s Jojo Rabbit (2019) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Jojo Rabbit

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Reviewer

splattercheffe * 9.5

Scarlett Johanssons Stimme

Er ist wieder da. Höhö. Taika Waititi nämlich, der uns bereits gezeigt hat, wer für das blutige Geschirr der Vampir-WG zuständig ist, und der Thor subversiven Humor beigebracht hat, und der auch nach seinem Abmarsch gen Hollywood nichts von seinem eigentlich wenig Mainstream-tauglichen Zugang zu absurden Stoffen verloren hat.

Was ist JOJO RABBIT? Coming-of-age, klar, Nazi-Satire, sowieso. Man füge hinzu: wunderbare Schauspieler (Sam Rockwell zuverlässig wie immer, Johansson sollte man nicht erst seit UNDER THE SKIN als überragende Darstellerin würdigen), auch die Kids spielen wirklich großartig auf, Gratulation ans Casting. Ein schönes Wiedersehen mit vermeintlichen Nebendarstellern aus der BIG BANG THEORY oder GAME OF THRONES.
Tolle Musik, und vor allem: so passend! Wie ein Waits-, Orbison-, Bowie- oder Beatles-Song in einen Film passen soll, der sich um einen Zehnjährigen dreht, der sich unter Beihilfe seines imaginären Freundes Adolf in die Hitlerjugend eingemeinden will, muss man sich anschauen.
Überragende Komik. Nicht über die ganze Strecke, klar aufgrund des Plots, aber immer wieder und zwerchfellerschütternd. Waititis Humor ist nicht immer frei von Albernheiten, aber sogar dann lässt er einen an das Gute im Menschen glauben. Sagt der überzeugte Misanthrop/Autor. Hier glänzt JOJO RABBIT, zumindest im Original, sogar mit Dialogwitz und subtilen Bausteinen, die nicht dauernd nur auf den Schenkelklopfer zielen.
Poesie. Jawoll. So ist es. Geht rein und seht und staunt.

Als Deutscher einen solchen Stoff zu sehen, betrachte ich immer wieder als schwierig und ambivalent. Aber selbst, wenn man es ablehnt, Hitler als Witzfigur zu inszenieren, oder gegenteilig genau darauf wartet: Ich vermag mir nur schwer vorzustellen, dass man einen solchen Film, nun ja, "geschmackvoller" verwirklichen kann - und es wie Taika Waititi trotzdem schafft, zutiefst zu berühren. Denn das tut er, allerspätestens mit einer der schönsten Abschluss-Szenen, die wenigstens ich je gesehen habe.

Ach so ja, und zu Scarlett Johanssons Originalstimme: Was die nicht erst seit HER mit mir macht, verschweige ich höflich, sonst sperren sie mir hier noch den Zugang.

war im Cinema, München

Leimbacher-Mario * 9.5

Das Tagebuch der Du-lachst-dich-krank

Taika Waititis Filmografie kannte bisher nur Hits,
doch scheinbar zieht nicht bei allen (Kritikern) sein neuester „Witz“.

Dabei dürfte „Jojo Rabbit“ eigentlich nicht polarisieren,
zu sehr und deutlich und klar geht er hier Hass und Nazis und Vorurteilen an die Nieren.

Für mich ist das am ehesten vergleichbar mit Lubitschs „Sein oder Nichtsein“,
mit dem waren damals bei Release auch einige Leute nicht fein.

Doch genauso wie dieses Meisterwerk wird Jojo die Zeit übersteh’n
und früher oder später werden einige Kritiker ihren bornierten Fehler einseh’n.

Für mich ist dieses tief humane, humorvolle und herzliche Werk ein echter Coup,
der sich schlich sowohl in Zwerchfell wie ins Herz wie im Nu.

Wenn selbst Rebel Wilson in deinem Film funktioniert,
weißt du, dass das Projekt rigoros Richtung Genie stiert.

Über einen kleinen „Nazi“ und seinen imaginären Hitler,
ist dieser Streich zwischen Komik und Tragik ein erstaunlicher Vermittler.

