus eine Vorgeschichte mit dem Thema – und in der Betrachtung der Neuverfilmung kann ich mich nicht von ihr freimachen. Die Kurzversion: die TV-Fassung wird von Muschiettis Adaption in Grund und Boden getrampelt. An die Wirkung des Buchs kommt diese jedoch nicht ansatzweise heran.

Das liegt meiner Meinung nach weniger daran, dass auf die verschachtelte Erzählweise des Romans mit seinen permanenten Zeitsprüngen verzichtet wird. Was im geschriebenen Wort gut funktioniert – bei dem der Leser ohnehin seine eigenen Fassungen der Figuren und Lokalitäten vor Augen hat, wo diese sich im Zwischenzeitraum von 27 Jahren vielleicht gar nicht mal so großartig verändert haben –, kann verfilmt zu erheblichen Schwierigkeiten im Aufbau und Erhalt von Spannung und Atmosphäre führen. Was wir bei Lawrence D. Cohens Drehbuchadaption zur ersten Hälfte von IT (1990) ja erleben konnten. Der gute Mann schrieb übrigens ebenfalls das Drehbuch zu CARRIE. Und wollte auch damals dem verschachtelten Aufbau der Romanvorlage folgen. Brian De Palma nicht.

Vielmehr liegt das daran, dass Muschiettis IT – in seinen Horror-Aspekten – genau so wirkt wie jeder verdammte andere hochbudgetierte Horrorfilm der letzten Jahre. In seiner Ästhetik glattgebügelt, in seinem Aufbau erlebnis- bzw. höhepunktgetrieben. Ja, es gibt hier einige beeindruckend düstere, unbehagliche Szenen zu sehen; nein, der Horror basiert nicht ausschließlich auf Jump-Scares. Aber doch, sie stehen klar im Vordergrund. Und kommen oft ähnlich intensiv wie bei, natürlich, MAMA herüber, erinnern aber nicht zufällig in ihrer Formelhaftigkeit auch oft an reine Mainstream-Filme wie ANNABELLE (für den Co-Autor Gary Dauberman das Drehbuch schrieb). Allerdings kann man nicht abstreiten, dass Bill Skarsgård als Pennywise-Inkarnation des Bösen erheblich furchteinflößender ist als die meisten seiner Zeit-/Genregenossen. Jedoch nicht immer. Denn auch bei ihm gilt, wie bei einigen anderen Monster-Wesen im Film: Hinsichtlich der Make-up-/Masken- und CGI-Effekte ist die Grenze zwischen Bedrohlichkeit und Lächerlichkeit hier manchmal eine schmale.

Entscheidend ist aber, dass es dem Film – allen Schocks und Gruselmomenten zum Trotz – nicht gelingt, eine kontinuierliche bedrohliche Atmosphäre aufzubauen. Hier werden eher Szenen abgehandelt, als dass ein dichtes Gesamtbild gezeichnet wird.

Diese Kritik gilt jedoch nicht für den anderen Handlungsanteil des Films. Wie ja schon von anderen mehrfach betont, überzeugt IT (2017) als Jugenddrama mit Coming-of-Age-Ansätzen auf voller Linie; man fühlt sich hier tatsächlich wie in eine aktualisierte, ernsthaftere und vielschichtigere Fassung von STAND BY ME hineinversetzt – die insbesondere aufgrund des gelungenen Castings und der großartigen Harmonie zwischen den jugendlichen Hauptdarstellern funktioniert. Zu einem großen Teil kennt man diese bereits, etwa aus Genrestoffen wie MIDNIGHT SPECIAL oder natürlich STRANGER THINGS, zusammen vor der Kamera standen sie aber meines Wissens noch nie. Hier spielen sie dennoch, als wären sie seit Jahren die engsten Freunde. Wobei sich der Film leider etwas zu stark auf das vermeintliche Traumpaar Bill und Beverly konzentriert, aber das sei ihm verziehen.

