Reviewer
Herr_Kees * 6.0
Desillusioniert und frustriert von Leben und Lehrkräften verlässt Pierre Anthon eines Tages die Schule und sitzt fortan nur noch in einem Baum. Es hat ja ohnehin alles keinen Sinn. Seine KlassenkameradInnen wollen ihm das Gegenteil beweisen. Doch ihre Challenge, die Dinge zu opfern, die ihnen etwas bedeuten, gerät nach und nach außer Kontrolle, so dass am Ende nicht klar ist, was ihnen wirklich etwas bedeutet.
NOTHING basiert auf einem Jugendbuch, das in Dänemark etwa den Bekanntheitsgrad hat, den DIE WELLE hierzulande genießt und das seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2000 aufgrund der nihilistischen Philosophie Pierre Anthons durchaus kontrovers aufgenommen wurde.
Was dem Film hervorragend gelingt, ist, die Beeinflussbarkeit der Heranwachsenden zu zeigen, ihre Suche nach Orientierung, den Gruppendruck, unter dem sie stehen und – auf der anderen Seite – die völlig fehlende Empathie und Verständnislosigkeit der Erwachsenen.
Was ihm weniger gelingt, ist, die Motivation der Kinder und den vorgeblichen „Sinn“ ihres Spiels zu vermitteln. Dieser wird erst später von den Jugendlichen selbst erläutert. Vielleicht war dies so beabsichtigt, beim Zusehen erschwert es etwas den Zugang in die Gedankenwelt der Protagonisten. Unangenehm ist der Film aber auch so.
NOTHING basiert auf einem Jugendbuch, das in Dänemark etwa den Bekanntheitsgrad hat, den DIE WELLE hierzulande genießt und das seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2000 aufgrund der nihilistischen Philosophie Pierre Anthons durchaus kontrovers aufgenommen wurde.
Was dem Film hervorragend gelingt, ist, die Beeinflussbarkeit der Heranwachsenden zu zeigen, ihre Suche nach Orientierung, den Gruppendruck, unter dem sie stehen und – auf der anderen Seite – die völlig fehlende Empathie und Verständnislosigkeit der Erwachsenen.
Was ihm weniger gelingt, ist, die Motivation der Kinder und den vorgeblichen „Sinn“ ihres Spiels zu vermitteln. Dieser wird erst später von den Jugendlichen selbst erläutert. Vielleicht war dies so beabsichtigt, beim Zusehen erschwert es etwas den Zugang in die Gedankenwelt der Protagonisten. Unangenehm ist der Film aber auch so.
goutierte im EM, Stuttgart
Leimbacher-Mario * 7.5
Ein Haufen Scheisse
„Nothing“ ist die gleichnamige, puristische Verfilmung von einem der erfolgreichsten Romane Dänemarks. Ein Schüler verlässt eines Tages den Unterricht, weil seiner Meinung nach eh nichts einen Wert hätte oder zähle. Alles egal. Seine Mitschüler (auf 12-16 würde ich sie schätzen) kommen daraufhin auf ein „Spiel“, auf eine Art Mutprobe, „Pflicht oder Pflicht“, das ihre Sichtweise auf die Welt und den Wert dieser, das Leben und die Entscheidungsfreiheit, radikal und für immer verändern wird…
What's Love Got To Do With It?
