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Review The Neighbor No. 13

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Severe Personality Disorder
von D.S.

Es kommt beim FFF regelmäßig vor, daß eigentlich eher durchschnittliche Filme extrem gute Reviews einfahren. Sowohl die Partystimmung des Festivals als vielleicht auch die Freude, inmitten echter Gurken einen wenigstens halbwegs lustigen/splatterigen/intelligenten, brauchbaren Film erlebt zu haben, können einen dazu bringen, viel euphorischer zu reagieren, als das im Nachhinein gerechtfertigt erscheint (ist mir selbst schon oft genug passiert). Bei "Neighbor No. 13" ist das eher andersherum - er hat in den bisherigen Reviews bei weitem nicht so gut abgeschnitten, wie er es meiner Meinung nach verdient hätte. Vielleicht ist er aber auch einfach ein wenig zu schwer, komplex und stellenweise schlicht zu seltsam, also letztlich zu anstrengend, um auf offene Begeisterung stoßen zu können...

Dabei ist er aber in jedem Fall ein ziemlich intelligenter Film. Das bezieht sich weniger auf sein eher konventionelles Handlungsgerüst - eine Rachestory; nach jahrelanger, extremer Demütigung zahlt es Juzo seinen Peinigern und auch sonst jedem, der ihn gerade irgendwie nervt, auf brutale Weise heim. Die Umsetzung dieser Thematik ist jedoch sehr originell: Juzos zwischen Rachedurst und weiterhin andauernder Unterwürfigkeit hin und her schwankende Persönlichkeit wird im Wortsinn als gespalten gezeigt, er ist tatsächlich zwei verschiedene Figuren (die auch von zwei verschiedenen Darstellern gespielt werden). Und auch, was die Inszenierung angeht, arbeitet "Neighbor No. 13" recht innovativ und anspruchsvoll. So sind beispielsweise immer wieder nicht chronologisch angeordnete Zeitsprünge eingebaut; wir verbleiben nicht immer auf der selben Erzählebene; und in einer der eindrucksvollsten Szenen verwandelt sich das Bild plötzlich fließend zu einer Animationssequenz und wieder zurück.

Davon abgesehen, ist "Neighbor No. 13" aber vor allem ein sehr bedrückendes, intensives und manchmal fast beängstigendes Stück Film. Das bösartige Alter Ego Juzos kennt keine Skrupel und keine Grenzen, er wird als finsteres, triebhaftes, brutales Stück Fleisch ohne jede Kontrolle über sich selbst inszeniert und greift manchmal zu derart heftigen Maßnahmen, daß einem fast unwohl werden kann. Unterlegt von einem hervorragenden, düsteren bis morbiden Soundtrack entsteht so eine Atmosphäre permanenter Bedrohung, die ausweglos auf den Konflikt bzw. gar die "Apokalypse" der Figuren zuläuft. Im Zuge dessen werden wir Zeugen zahlloser, teils fast surreal anmutender Demütigungen und Entwürdigungen in einem heruntergekommenen, hoffnungslosen Ambiente sowie immer wieder eingestreuter, noch viel surrealerer Szenen, in denen die beiden Hälften von Juzos Persönlichkeit einander gegenübertreten.

Ein harter, schwer auf den Magen schlagender Film, verbittert und konsequent - aber leider mit diversen Längen versehen. Zumindest in der zweiten Hälfte des Films sind einige Einstellungen schlicht zu lang, es macht sich Ermüdung breit, da zwischendurch auch der rote Faden der Erzählung vorübergehend verloren geht. 20 bis 30 Minuten weniger hätten "Neighbor No. 13" in jedem Fall gut getan. Das Ende des Films dann fand ich leider nur noch unverständlich. Erfordert wohl mindestens ein zweites Sehen, um die Schlußszenen richtig einzuordnen. Es stellt sich nur die Frage, ob man sich diese Tour-de-force wirklich noch mal antun will - so beeindruckend sie auch ist. Wegen seiner Originalität und Intensität gebe ich dem Film aber in jedem Fall 6,5 von 10 Punkten.

goutierte im Metropolis, Frankfurt

14 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Neighbor No. 13
  • f3a.net: 4.7/10 14
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 03:54

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