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Review Killer Joe

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Perverser White-Trash-Noir
von Leimbacher-Mario

Was macht man im White-Trash-Trailer-Park-Milieu, wenn man Geld braucht? Klar, man lässt für die Lebensversicherung die eigene Mutter killen... am besten vom ansässigen Dorf-Detektiv/Auftragskiller Joe... Doch als ob das nicht schon genug menschliche Abgründe wären, steuert die mehr als asoziale Familie geradezu Richtung sozialer Hölle... und der Zuschauer hat irgendwie Spaß dabei. Zumindest wenn man einen perversen, dunklen & abgefahrenen Humor hat. Dass ein alter Hase wie William Friedkin nach all den Jahrzehnten mit seinem vorerst/wahrscheinlich letzten Film, noch so am Rande des schlechten Geschmacks & des sozialen Schocks entlang schlittern kann, zeugt von einer ganz besonderen Klasse.

"Killer Joe" ist ein unangenehmer Film. Ein spaßiger Film. Ein unangenehm spaßiger Film. Mit dem richtigen Geschmack, vielleicht ein paar Bier & bitterbösem Humor, kann man die Spirale einer White-Trash-Familie in den Abgrund, eigentlich nur mögen. Es dauert jedoch ein ganzes Stück, bis man den Film einordnen kann. Wenn man dies überhaupt vermag. Mal ist er dreckig brutal, mal abstrus witzig & eigentlich immer clever geschrieben - kein Wunder, dass er auf einem Theaterstück basiert. Sowohl auf der Leinwand als auch auf der Bühne ein Brocken. Ein kleiner, kranker Kotzbrocken von Film, der vor allem durch die starken Darsteller punktet. Matthew McConaughey hatte man zuvor noch nicht so beängstigend & böse gesehen, Juno Temple spielt die wie eine Sache weitergereichte Tochter der Familie perfekt zwischen hohler Fritte & missbrauchter, verlorener, treu-doofer Seele. Mit ihr hat man wahrscheinlich noch am meisten Mitleid & das Frauenbild bzw. der Umgang mit ihnen ist hier echt nicht zimperlich. Dazu komplettieren die vollkommen abgefuckte Familie Gina Gershon, Emile Hirsch & Thomas Haden Church, einer tiefer in der Scheiße als der nächste. Der Film lebt von seinen Schauspielern & diese liefern sichtbar gefordert ab.

Das Finale dreht dann nochmal richtig auf & riss für mich Einiges raus - und vermieste mir erstmal den nächsten KFC-Besuch ;). Vor diesem späten Höhepunkt mäandert der Film teilweise etwas vor sich hin, entscheidet sich tonal nie & bleibt unberechenbar, auch durch einen oft verworrenen, mit Auslassungen spielenden Storyaufbau. Für Lebenspessimisten & depressive Noir-Fans sicher ein Schmankerl, mit weitaus weniger Massenappeal als in den Hochzeiten des Regisseurs. Doch seine Kanten & Skandalträchtigkeit waren ja schon immer eines seiner Markenzeichen. Selbst wenn hier bei "Killer Joe" der Schock, Ekel & die Menschenverachtung nicht immer natürlich & unaufgesetzt wirken. Schade, dass Friedkin sich hier nach zur Ruhe gesetzt hat, doch seine Rente hat sich der radikale Opa nun auch verdient!

Fazit: Nicht wirklich eines Friedkin’schen Abschieds würdig, doch welcher Film wäre das schon... Zumindest in Sachen Darsteller, Atmosphäre & Chicken Wings punktet der pervers spaßige & abgrundtief böse Trailer-Park-Krimi bei mir nachhaltig.

war im Cinedom, Köln

73 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Killer Joe
  • Score [BETA]: 73
  • f3a.net: 7.8/10 73
  • IMDb: 7.5/10
  • Rotten Tomatoes: 76%
  • Metacritic: 62/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-19 10:40

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