„Intet“ hat einen klaren Intent. Sorry für das blöde Wortspiel. Aber er beruht eben so dermaßen klar auf einem Buch, auf einer genialen Idee, auf dem Gesprächsstoff und seinen bis in den letzten Zipfel berechneten Schocks, dass man ihn fast als Konzeptfilm bezeichnen muss. Was ich absolut kaum negativ meine. Sein Ziel ist es sehr literarisch und menschlich Gedanken anzuregen und Diskussionen anzufachen. Klinisch bis krank. Dabei entscheidet er sich nichtmal für eine Richtung, Aussage oder ein Ergebnis. Unser Kopf und Herz übernimmt. Viel mehr geht der „Thriller“ (Anführungszeichen sind hier fett gedruckt) nach seinem Abspann weiter und weiter, breitet sich aus wie die Wellen eines Steins, der in einen Teich geworfen wurde. Ganz wie das Handeln seines Protagonisten - der im Grunde aber nur Auslöser, Aufhänger und Anker ist. Viel mehr geht es um seine Klassenkameraden, den Wert des Lebens, was verschiedene Dinge uns bedeuten, welche Reaktionen sie auslösen, was Trauer, Schmerz und Verlust sind, sein können, sein sollten. Ob all das im „größeren Ganzen“ überhaupt Sinn, Gewicht und Bedeutung hat. Sehr philosophisch. Gewürzt mit etwas (am Ende viel zu flott abgehandelter) Kunstkritik und einem der härteren Momente des Filmjahres. ***SPOILER***Hundefans aufgepasst! Zwar mit Ansage auf dreihundert Metern zu riechen - dennoch unangenehm. Ansonsten: „Nothing“ ist diese Art von „Genrefilm“, die gar keiner ist, irgendwann im ARD-Nachtprogramm läuft und dennoch vollkommen empfehlenswert, hart und vielschichtig zuzieht!
Fazit: extrem interessante Grundidee(n), die richtig viel Lust macht auf den sicher wesentlich ausführlicheren und komplexeren Roman. Wenn ich denn Leser wäre. Gedankenanregend und ambivalent. Starke Jungdarsteller. Böse Schraube. Wirklich gut. Herr des Aussieben.
What's Love Got To Do With It?
„Intet“ hat einen klaren Intent. Sorry für das blöde Wortspiel. Aber er beruht eben so dermaßen klar auf einem Buch, auf einer genialen Idee, auf dem Gesprächsstoff und seinen bis in den letzten Zipfel berechneten Schocks, dass man ihn fast als Konzeptfilm bezeichnen muss. Was ich absolut kaum negativ meine. Sein Ziel ist es sehr literarisch und menschlich Gedanken anzuregen und Diskussionen anzufachen. Klinisch bis krank. Dabei entscheidet er sich nichtmal für eine Richtung, Aussage oder ein Ergebnis. Unser Kopf und Herz übernimmt. Viel mehr geht der „Thriller“ (Anführungszeichen sind hier fett gedruckt) nach seinem Abspann weiter und weiter, breitet sich aus wie die Wellen eines Steins, der in einen Teich geworfen wurde. Ganz wie das Handeln seines Protagonisten - der im Grunde aber nur Auslöser, Aufhänger und Anker ist. Viel mehr geht es um seine Klassenkameraden, den Wert des Lebens, was verschiedene Dinge uns bedeuten, welche Reaktionen sie auslösen, was Trauer, Schmerz und Verlust sind, sein können, sein sollten. Ob all das im „größeren Ganzen“ überhaupt Sinn, Gewicht und Bedeutung hat. Sehr philosophisch. Gewürzt mit etwas (am Ende viel zu flott abgehandelter) Kunstkritik und einem der härteren Momente des Filmjahres. ***SPOILER***Hundefans aufgepasst! Zwar mit Ansage auf dreihundert Metern zu riechen - dennoch unangenehm. Ansonsten: „Nothing“ ist diese Art von „Genrefilm“, die gar keiner ist, irgendwann im ARD-Nachtprogramm läuft und dennoch vollkommen empfehlenswert, hart und vielschichtig zuzieht!
Fazit: extrem interessante Grundidee(n), die richtig viel Lust macht auf den sicher wesentlich ausführlicheren und komplexeren Roman. Wenn ich denn Leser wäre. Gedankenanregend und ambivalent. Starke Jungdarsteller. Böse Schraube. Wirklich gut. Herr des Aussieben.