Von fabelhaften Kinderdarstellern bis zur besten Johansson aller Zeiten,
konnten mir wenige „Kriegsfilme“ in den letzten Jahren eine derartige Erfahrung bereiten.

Diese Achterbahnfahrt der Gefühle wird mich sicher noch länger begleiten,
ich kann einfach nicht fassen, wie man sich über dessen Qualitäten und vor allem Botschaften kann streiten.

Waititi selbst als Hitler ist famos,
mal lacht man laut, mal weint man doch und mal hängt im Hals der Klos.

Da kann man nur hoffen, dass es nächsten Monat regnet auch etwas Gold,
denn diese genau richtig schmerzhafte und aufbauende Satire schießt scharf wie ein Colt.

Wichtig. Witzig. Wuchtig. Und ein Mittelfinger an Gewalt und rechte Hetze,
gerne (?) ich mich mal mit einer AfD-Delegation in diese Lehrstunde setze.

Über Propaganda und Fantasie, über Vorbilder und die Macht der Liebe,
ich bin fest davon überzeugt, genau das wird immer stärker sein als Brutalität und Kriege.

Heute und rund um den Globus aktuell wie ewig nicht,
ach, Alice Weidel, was machst du denn für ein langes Gesicht.

Von den eingedeutschten Popsongs bis hin zu schockierenden Augenblicken,
kann dieser Meilenstein dich in einen ganz schönen emotionalen Wirbelsturm schicken.

Doch ultimativ zahlt sich das mehr als nur aus,
und sowas kommt sogar indirekt aus dem Haus der Maus?!

Okay, die hat vor 80 Jahren schon „Der Fuehrer’s Face“ gemacht,
deswegen sollte man dem familienfreundlichen Monopolstudio vielleicht etwas mehr zutrauen als gedacht.

Um es nochmal deutlich zu betonen:
„Jojo Rabbit“ gehört in Schulen und ein Kinobesuch (unbedingt wenn möglich im O-Ton!) könnte sich kaum mehr lohnen.

Fazit: Ein Anti-Hass-Meisterwerk auf einer Stufe mit Chaplin, Lubitsch und Brooks. Benigni auch. Einer der wichtigsten Filme, den ich seit Jahren gesehen habe. Mehr als nur ein unkaputtbares Lachen gegen den Schrecken und das Böse. Irgendwie... magisch?! Das hat mich umgehauen, mitgenommen und vollkommen überzeugt. Chapeau! Danke & Bravo, Herr Waititi!

Nur eine Frage bleibt: Warum haben wir diesen Film nicht gemacht?!

war im Residenz, Köln

Herr_Kees * 8.5

„Heil me!“

Wenn die Jungs der Hitlerjugend mit Messern und Handgranaten fröhlich durch den Wald springen, wenn Sam Rockwell mit Fantasieuniform und Grammofon in den Kampf gegen die Alliierten zieht, wenn die Unterhaltung beim Abendessen so unangenehm wird, dass sich sogar Adolf Hitler lieber mal vom Tisch verabschiedet – dann hat Taika Waititi eine Nazisatire gedreht, die ihresgleichen sucht.

Irgendwo zwischen den Retrobildwelten von Wes Andersons MOONRISE KINGDOM und dem zu Tränen rührenden Humor von Roberto Benignis KZ-Komödie LA VITA E BELLA findet Waititi wunderbare Bilder, brüllende Komik, aber auch herzzerreißende emotionale Momente.

Denn wie Benignis zu Recht oscarprämiertes Werk ist auch JOJO RABBIT bei aller Übertreibung keine reine Comedy, sondern rutscht insbesondere in der zweiten Hälfte mehr und mehr in die grausame Realität ab. Da ist selbst Adolf nicht mehr zum Lachen – und genau so muss eine Rassismussatire sein. Ein leichter, großer Film.

war im Metropol, Stuttgart

Michaela * 10.0

Tanzen bedeutet Freiheit

Bei der Zweitsichtung sogar noch besser!

JoJo Rabbit - eine Komödie, die tragisch, aber auch mit einem Funken Hoffnung endet?