Was ich ihm allerdings nicht verzeihen kann ist die Entscheidung, auf die wichtigste Szene der gesamten Romanvorlage komplett zu verzichten. Die Szene, die den finalen Kampf des „Klubs der Verlierer“ gegen Es erst möglich gemacht hat. Die Szene, die Kindheit und Erwachsenendasein der Figuren miteinander verknüpft. Sind wir 2017 wirklich so prüde, dass Körperlichkeit bei Jugendlichen für nicht mehr als ein, zwei kleine Witzchen herhalten darf?

Wie auch immer: Für sich betrachtet, als gewöhnlicher, moderner Teenie-Horrorfilm, gehört IT (2017) zur aktuellen Spitzenklasse. Vor den genannten spezifischen Hintergründen: Sehenswert, unterhaltsam, aber weit von einem Klassiker entfernt. 7,5/10 Punkte.

war im Cinestar, Frankfurt

Leimbacher-Mario * 9.0

Coming-of-Clownsage

"It" ist auf dem besten Weg zum erfolgreichsten Horrorfilm aller Zeiten. Das hat er verdient. Sicher ist er nicht der beste Grusler aller Zeiten, er ist jedoch zumindest erstaunlich effektiv, emotional, klassisch und wunderschön melancholisch. Sogar ein wenig mutig für einen recht großen Studiofilm (obwohl er budgettechnisch heutzutage fast schon wieder klein ist). Ich bin ziemlich begeistert! Komplett anders und etwas glatter als der TV-Zweiteiler aus den 90ern, der übrigens zufälligerweise genau 27 Jahre her ist, etwas "Stranger Things", Classic Spielberg und moderne Jumpscares in den Mix - fertig ist ein Thrillride mit Herz und Seele. Genauso sehr Coming-of-Age-Jugenddrama wie Horrorfilm. Stephen Kings Epos wird würdig wiedergeben oder zumindest angefangen, da der Erwachsenenteil ja noch kommt. Es geht um den Losers Club, eine Clique in der US-Kleinstadt Derry, die nicht gerade zu den coolsten Kids zählt, um es mal vorsichtig auszudrücken. Doch neben furchtbaren Eltern und terrorisierenden Bullies müssen die Jungs und das Mädel sich mit einem noch viel fieseren Bösewicht herumschlagen: der Pubertät. Und natürlich Pennywise, dem kinderfressenden Clown, den man als Manifestierung der Angst und des puren Bösen beschreiben kann.

"Es" ist eines von Kings dicksten, mächtigsten Büchern und die Macher tun gut daran, den Film in zwei Teile zu splitten. Hier steht mal nicht nur der doppelte Dollar dahinter. Man merkt in etlichen Szenen den Beteiligten sowohl ihr handwerkliches Können wie auch ihr Fansein vom Meister des literarischen Schreckens an. Allein audiovisuell ist das Ding eine solche Wucht, dass es mir öfters die Armhaare hochgestellt hat. Fans der 80er und des aktuellen Retro-Chic kommen voll auf ihre Kosten und können sich fast in den Details verlieren, ohne dass diese Nostalgieschiene zu aufdringlich wirkt. Bill Skarsgard macht sein ganz eigenes Ding und ist fast noch gruseliger und ursprünglich böser als Curry vor fast 30 Jahren. Seine fantastische Leistung kann sogar massiver CGI-Einsatz nicht übertünchen. Besonders gelungen sind überraschende neue, angstgespeiste Gestalten, die er annimmt, was der Figur Pennywise noch mehr Kante und Mysterium verschafft. Es gibt wirklich Passagen, wo man sich vor Angst in den Kinosessel presst und gleichzeitig vor Spaß dabei über beide Backen grinst. Diese Kombi bekommen nicht mehr viele große Horrorfilme heutzutage hin. Geisterbahnen, an die das jugendliche Treiben manchmal erinnert, ebenso wenig.