war im Residenz, Köln
D.S. * 6.0
Nichts ist’s
Der dänische Beitrag NOTHING ist die Verfilmung eines höchst erfolgreichen Jugendbuches – und das merkt man ihm in mehrfacher Hinsicht deutlich an. Zum einen ist da der typische pädagogische Impetus der Erzählung zu nennen: Das Handeln der Protagonist:innen ist ganz offensichtlich darauf angelegt, dem (jugendlichen) Zielpublikum etwas zu vermitteln. Über das Leben, die Gesellschaft, es selbst. Ganz ähnlich wie beim „Herrn der Fliegen“ oder der „Welle“ ist die erzählte Geschichte hier weniger als echte Geschichte, vielmehr als Vollblut-Parabel wahrzunehmen. Auch die nüchtern, nahezu dokumentarisch daherkommende TV-Ästhetik passt zum „lehrenden“ Charakter des Films. Insbesondere deshalb aber ist er als Romanverfilmung erkennbar, da immer wieder Zwischentöne, Hintergründe, Erklärungen in der Erzählung fehlen, die Handlung sich mehrfach zu abrupt und unmotiviert vorwärtsbewegt. In der Buchform festgehaltene Gedanken einzelner Figuren etwa lassen sich nun mal meist nur schwer adäquat auf die Leinwand bringen.
All das soll nun allerdings nicht heißen, dass NOTHING kein sehenswerter Film sei. Das ist er. Man muss nur eben mit der richtigen Erwartungshaltung an ihn herangehen. Dazu gehört auch, dass man Bezeichnungen wie „nihilistisch“, „kontrovers“ oder „skandalträchtig“ nicht allzu wörtlich nimmt. Jedenfalls nicht, wenn man FFF-Gänger ist. Wir bekommen auf dem Festival reihenweise wesentlich schockierendere, physisch wie psychisch brutalere, abseitigere und schmerzhaftere Dinge zu sehen als die hier Gezeigten. Allein die Tatsache, dass Kinder bzw. junge Jugendliche die Täter und Opfer von Grausamkeiten sind sowie sich mit Sinn- und Hoffnungslosigkeit auseinandersetzen, macht NOTHING nicht automatisch zu einem verstörenden Werk. Jedenfalls nicht aus Genrefan-Perspektive.
Beizeiten unangenehm ist das Geschehen aber natürlich durchaus, wenn sich die Achtklässler:innen einer fiktiven dänischen Kleinstadt entschließen, Objekte mit einer für sie großen emotionalen Relevanz auf einem „Berg aus Bedeutung“ zu opfern – und bald schon versuchen, sich zu übertrumpfen, indem sie voneinander immer größere Opfer verlangen. Dies tun sie, um ihren Klassenkameraden Pierre-Anthon zu widerlegen, der sie mit seiner Aussage aufgebracht hat, nichts im Leben habe Bedeutung und deshalb habe auch nichts einen Wert.
Er selbst hat sich zu Beginn der Geschichte auf einen Baum zurückgezogen – und wirkt, zumindest im Film, nicht recht in die Handlung integriert, wenig greifbar, erhält (zu?) wenig Raum; er erscheint so, wesentlich mehr noch als die anderen, fast ausschließlich als Symbol-, als „Moral-Figur“. Jedenfalls stellt sich beim Betrachten nicht unbedingt das Gefühl ein, dass die Opfer-Taten der Kids wirklich etwas mit ihm und seinen Thesen zu tun haben – vielleicht wird im Buch ein stärkerer, schlüssigerer Zusammenhang hergestellt. Seine mangelnde Einbindung ins Geschehen ändert aber nichts daran, dass jenes Schritt für Schritt immer mehr eskaliert und die anderen Protagonist:innen beginnen, einander wirklich wehzutun.
Hier hat der Film seine stärksten Momente, wenn durchaus glaubhaft gezeigt wird, wie die Kids eiskalt konsequent ihre Sache durchziehen, sich nicht von „erwachsenen“ Normen dazu verleiten lassen, Kompromisse zu machen: eine realistische Abbildung jugendlicher Geisteshaltung. Die natürlich auch darin besteht, an einen Sinn zu glauben, Bedeutung zu sehen, wo man als desillusionierte:r Erwachsene:r längst keinen mehr sieht.
Weniger glaubhaft erscheint dagegen das Finale des Films, das sich unter anderem darum dreht, dass der „Berg aus Bedeutung“ auch von der Außenwelt wahrgenommen wird. Dieser (wohl in der Buchvorlage identisch enthaltene) Aspekt der Geschichte wirkt zwar nicht völlig unvorstellbar, aber doch einigermaßen unrealistisch, was sie ein Stück weit entwertet.
