s Marlina the Murderer in Four Acts (2017) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Marlina the Murderer in Four Acts

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Reviewer

Herr_Kees * 7.0

"You women always like to play the victim."

Marlina hat erst kürzlich ihren Sohn verloren und ihr verstorbener Mann sitzt noch mumifiziert in der Wohnecke, als ihr sieben Taugenichtse ihr gesamtes Hab und Gut nehmen und ihre Vergewaltigung ankündigen.

Das alles läuft unfassbar unaufgeregt ab, wie überhaupt der ganze Film, doch unter seiner Oberfläche brodelt es beständig, sei es durch eine nahende Geburt, die ständige Verfolgung durch die zu allem bereit scheinenden Bösen oder durch die Tatsache, dass man als Frau hier jederzeit mit dem Schlimmsten rechnen muss, weil man entweder nicht ernst genommen oder wie der letzte Dreck behandelt wird.

Wer aufgrund der Ausgangssituation einen Rape-and-Revenge-Film erwartet, wird enttäuscht, denn dieser Teil der Geschichte nimmt nur den ersten Akt ein. Was folgt, ist eine genreübergreifende Story mit Motiven aus Suspense-Thriller, lakonischem Roadmovie, bewegendem Drama und, ja, auch aus dem Western, mit wunderbaren Aufnahmen der weiten Landschaft Indonesiens und einem herrlichen Morricone-inspirierten Score. Ein sehr stark inszenierter und gespielter Film, dem ein großes Publikum zu wünschen ist.

war im Metropol, Stuttgart

landscape * 9.5

Bring me the head of Markus

Ein Haus ausgespäht, das abgelegen liegt und nicht besucht wird, wo nur eine Frau lebt mit viel Vieh - das ist eine leichte Beute, so dachte sich Markus. Und verschätzt sich. Marlina will ***SPOILER***seinen Kopf zur Polizei bringen... und teilt sich dann den Bus mit zwei Frauen, eine davon hochschwanger.

Das mit ***SPOILER***dem Kopf hat dann etwas von Peckinpah, während von Tarantino wohl die Landschaftstableaus, die Melodie, Markus als Typ und die Zwischentitel abgeguckt sein können. Es geht aber nicht um die Rache, es geht um Gerechtigkeit und Überleben. Die Justiz kann nicht wirklich helfen - rückständig und träge wie sie ist -, so müssen die "Mörderin" und die Schwangere selbst sehen, wo sie bleiben... Ein feines Road Movie, schön zeitlos auf indonesisch transponiert.

Zu den Namen: Es könnte sein, dass die Namen Markus, Franz etc. als typische Namen aus der Kolonialzeit (unter den Niederländern) eine Rolle spielen. Ich würde annehmen, dass eher höher gestellte Klassen ihre Kinder nach niederländischem Vorbild benannt haben, hier aber sind es die Bäuerin Marlina - und die Banditen.

guckte im Savoy, Hamburg

Michaela S * 10.0

Dieser Review enthält SPOILER!

Hühnersuppe mit tödlicher Zutat

Der Film hat mich gleich mit den ersten Bildern gefangen genommen: weite Landschaft und dann, wie man sie aus jedem Western kennt, mexikanische Musik. Das war schon ein ziemlicher Kontrast, schließlich spielt der Film ja in Indonesien.

Die Geschichte wird sehr ruhig dargestellt und ist ziemlich statisch gefilmt. Insgesamt eine Wohltat für das Auge.

Marlina ist Witwe, da sie das Geld für die Beerdigung nicht aufbringen konnte, sitzt ihr toter Mann in eine Decke gehüllt, nur der Kopf schaut raus, im Eck. Ähh ja. Etwas ungewöhnlich ist das schon. Zumindest für den Zuschauer. Für den Mann, der dann kommt und Marlina erklärt, dass er und seine anderen sechs Kumpels ihr jetzt das gesamte Vieh wegnehmen und sie dann, wenn noch Zeit ist, "beglücken" würden, nicht. Er befiehlt ihr, für die "Gäste" zu kochen, Hühnersuppe. Marlina macht sich ans Werk und fügt eine tödliche Zutat hinzu. Der Vergewaltigung entgeht sie trotzdem nicht, aber es ist dann nur einer und nicht alle sieben. Dem Vergewaltiger schlägt sie den Kopf ab.