Muschietti hat nicht nur Liebe für die Vorlage, er weiß auch ganz genau, worauf es bei einem guten Horrorfilm ankommt. Nämlich auf Figuren, mit denen man mitfiebert, die man mag, die nachvollziehbar und sympathisch sind, wenn möglich sogar interessante Entwicklungen durchlaufen. Und all das schafft er hier mehrfach. Der Losers Club funktioniert einfach. In Sachen Chemie, Humor, Naivität, Echtheit und Emotionen, an die wir uns alle noch allzu gut erinnern. Was für eine grandiose Kindergruppe, mit Sicherheit mit einigen zukünftigen Sternchen gespickt. Das müssen die großen Stars als ihre erwachsenen Pendants in der Fortsetzung erstmal besser machen. Manchmal wirkt ihr clowntastisches Abenteuer etwas repetitiv, wie Malen-nach-Horrorzahlen. Doch das ist Meckern auf extrem hohem Niveau. Die lange Laufzeit wird nie zu zäh und lässt dem Geschehen und den Freundschaften, dem Grusel wie den Liebeleien erfreulich viel Spielraum. Die Freude zum Detail ist einfach ein Genuss und steht dem Buch in nichts nach, selbst wenn natürlich viel geändert wurde. Details auch in Sachen purer Horror, wenn z. B. eine Frau in der Bibliothek ganz hinten und unscharf im Bild auf einen unserer Protagonisten stiert, am helllichten Tag (!), dann ist das ganz großes Gänsehautgruseln. "Es" trifft den Zahn der Zeit und wird eine ganze Generation prägen, verändern, grandios unterhalten. Noch viel mehr, als es die erste filmische Adaption vor Jahrzehnten mit uns tat. Denn sie ist noch besser.

Fazit: Das Jahr des Clowns - "It" erfüllt alle meine Erwartungen und ist der (Mainstream-)Horrorfilm des Jahres. Eine der besten aller King-Verfilmungen zudem. Ein famoses Gruselkabinett der Angst, des Spaßes, der Jugend und des Zusammenhalts. Wird die aktuelle Generation noch wesentlich stärker prägen als uns der TV-Film in den 90ern.

Alexander * 5.0

27 Years Later

Ich möchte den Rosebuddies aufrichtig dazu gratulieren, diesen Film quasi als gut funktionierendes "Zugpferd" für das diesjährige Fantasy Filmfest gewonnen zu haben. Das macht aus der Neuverfilmung von "IT" zwar noch keinen guten Film, trägt aber sicher dazu bei, uns Fans den Fortbestand des von uns so geliebten Festes auch in der Zukunft zu sichern. Denn am Ende des Tages geht es ja doch nur um Kohle und die dürfte "IT" auf die brutalmöglichste Weise auch eingespielt haben.

Habe ich jetzt Eure Aufmerksamkeit? Gut. Ich gehöre zu den Menschen die bereits vor 30 Jahren King-Romane verschlungen, und auch die TV-Produktion mehrfach konsumiert haben, und dies seinerzeit mit großem Genuss, da mir die Charakterzeichnung und Tiefe der Verfilmung, die den "Erwachsenen"-Teil mit einschließt, damals extrem gut gefallen haben. Special Effects & eine aufwendige Produktion waren für mich damals wie heute sekundär, solange die Story packend umgesetzt ist. D. h. das ich wie einige andere von Euch die Geschichte in- und auswendig kenne. Das macht mich zwar noch nicht zu einem willenlosen, unkritischen Jünger von Mr Stephen "The Master of Horror" King, aber sagen wir mal das ich "IT" seinerzeit wirklich sehr schätzte, und zwar besonders wegen der hochkomplexen Beschreibung der Charaktere und den beiden Zeitebenen halber. Leider fehlt in der Neuverfilmung aber gleich beides.

Nun wurde in den zahlreichen Reviews eigentlich schon alles nennenswerte über den Film gesagt, sowohl im positiven, als auch im kritischen Sinne. Es ist mir aber ein unbedingtes Bedürfnis, mit den überschwänglichen, ja nahezu euphorischen Lobeshymnen etwas aufzuräumen, die "IT" meiner Meinung einfach nicht verdient hat.

Denn objektiv betrachtet ist die Neuverfilmung reines Blendwerk und ganz im Sinne der meisten neuen, kommerziellen "Horror"-Filme des letzten Jahrzehnts, darauf gemünzt, eine möglichst breite Zahl von Besuchern anzusprechen. Ein Rezensent schrieb, dass der Film gerade NICHT nur die Dollars im Auge hätte und sich deshalb nur auf den Teil mit den Kindern beschränkt habe. Dem möchte ich doch mal widersprechen. Lässt sich mit ZWEI Filmen denn nicht mehr Kasse machen, als mit nur EINEM?

