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Review The Lookout

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Zu viel von zu wenig
von D.S.

Ich fühl mich ja langsam schon fast wie der Buhmann, weil ich regelmäßig von Anderen geliebte Filme runtermache. Aber auch "The Lookout" hat es bei weitem nicht geschafft, meine Erwartungen zu erfüllen. Wäre vielleicht anders gewesen, wenn ich ihn mir aus der Videothek ausgeliehen oder auch einfach "normal" im Kino angesehen hätte. Doch von einem FFF-Thriller erwarte ich eben ein wenig mehr... Ecken und Kanten, eine über die gesamte Laufzeit fesselnde Handlung und vor allen Dingen: keinen Kitsch.

Letzteren bietet dieser Film aber leider im Übermaß. Unsere Hauptfigur Chris ist/war eigentlich ein ziemliches Arschloch. Der nie im Leben für irgendetwas kämpfen mußte, dank des Wohlstands seiner Familie immer schon automatisch ganz vorne mit dabei war, dazu noch verantwortungslos und selbstsüchtig wie nur was unterwegs war. Dann verursachte er einen Autounfall mit tragischen Folgen, puff, das gute Leben ist vorbei, und er ist nun... ein Opfer? Jedenfalls positioniert ihn der Film als jemanden, mit dem man Mitleid haben muß. Denn er ist dank Gehirnoperation jetzt unfähig, ein normales Dasein auf die Reihe zu kriegen, kann sich an die einfachsten Dinge nicht erinnern, ist zur Existenz eines Krüppels verdammt und versucht doch alles, um einfach nur ein braves, anständiges Leben zu leben. Tja. Wir sehen die Ereignisse komplett nur aus seiner Sicht und werden darum dazu gezwungen, auf seiner Seite zu stehen. Egal, wie glaubwürdig wir seine vorgebliche Wandlung finden mögen; egal, wie sehr wir uns fragen mögen, ob er nicht immer noch oder sogar erst recht nur sich selbst und seine eigenen Probleme sieht; egal, wie sehr wir sogar glauben mögen, daß dieser Typ noch lange nicht genug bestraft worden ist: er ist hier nun mal der Held. Und eigentlich doch echt ein netter Kerl. Puuuuh... Ansichtssache.

Aber wie auch immer, problematischer finde ich, daß ich dem ja eigentlich sehr geschätzten Joseph Gordon-Levitt den Schaden seiner Figur nicht wirklich abnehmen kann. Ja, er spielt sehr Mitleid-ergatternd und im Sinne des Drehbuchs wohl optimal; ein guter Schauspieler ist er zweifellos. Aber seine Figur ist von Anfang an viel zu souverän angelegt - man glaubt ihr einfach nicht, daß es schon eine Heidenarbeit ist, wohlbehalten durch den Tag zu kommen. Und, sorry: er muß sich extra aufschreiben, daß man den Wecker nach dem Klingeln auch wieder ausschalten muß, aber Autofahren ist überhaupt kein Thema? Naja.

Gut, davon abgesehen haben wir ja auch noch eine Story, und die macht dann schon ziemlich Spaß, auch wenn sie eine Ecke zu spät einsetzt. Für mich jedenfalls, denn mich konnte die Figur des Chris ja eben nicht ausreichend berühren, und darum hatte ich auch keine große Lust auf die reichlich gestreckte Darstellung ihres ach-wie-hilflosen Alltags. Den Chris übrigens vorwiegend mit seinem blinden Mitbewohner Lewis teilt, gespielt von Jeff Daniels, und hier muß ich schon wieder meckern. Denn diese Figur ist eindeutig, unschön, überzeichnet. Nicht als Blinder, nein, da ist Daniels sogar sehr überzeugend. Aber die permanenten coolen Sprüche und Lebensweisheiten, die von Lewis sogar in Momenten existentieller Bedrohung locker-flockig rausgehauen werden... die sorgen zwar für so manchen Lacher, sind aber in keiner Sekunde glaubwürdig. Das wirkt für mich ganz einfach wie vom Drehbuch konstruiert, und zwar auf Holzhammer-Weise.

Konstruiert wirkt dann vielleicht auch die irgendwann endlich einsetzende Hauptstory, zumindest teilweise. Aber das ist nicht so schlimm, denn hier gibt es endlich Tempo und eine Weiterentwicklung der Handlung. Chris wird von finsteren Gesellen benutzt, um die Bank auszurauben, in der er als Putze arbeitet. Natürlich läuft alles nicht so wie geplant... und Chris muß zu sich finden, um zu bestehen. Wie die Ganoven Chris langsam für sich gewinnen, wie sie sein Vertrauen erschleichen, das ist spannend anzusehen. Der Überfall auf die Bank selbst und vor allem das, was danach kommt, fesselt. Das letzte Drittel des Films versöhnt also schon ziemlich mit den Schwächen davor.

Aber ohnehin ist "The Lookout" ja nun kein schlechter Film, auch wenn das bislang möglicherweise so rüberkam. Er ist sauber gespielt, gefilmt und auch erzählt, wenn man mal von zu viel Leerlauf in der Exposition absieht. Kurz gesagt: er unterhält insgesamt schon ziemlich gut und bekommt darum von mir auch 6,5 Punkte. Dennoch sind da Schwächen, die man nicht ignorieren kann, und die liegen vor allem im Bereich Glaubwürdigkeit und Figurenzeichnung. Sagen wir mal: bessere Mainstream-Unterhaltung mit einem etwas interessanteren Ansatz als üblich. Aber nicht gerade mit einem hundertprozentig stimmigen Drehbuch gesegnet.

war im Metropolis 6, Frankfurt

49 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Lookout
  • Score [BETA]: 66
  • f3a.net: 6.6/10 49
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 20:25

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