Mit diesem Kopf macht sie sich per Bus auf zur nächsten Polizeistation. Sehr skurril hier: Mitten im Nichts ist eine so nicht erkennbare Bushaltestelle. Die mitreisenden Männer sind entsetzt über Marlinas Reisegepäck und verlassen fluchtartig den Bus, während die mitreisenden Frauen kein großes Gewese darum machen.

Die Entfaltung der ganzen Geschichte ist schon sehr skurril. Spricht auch nicht für die indonesische Gesellschaft. Aber die Frauen halten zusammen, gegen eine Männerwelt, die sie ausbeutet und benutzt. In der sie nichts wert zu sein scheinen, außer sie bringen entsprechende Mitgift mit.

Mir hat auch gefallen, dass mit sehr nuancierter Mimik gearbeitet wurde, so wird mal nur der Mundwinkel verzogen oder die Augenbraue gehoben, aber das spricht dann mehr Bände als 1000 Worte.

Eine tragische Geschichte, die sehr unaufdringlich und ruhig in Szene gesetzt wird, aber auch zum Schmunzeln einlädt und niemals langweilig wird. Ein sehr schöner Film, der tolle Darsteller und großartige Landschaftsaufnahmen bietet. Definitiv eines der Highlights für mich.

goutierte im Cinemaxx, München

D.S. * 6.0

Köpfchen muss man haben

MARLINA ist definitiv ein künstlerisch wertvoller Film, der sich stilistisch, ähnlich wie manche Tarantino-Werke, vor dem Western verneigt, seine Hommage jedoch mit fremdländischen kulturellen Einflüssen vermengt und daraus ein ganz eigenständiges Stück Erzählung schafft. In seinem Tonfall erinnert es mich ein wenig an eine seltsame Kreuzung aus dem Lakonie-Level früherer Jarmusch-Filme und der sarkastischen Skurrilität von Werken Emir Kusturicas – sowie einem gehörigen Maß südostasiatischer Wildheit. Die sich allerdings nur in der Nonchalance der physischen und psychischen Brutalitäten äußert, nicht etwa im Tempo.

Dieses ist nämlich über die gesamte Laufzeit hinweg äußerst niedrig gehalten; viele sehr lange Einstellungen sorgen in Verbindung mit epischen Landschaftsaufnahmen für ein fast schon meditatives Gefühl.

MARLINA verdient eine Sichtung mit viel Ruhe und Aufnahmebereitschaft. Beides war bei mir jedoch mitten im Festivaltrubel nicht (mehr) gegeben, weshalb ich mich auch nicht voll auf den Film einlassen konnte. Mir fehlten nach Akt 1, in dem die von sieben Gangstern bedrängte Marlina mit Bestimmtheit zeigt, wer in ihrem Haus die Hosen anhat, tatsächlich ein paar Höhepunkte – aber das will ich eher mir ankreiden als dem Film. Ich kann trotzdem nicht mehr als 6 von 10 Punkten vergeben. Wer bereit für seine langsame Erzählweise ist, wird ihn vermutlich besser bewerten.

war im Cinestar, Frankfurt

Alexander * 4.5

Männer sind Schweine (Folge 957)

Es lässt sich nur schwer verleugnen, dieser Jahrgang steht unter dem Zeichen des Feminismus. Aus den Poren jeden dritten Filmes quillt die Message des bösen, die Frau unterdrückenden Mannes. Das mag unter dem Anspruch der "political correctness" sicherlich lobenswert und ehrenwert sein, allerdings nutzt sich die Botschaft irgendwann genau so ab wie der Wille des Filmfreundes, permanent die gleiche Message in neuem Aufguss serviert zu bekommen. Da macht "Marlina" leider keine Ausnahme. Es ist auch vollkommen egal ob der angehende Vergewaltiger nun vermöbelt, gefoltert, vergiftet, kastriert oder geköpft wird - das Ergebnis bleibt letzten Endes so vorhersehbar wie die sich inhaltlich nur marginal voneinander unterscheidenden Leidensgeschichten, und da macht auch "Marlina" keine Ausnahme.