Johannes Betzler, 10 Jahre alt, ist begeisterter Hitlerfan und Nazi. Der Film beginnt mit diesem 10-jährigen blonden Jungen, der sich Mut macht, weil er ins HJ-Lager mit darf und dort zum Mann werden will. Der etwas zarte, ängstliche Junge hat eine Menge Vorstellungskraft und ist, wie Kinder in diesem Alter so sind, sehr begeisterungsfähig und beeinflussbar. Da er nur wenige Freunde hat, stellt er sich vor, dass Adolf Hitler sein Freund ist, der ihn ermutigt und zur Seite steht, wenn es schwierig wird. Sei es im HJ-Lager, wo er seinen Spitznamen "JoJo Rabbit" erhält, als er Diskussionen mit seiner Mutter hat oder ***SPOILER***das jüdische Mädchen Elsa im Dachgeschoss entdeckt - Hitler tröstet, spricht Mut zu und ist für ihn da, anstatt des Vaters, der im Krieg ist.

Der erste Teil ist durchaus eine Komödie, Absurde Situationskomik gepaart mit flotten Sprüchen. Und dann wird der Film ernster, der Klamauk wird fast rausgenommen, das Lachen bleibt im Halse stecken und der eine oder andere mag ein paar Tränen zerdrücken. Gute Komödien zeichnen sich eben durch ihre tragischen Momente aus.

Die Figurenzeichnung fand ich fantastisch - der kleine Junge (Roman Griffin Davis) trägt den Film fast alleine, sein kleiner Freund Yorki ("I’m just a kid in a fat kid’s body") ist ein Szenendieb. Scarlett Johannson als Mama ist wunderbar, jemand mit Zivilcourage. Auch Sam Rockwells Charakter ist sehr interessant, ein desillusionierter Mann, eher dem eigenen Geschlecht zugetan, wie ganz zart angedeutet wird, und der trotz des Schreckens der Nazizeit doch das Herz am rechten Fleck hat. ***SPOILER***Und dann das jüdische Mädchen, zwischen Angst, Hoffnung, und Trotz. Eine kleine Comic-Relief-Rolle wird von Rebel Wilson als Fräulein Rahm gespielt.

Auch wenn einige Figuren eine Karikatur darstellen, werden sie nicht ins Lächerliche gezogen. Das Timing von Waititi lässt nichts zu wünschen übrig. Er schafft den Spagat zwischen Persiflage, Komik und ernster Thematik - ist ja ein doch schwieriges Thema.

Waititi, ein halber Jude, spielt A. H. Allein das ist schon bemerkenswert, finde ich. An der Figur des A. H. kann man Anstoß nehmen. Ich finde aber, da er ja ein imaginärer Freund eines ZEHNJÄHRIGEN ist, kann dieser A. H. durchaus knuffiger und infantiler sein, als das echte Vorbild. Schließlich entstammt er ja der Vorstellung eines 10-jährigen Jungen, der ihn höchstens aus dem Radio oder von Postern kennt.

Zuletzt steht Johannes Betzler da, 10-einhalb Jahre, der in den letzten sechs Monaten mehr gelernt hat und vielleicht auch ein kleines bisschen männlicher wurde, als er es sich am Anfang seiner HJ-Jugend vorstellen konnte. Helden, Schmetterlinge im Bauch und die Realität des Krieges haben nunmehr eine andere Bedeutung für ihn.

Interessant auch der Vergleich der Begeisterungsfähigkeit der Massen - jubelnde Menschenmengen, seien es A. H. oder die Beatles beim Filmintro. Mahnt einen, dass man nicht in der Herde mitlaufen sollte, sondern auch mal gegen den Strom schwimmen muss, damit Menschlichkeit und Freiheit erhalten bleiben.

Am liebsten würde ich gleich nochmal 10 Punkte geben.

war im Cinema, München

36 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Jojo Rabbit
  • Score [BETA]: 75
  • f3a.net: 8.2/10 36
  • IMDb: 8/10
  • Rotten Tomatoes: 79%
  • Metacritic: 57/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 04:30

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