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Review Jug Face

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Die falschen Drogen
von D.S.

JUG FACE ist ein ungeheuer ernsthaftes, dem Betrachter ungeheuer nahegehendes Drama um das Menschenbild einer Hinterwäldlersekte oder auch, im übertragenen Sinne, aller organisierten Religionen. Der Film ist fantastisch gespielt, insbesondere Lauren Ashley Carter (vielleicht manchen bekannt aus THE WOMAN) spielt in der Hauptrolle so überzeugend, dass man sie keine Sekunde lang als bloße Darstellerin wahrnimmt. Der Handlungsverlauf ist äußerst schmerzhaft und bedrückend - hier kommt niemand mit heiler Haut raus und es gibt nichts, was zu einem milden Urteil über das Gezeigte und seine Konsequenzen führen könnte: Ein deprimierendes Sozialdrama über die Opfer einer hierarchischen, glaubensgetriebenen und empathiefreien Kultur, wie man es selten so intensiv erlebt.

Dann aber ist da noch die andere Handlungsebene des Films. In der es um einen menschenfressenden Brunnen (na ja, eigentlich eher eine Pfütze) und um visionsgetriebenes Töpferhandwerk geht, welches die nächsten Opfer des blutgierigen Erdlochs bestimmt.
Ja nee, ist klar. Täter, Opfer, Repressionsstrukturen und der tödliche Tümpel: Welche Drogen haben die Drehbuchautoren hier bitte gefressen? Wie soll das zusammengehen? Wie soll man die Ernsthaftigkeit von Geschehen und Aussage würdigen, während man sich ob lauter Trash-Albernheit permanent an den Kopf haut?

Das führt zu der leider extrem deutlich immanenten Frage, wie wichtig dem Film sein auf den ersten Blick klares Anliegen wirklich ist. Ich gehe an dieser Stelle mal davon aus, dass die verantwortlichen Produzenten ob des wahrlich schweren Themas irgendwann Muffensausen bekommen und darauf bestanden haben, einen publikumsförderlichen Aspekt einzubauen. Blutgeiler Brunnen? Klingt ja nicht falsch, gab’s auch noch nicht, nehmen wir.

Dass dieser die Story leider ins Lächerliche zieht, ist trauriger Fakt. Der auch nicht durch die raren, kaum der Erwähnung werten Gore-Effekte abgemildert wird - dass Robert Kurtzman dafür als verantwortlicher Make-up-Effekt-Produzent seinen Namen hergegeben hat, ist mehr als überraschend.

So erleben wir bei JUG FACE einen enormen Kontrast zwischen gelungenem filmischen Handwerk, tollen Darstellerleistungen, dichter, mich irgendwie stark an BLACK SNAKE MOAN erinnernder Atmosphäre einerseits - und hochgradig trashigem, unfreiwillig komischem Set-up andererseits, das den Film einen Großteil seiner Glaubwürdigkeit und Kraft kostet. Überzeugend ist er deshalb nur in mancher Hinsicht. In anderer eher lachhaft.

Von mir gibt’s darum nur 5,5 Punkte. Beeindruckend ist JUG FACE dennoch - allein schon wegen der Leistung von Lauren Ashley Carter. Und wäre ohne die falschen Drogen, mit mehr Vertrauen in seine zu vermittelnde Aussage ganz sicher noch wesentlich beeindruckender geworden.

war im Metropolis 9, Frankfurt

49 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Jug Face
  • Score [BETA]: 61
  • f3a.net: 5.1/10 49
  • IMDb: 5.3/10
  • Rotten Tomatoes: 82%
  • Metacritic: 58/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-24 23:37

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