Wie dem auch sei: NOTHING macht vieles richtig, ist spannend erzählt und sorgt zumindest für Nachdenklichkeit – ein tiefer als üblich schürfender Blick in die Verfasstheit von Kindern am Beginn ihrer Pubertät, der weit weg von Heile-Welt-Fantasien bleibt. 6 Punkte von mir.
All das soll nun allerdings nicht heißen, dass NOTHING kein sehenswerter Film sei. Das ist er. Man muss nur eben mit der richtigen Erwartungshaltung an ihn herangehen. Dazu gehört auch, dass man Bezeichnungen wie „nihilistisch“, „kontrovers“ oder „skandalträchtig“ nicht allzu wörtlich nimmt. Jedenfalls nicht, wenn man FFF-Gänger ist. Wir bekommen auf dem Festival reihenweise wesentlich schockierendere, physisch wie psychisch brutalere, abseitigere und schmerzhaftere Dinge zu sehen als die hier Gezeigten. Allein die Tatsache, dass Kinder bzw. junge Jugendliche die Täter und Opfer von Grausamkeiten sind sowie sich mit Sinn- und Hoffnungslosigkeit auseinandersetzen, macht NOTHING nicht automatisch zu einem verstörenden Werk. Jedenfalls nicht aus Genrefan-Perspektive.
Beizeiten unangenehm ist das Geschehen aber natürlich durchaus, wenn sich die Achtklässler:innen einer fiktiven dänischen Kleinstadt entschließen, Objekte mit einer für sie großen emotionalen Relevanz auf einem „Berg aus Bedeutung“ zu opfern – und bald schon versuchen, sich zu übertrumpfen, indem sie voneinander immer größere Opfer verlangen. Dies tun sie, um ihren Klassenkameraden Pierre-Anthon zu widerlegen, der sie mit seiner Aussage aufgebracht hat, nichts im Leben habe Bedeutung und deshalb habe auch nichts einen Wert.
Er selbst hat sich zu Beginn der Geschichte auf einen Baum zurückgezogen – und wirkt, zumindest im Film, nicht recht in die Handlung integriert, wenig greifbar, erhält (zu?) wenig Raum; er erscheint so, wesentlich mehr noch als die anderen, fast ausschließlich als Symbol-, als „Moral-Figur“. Jedenfalls stellt sich beim Betrachten nicht unbedingt das Gefühl ein, dass die Opfer-Taten der Kids wirklich etwas mit ihm und seinen Thesen zu tun haben – vielleicht wird im Buch ein stärkerer, schlüssigerer Zusammenhang hergestellt. Seine mangelnde Einbindung ins Geschehen ändert aber nichts daran, dass jenes Schritt für Schritt immer mehr eskaliert und die anderen Protagonist:innen beginnen, einander wirklich wehzutun.
Hier hat der Film seine stärksten Momente, wenn durchaus glaubhaft gezeigt wird, wie die Kids eiskalt konsequent ihre Sache durchziehen, sich nicht von „erwachsenen“ Normen dazu verleiten lassen, Kompromisse zu machen: eine realistische Abbildung jugendlicher Geisteshaltung. Die natürlich auch darin besteht, an einen Sinn zu glauben, Bedeutung zu sehen, wo man als desillusionierte:r Erwachsene:r längst keinen mehr sieht.
Weniger glaubhaft erscheint dagegen das Finale des Films, das sich unter anderem darum dreht, dass der „Berg aus Bedeutung“ auch von der Außenwelt wahrgenommen wird. Dieser (wohl in der Buchvorlage identisch enthaltene) Aspekt der Geschichte wirkt zwar nicht völlig unvorstellbar, aber doch einigermaßen unrealistisch, was sie ein Stück weit entwertet.
Wie dem auch sei: NOTHING macht vieles richtig, ist spannend erzählt und sorgt zumindest für Nachdenklichkeit – ein tiefer als üblich schürfender Blick in die Verfasstheit von Kindern am Beginn ihrer Pubertät, der weit weg von Heile-Welt-Fantasien bleibt. 6 Punkte von mir.
war im Harmonie, Frankfurt
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Nothing
- Score [BETA]: 66
- f3a.net: 6.9/10 20
- IMDb: 6.2/10