Warum mag ich "IT" also nicht? Ganz einfach: Weder sind, bis auf 2 oder 3 Ausnahmen, die Charaktere besonders fein gezeichnet (einigen Jungs geht in der Neuverfilmung fast die gesamte Charakterisierung und der Eltern-Hintergrund ab, was angesichts der relativ langen Laufzeit und der Chance, die man hier vertan hat, unverzeihlich ist) noch bemüht sich Regisseur Muschietti sehr darum, eine der Romanvorlage unbedingt geschuldete, nachhaltige, düstere Atmosphäre aufzubauen, die meiner Meinung sogar in der TV-Produktion zu spüren ist. Abgesehen von der Eröffnungsszene und bei einigen wenigen der zahlreichen Clownszenen, schaffte es "IT" für mich einfach nicht, gruselig zu sein. Wirklich Angst hatte ich bei keiner einzigen Szene.

Die gezeigten Setdesigns entsprechen dem heutigen Mindestmaß bei Filmen solcher Art, sollten bei entsprechender Budgetierung ohnehin zu erwarten sein, und sind kaum nachhaltig beeindruckend, vermögen bei Newcomern des Genres aber über mangelnde Tiefenzeichnung hinwegtäuschen. Der bemühte 80er Jahre Indie-Soundtrack lässt Kennern dieser Musik die sehr viel passenderen Titel eingespielter Interpreten schmerzlich vermissen, und die im Kern besten Szenen der "Loser"-Gang finden sich bereits in der Erstverfilmung auf fast gleichem Niveau, zugegebenermaßen mit etwas eindimensionaleren Bildern, aber nichtsdestotrotz nicht weiter von der Vorlage entfernt als der Neuaufguss.

Was den Film nun wirklich von seinem Vorgänger abhebt sind, neben der sichtbar teureren Produktion, die unzähligen "Jump Scares", die mir nach einer Weile nicht nur wegen des dabei unterlegten Kawumm-Sounddesigns tierisch auf die Nerven gingen. Denn JA, der Film ist laut. SEHR laut. Wahrscheinlich wirkt auf die komplett schmerzfreie, abgehärtete Jugend von heute nichts anderes mehr, und das ist ja immerhin die wichtigste Zielgruppe für solche Filme. Sei’s drum.

Es ist dann aber genau diese repetitive Aneinanderreihung des eigentlich immer selben Effektes, der sich nur durch Kulisse und Kostüm zu unterscheiden vermag, der mir an "IT" besonders auf die Nerven ging. BUMM! KAWUMM! "Hast Du Dich jetzt endlich erschreckt ?" Nein Herr Muschietti, das habe ich nicht. Kein einziges Mal, dafür war die von Ihnen inszenierte Umsetzung der "Scares" viel zu vorhersehbar und generisch. Merke: Zuviel Lärm tötet JEDE Stimmung.

Was bleibt ist die Story, aber die konnte Muschietti ja kaum versauen, denn glücklicherweise stammt sie nicht von ihm. Aus reiner Melancholie, wegen der "Werk"-getreuen Umsetzung in den wenigen Szenen der fiesen Erwachsenen, einiger schönen Szenen des Clubs der Loser wegen (Das "Stand By Me"-like "Summer-Feeling" war wirklich nicht schlecht in Szene gesetzt) und weil ich "IT" damals wirklich geliebt habe, gebe ich ein paar Gnadenpunkte. Niemals verzeihen werde ich dem Regisseur und den Produzenten jedoch, dass sie aus "meinem" King-Meisterwerk einen gewöhnlichen Teenie-Horror für die ahnungslose Generation Raute gemacht haben.

Ihr lest immer noch? Danke. Es hätte vielleicht gereicht, wenn ich mich mit einem kurzen Satz einfach den Reviews von "Huan Vu" und "Umelbumel" angeschlossen hätte. Aber man möchte sich ja einbringen. ;-)

Tja, das war ES dann wohl. Jetzt muss ich wohl erneut 27 Jahre auf eine neue, vielleicht bessere Verfilmung meines Lieblings-King-Romans warten. Vielleicht dann mit der Besetzung der Erwachsenen durch die Darsteller der Kinder? Wer weiß.