Die im Nirgendwo von Indonesien spielende Handlung gleicht fast einer indonesischen Sozialstudie und dürfte die Zustände in Teilen des Landes bedauerlicherweise realistischer abbilden, als es manchem Zuschauer bewusst sein mag. Das kann zum Teil recht verstörend wirken, manch einem Zuschauer in Frankfurt muss es sogar sehr lustig vorgekommen sein, anders kann ich mir die zahlreichen Lacher nicht erklären. Wirklich unterhaltsam, fesselnd oder gar spannend war das alles dann aber leider nicht, auch wenn "Marlina" das klassische "Rape & Revenge" Thema hier erzähltechnisch verdreht und auf den Kopf stellt: Für mich war es eher "Marlina in 4 boring acts".

Die recht dröge Story wird ohne nennenswerte Höhepunkte in 90 Minuten, die auf mich allerdings wirkten, wie sehr lange zwei Stunden, wie Kaugummi in zugegebenermaßen ansprechenden Cinemascope Bildern auf der Leinwand ausgewalzt und fordert einiges an Geduld vom Zuschauer. Dazu ein repetitiver "Ennio Morricone" Soundtrack für Arme. Ein Film, der die Sammlung eines jeden Feministinnenclubs sicherlich zu bereichern vermag. Ich jedoch war gelangweilt.

war im Cinestar, Frankfurt

Leimbacher-Mario * 8.0

Die gar nicht so fabelhafte Welt der Marlina

"Marlina the Murderer in Four Acts" ist storytechnisch genauso simpel wie sein Titel sperrig: Marlina wird von einigen Männern bei sich zu Hause, irgendwo in der wunderhübschen indonesischen Pampa, überrascht, kocht für die Eindringlinge und soll nacheinander mit jedem der gut gelaunten Gangster schlafen. Das sieht die hübsche Dame nicht ein, ***SPOILER***vergiftet den Großteil der Dreibeiner und köpft ihren ersten Vergewaltiger. Nun macht sie sich ***SPOILER***mit dessen Kopf unterm Arm auf in die Stadt... Gerechtigkeit muss sein und gezeigt werden! Ein exotischer Neo-Western, irgendwo zwischen Peckinpah & Jarmusch, wie man ihn noch nie gesehen hat und sicher so schnell nicht mehr vergisst.

Audiovisuell verschlägt einem dieser melancholische Rachewestern immer wieder vor lauter einnehmender Schönheit den Atem. Seien es die prachtvollen und filmisch selten bis nie beleuchteten Landschaften, ein exotisch-genialer Soundtrack oder Marlina als staubtrockener Racheengel selbst - das ist Weltkino, das weit mehr als nur seinen Exotenbonus vorzuweisen hat. "Marlina" ist eine dieser Perlen, die irgendwann ein großer, cooler Hollywood-Regisseur sieht, stark beeindruckt ist und sich Notizen macht. Ein Tarantino z. B., der dann acht Kapitel in der gleichen Zeit abspult und fünf (bitter nötige), blutige Highlights mehr einbaut. "Marlina" ist jedoch cool, ohne Planung. Schön, ohne Anstrengung. Feministisch, ohne plakativ zu sein. Hier schlägt die indonesische Frau zurück. In der dortigen Gesellschaft wohl noch wesentlich wichtiger und berechtigter als hier. Einfach traumhaft schön!

Fazit: Wunderschöne Landschaften, schrullige Figuren, Feminismus pur - vor "Marlina" wird sogar Tarantino dahinschmelzen. Fantastisch!

war im Residenz, Köln

35 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Marlina the Murderer in Four Acts
  • Score [BETA]: 72
  • f3a.net: 6.8/10 35
  • IMDb: 7.5/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 06:48

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