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Review Nobody from Nowhere

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Der Mann ohne Eigenschaften
von D.S.

Mathieu Kassovitz spielt Sébastien Nicolas – und Sébastien Nicolas spielt zahllose ganz unterschiedliche Männer, die ihm in seinem Job als Immobilienmakler in Paris über den Weg laufen. Er beobachtet sie, lernt ihre Macken und Vorlieben kennen, kauft ihre Kleidung, imitiert ihre Stimmen, fertigt täuschend echt wirkende Latexmasken ihrer Gesichter an – und lebt für ein paar Stunden oder Tage, wenn sie nicht in der Stadt sind, ihr Leben.

Damit will er niemandem etwas Böses, er verfolgt keine finsteren Pläne, er vermeidet den Kontakt mit Menschen, welche die von ihm Imitierten kennen. Sein Beweggrund für dieses absonderliche Verhalten und den enormen Aufwand, der dabei für ihn entsteht, ist die verzweifelte Suche nach dem Gefühl, einen Platz in der Welt zu haben. Eine Funktion. Denn er selbst ist leer, formlos, bedeutungslos. Nur beim Spielen fühlt er sich lebendig. Aber ein eigenes Leben hat er nicht.

Sébastien weiß, dass das, was er tut, ungesund und falsch ist. Doch ein innerer Zwang treibt ihn immer wieder dazu. Als er den ehemaligen Star-Violinisten Henri de Montalte zum Kunden bekommt, geraten die Dinge schließlich völlig außer Kontrolle – und die Grenzen zwischen Imitation und Person, zwischen Wirklichkeit und Wahrheit beginnen gefährlich zu verschwimmen...

Alleine schon wegen der darstellerischen Leistung von Kassovitz ist NOBODY FROM NOWHERE ziemliches Pflichtprogramm. Wie er hier fast nahtlos zwischen sehr verschiedenen Charakteren wechselt und sie alle gleichermaßen überzeugend zum Leben erweckt, ist beeindruckend, ist große Kunst. Daneben gelingt es dem Film aber auch, durch die Zeichnung der Figur des Sébastien sehr zu berühren: seine Einsamkeit, seine Entfremdung von sich selbst, seine Unfähigkeit zu echten Gefühlen, ja, die Abwesenheit jeglicher Lebensfreude in ihm, die zur obsessiven Flucht in geliehene Persönlichkeiten und Lebenswelten führt... all das wird auf subtile Weise spür- und nachvollziehbar gemacht, entwickelt nach und nach aber eine tieftraurige Wucht.

Vor diesem Hintergrund ist NOBODY FROM NOWHERE mehr fesselnde Charakterstudie und intensives, deprimierendes Drama als Thriller. Völlig zu kurz kommt jedoch auch dieser Aspekt nicht, da die Verwicklungen der Leben von Sébastien und Montalte irgendwann auch die Polizei auf den Plan rufen und kurzzeitig das Makabre die Überhand gewinnt.

Wie auch immer man den Film aber einordnet: man sollte ihn sich nicht entgehen lassen. Denn er fesselt, bewegt und beeindruckt auf mehreren Ebenen nachhaltig. Was klare 7 Punkte wert ist.

goutierte im Cinestar, Frankfurt

40 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Nobody from Nowhere
  • Score [BETA]: 67
  • f3a.net: 7/10 40
  • IMDb: 6.4/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-20 05:05

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