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Review Mandy

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Abstieg in die Hölle
von Alexander

„Mandy“ ist für mich definitiv nicht der zunächst aufgrund einiger mäßiger Reviews befürchtete Arthouse-Horror Kunstquark-Thrash, den ich ursprünglich erwartet hatte, sondern ein ultimatives, kompromissloses Horrormeisterwerk, in seiner filmischen Konsequenz genial erbarmungslos und gnadenlos hart.

Die teilweise psychedelischen Sets erinnern an Bühnenbilder aus einer der besseren Inszenierungen von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. Cosmatos unterteilt seine Gewaltoper in 3 theatralische Aufzüge, beginnend mit einer vielen Zuschauern vielleicht zu langen, für die Dramaturgie des Films aber notwendigen und erfreulich feinstofflichen Einleitung und hervorragenden Charakterisierung der Hauptpersonen, gut wie böse, die für den Aufbau der Geschichte und des später ausufernden Gewaltdramas meines Erachtens nicht nur gut, sondern auch notwendig waren.

Erzählt wird die liebevolle Beziehung des von Nicolas Cage grandios verkörperten Holzfällers Red und seiner Mandy, wunderbar sensibel und zerbrechlich dargestellt von Andrea Riseborough, die ihre Rolle als fragil-verträumte Partnerin von Red fantastisch spielt und die vielleicht zerbrechlichste und tragischste Opferrolle in der jüngeren Filmgeschichte abliefert. Das Paar lebt in einem abgeschiedenen Häuschen mitten im Wald, das mehr einem Glaskasten gleich, aus unendlich vielen Glasscheiben zu bestehen scheint (selbst das Schlafzimmer besteht fast ausschließlich aus offenen Glasscheiben) und dem zerbrechlichen Glück und dem Ausgeliefertsein Mandy’s hier quasi als Analogie dient. Man bangt als Zuschauer wirklich ständig darum, welch’ böse Mächte hier bald im wahrsten Sinne des Wortes einbrechen dürften…

Cosmatos nimmt sich aber nicht nur die gebührende Zeit, seine Geschichte zu erzählen, sondern würzt diese mit einem wabernden Klangteppich, der mehr an Psychedelic Rock als an Heavy Metal erinnert, und der mit seinem unheilschwangeren Score von Anfang an eine dichte Atmosphäre erzeugt, die den Zuschauer in ein permanentes Gefühl von Angst und Unwohlsein versetzt. Es ist vor allem diese oft verstörende Musik, die mich stellenweise an den ebenfalls durch seinen Score so herausragend gruselig gestalteten Film „Texas Chainsaw Massacre“ erinnerte.

Dieser kongeniale Music Score und die großartigen Leistungen der Schauspieler alleine hätten für mich bereits ausgereicht, aber nein, in „Mandy“ wird einem der Horror wirklich auf jeder Sinnesebene gehörig reingeblasen, weshalb Cosmatos das drohende, heranziehende Unheil zunächst mit satten, roten Farbtönen untermalt, um später, mit aufbrechender Gewalt und Verzweiflung, fast seinen gesamten Film in roter Farbe zu ertränken, die sich wie ein blutiger Faden durch fast die gesamte Spielzeit zieht und den apokalyptischen Wahnsinn bravourös untermalt.

Das Böse manifestiert sich nur langsam in „Mandy“, dann aber in Form einer Crew der fiesesten Psychopathen die der geneigte Cineast seit langem auszuhalten hatte. Zuweilen erscheinen auch Gestalten, die mehr Züge außerirdischer Monster oder Kreaturen der Hölle tragen, und mit jenen Clive Barkers Cenobiten-gleichen Wesen aus „Hellraiser“ zitiert Cosmatos in „Mandy“ nur einen von vielen offensichtlichen Horror-Vorbildern.

Drogen-in­fun­die­rte, leise Monologe des Wahnsinns in psychedelisch pulsierenden Sets wechseln sich ab mit brutalen Szenen maßlos sadistischer Gewalt. David Lynch meets Mad Max meets Kettensägenmassaker, und irgendwann gipfelt die Geschichte in völligem Irrsinn, mündet in einer rauschhaften Orgie der Gewalt, wirkt befreiend und verstörend zugleich und der grandios aufspielende Cage erinnert mit seinem Befreiungsschlag an Filme wie „Wer Gewalt säht“, „Eine kurze Geschichte der Gewalt“ oder „Mad Max“. Doch diese Filme sind ein Kindergeburtstag und ihre Protagonisten fast harmlos, im Vergleich zu dem im Blutrausch manifestierten Wahnsinnigen den Nicolas Cage hier in der Rolle seines Lebens abliefern darf.

Das alles ist beeindruckend, verstörend, künstlerisch auf ganz hohem Niveau, dabei unterhaltsamer als jeder Fetzen des jüngeren Genrekinos. Was für ein Brett! Mandy legt die Messlatte für gute Horrorfilme gewaltig hoch und hat zumindest meine Erwartungshaltung fantastisch überboten. Auf so einen Film auf dem FFF habe ich sehr sehr lange Zeit warten müssen und Cages blutverschmiertes Gesicht und seine Schreie von Wut und Trauer werde ich wohl mein Leben nicht mehr gelöscht bekommen.

Für mich der beste „Revenge“ Movie aller Zeiten und innerhalb seines Sub-Genres ein absolutes Meisterwerk.

58 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Mandy
  • Score [BETA]: 79
  • f3a.net: 5.8/10 58
  • IMDb: 7.8/10
  • Rotten Tomatoes: 97%
  • Metacritic: 82/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-25 09:08

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