MarxBrother81 * 7.0

Ich fand den TV-Film, die Erstverfilmung von 1990 als Kind sehr erschreckend und einprägsam. An der deutschen Erstausstrahlung auf Sat 1 kam damals eigentlich niemand vorbei. Heute ist das natürlich anders, da sich die Zeiten des Horrorfilms, der Kinounterhaltung und der Wahrnehmung natürlich verändert haben, und man für heutige Neuinterpretationen nun keine Ausnahmen mehr macht, sondern handwerklich hochwertigen, teuren Kommerz vor unabhängiger Kunst produzieren lässt. Will heißen: Pennywise, der damals kongenial von dem brillanten Tim Curry gespielt wurde, wird nun wie eine Art alienartiger Freddy Krueger in Szene gesetzt, der durch schnelle Schnitte und Jump Scares weniger durch seine physische Ausstrahlung in Erscheinung tritt. In einigen Passagen wirkt der verjüngte Killerclown wie eine Bugs Bunny-Figur mit abstehenden Augen und niedlicher Fistelstimme, die nur dann bedrohlich wird, wenn sie durch- und abdreht. Seine roten Ballons, die Vorboten zur Hölle, tauchen anfangs fast minütlich auf und stimmen den neugierigen Zuschauer auf die Mixtur aus leider vorhersehbaren Teendrama und brutaler FX-Orgie ein. Im stetigen Wechsel erleben die durchwachsen spielenden Teens den alltäglichen Horror des Lebens und das unbekannte Grauen als phantastische Grenzerfahrung. So streunen sie in der Gegend herum, werden von kaum Älteren gejagt, haben mit ihren Eltern eigene interne Probleme und immer wieder taucht der Clown auf, der sich an ihren frischen Leibern ergötzen will. Wo der erste Film in 180 Minuten ausufernd, toll besetzt aber behäbig daher kommt, weil TV-Filme damals noch nicht die Möglichkeiten hatten drastische Gewalt in all ihren Einzelheiten zu zeigen, so geht die neue Version den Schritt der effektiven Konfrontation in Form einer schnellen, pausenlosen Erzählung. Das dabei die dramaturgischen Tiefen einzelner Figuren zugunsten eines Geisterhaus-Spektakels verloren gehen, muss man einfach in Kauf nehmen und akzeptieren. Das Buch von Stephen King wird filmisch natürlich nicht so dargestellt, wie es der Autor schildert, sondern die besten Passagen werden hier ausgesucht, aneinandergereiht und weitergesponnen. Der Zeitgeist nimmt sich zudem das CGI und einige optische Verweise, die aus dem Mainstream nicht mehr wegzudenken sind. So ist z. B. die Badezimmerszene (auch Blutbad) nun dem RING-Kosmos sehr ähnlich, wobei "Der Blob" auch grüßen lässt. Oder die Projektorszene in der Garage, die schon sehr trashig geworden ist. Man kann Andrés Muschietti nicht vorwerfen, dass er einen schlechten Film gemacht hat, nein, das hat er natürlich nicht. Als Konzeptfilm funktioniert sein künstlicher Schocker, der unterhaltsam und einwandfrei inszeniert ist, sehr gut. Ein Meisterwerk ist er dennoch nicht. Dafür fehlt es an Seele bei den jungen Protagonisten, Mut zu mehr Intensität anstatt dem reinen Abhandeln von Reißbrettsituationen und einer optisch eigenwilligen Handschrift des Argentiniers Muschietti, der sich hier an die strikten Vorgaben von New Line Cinema und Warner richtet bzw. hält. Eine visuelles Gewitter zwischen brachialen Schocks und kindlicher Naivität ist entstanden, welches man zwischen bierernst, unfreiwillig komisch und hochgradig gruselig ansiedeln kann. Ergo: Gute Kost, die einige gute Ideen hat, aber nicht das Non plus Ultra darstellt!

59 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

It
  • Score [BETA]: 81
  • f3a.net: 7.7/10 59
  • IMDb: 8.6/10
  • Rotten Tomatoes: 89%
  • Metacritic: 70/100
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© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-20 17:41

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