Menü

Review Old People

Finden

Der ganz normale Alltag unserer Pflegekräfte
von Leimbacher-Mario

Old People“ war die Tage schon auf dem Fantasy Filmfest zu sehen, wird bald auf Netflix veröffentlicht und dort vom internationalen Mainstream sicher weniger verrissen als beim nischigeren, anspruchsvolleren Expertenpublikum beim Festival. Welcher Seite ihr euch anschließt, sei mal dahingestellt und euch überlassen. Dennoch möchte ich von meiner Seite aus schonmal eine eindringliche Warnung aussprechen - für einen der schlechteren „Horrorfilme“ des Jahres und einen weiteren Vertreter „deutscher Genrefilm“, der einfach unter aller Sau, extrem billig und unfreiwillig komisch daherkommt, den man nahezu nur gut angetrunken und als Horrorkomödie ansehen kann. Wenn überhaupt. Denn ernst nehmen sich die Macher total - fallen damit aber ein ums andere Mal brutal auf den Kopf. Erzählt wird nahezu ohne Einführung, Grund oder Prolog von alten Menschen (auf dem Papier nicht unrealistisch, meist ohne Familie, Zuneigung, Pflege oder Hilfe), die plötzlich nahezu tollwütig und vom Teufel besessen austicken und sich aggressiv zur Wehr setzen. Dabei gerät dann eine kitschig-gestellte Hochzeit nebenan zu einem der ersten Ziele …

„Ist man zu deutschen Genrefilmen als Kenner und Fan solcher Ware strenger?“. Diese Frage steht (gerade etwa auf dem Fantasy Filmfest) immer wieder im Raum. Sie ist berechtigt und wohl nicht selten mit Ja zu beantworten. Wir kennen unsere Pappenheimer, unsere Sprache, Traditionen und Schwächen einfach am besten. Aber ein Teil wie „Old People“ könnte glaube ich aus dem exotischsten Land der Welt kommen - einen Blumentopf würde man damit bei niemandem und nirgends gewinnen. Aber natürlich unterstützt Andy Fetschers gut gemeinte, aber schlecht gemachte „Warnung an die Gesellschaft“ ebenso etliche deutsche Klischees und Kritikpunkte, die uns Genreheads bei minderwertigen Produktionen aus unserer Heimat einfach immer wieder mit den Ohren schlackern lassen. Diese goldene Beleuchtung, diese gestelzten Theaterdialoge, dümmliches Kopieren viel besserer Vorbilder, schwache, soapige Darsteller, platte Message, unfreiwillig komische Ausrutscher, eigentlich gute Themen, die einfach viel bessere Filme verdient hätten. Dabei will ich beileibe nicht alle deutschen Genreausflüge über einen dreckigen Kamm scheren. „Schneeflöckchen“ oder „Der Nachtmahr“ nenne ich immer gerne als rühmliche Ausnahmen der letzten Jahre. Aber bei „Old People“ kommen einfach mal wieder all diese deutschen Kardinalsfehler gehäuft bis massig vor. Und dann kann man ihn irgendwann einfach, wenn überhaupt, nur noch als Horrorkomödie angucken. Und das kann in kaum einem Sinne sein - erst recht nicht bei dem lobenswerten Tenor und Thema, nach dem sich ein Romero ebenfalls die Finger geleckt hätte. Nur hätte er es eben (selbst an seinen schlechtesten Tagen) noch um ein Vielfaches besser gemacht als dieser güldene Schauer zwischen Kasperletheater, Gesellschaftskritik und Familienschmonzette. Hier passt wenig zusammen. Und ich bin wie gesagt gespannt, ob der demnächst auf Netflix ebenso aufgenommen wird oder doch ein gnädigeres Publikum (vielleicht an einem Freitagbierabend) findet. Ich hoffe eigentlich nicht. Denn sowas darf man, wenn's nach mir geht, gerne untern Tisch kehren, das muss uns nicht international vertreten. Nein nein. Til Schweiger könnte es kaum schlechter - und das will was heißen!

Fazit: Unfreiwillig komische „The Crazies“-Variation, deren ehrenwertes Thema einen viel besseren Genrevertreter verdient gehabt hätte. Grossvatergürkchen. Zwischen Hanuta-Werbung, Rosamunde Pilcher und unbeholfenem Zitat an Romero. Nahe an grottig. In richtiger Gesellschaft kann man aber vielleicht eine feuchtfröhliche Zeit haben - aber eben auf Kosten des Films, nicht mit ihm.

war im Residenz, Köln

23 Bewertungen auf f3a.net

Zurück

Bewertungen

Old People
  • Score [BETA]: 43
  • f3a.net: 4.3/10 23
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-29 12:56

Archiv Suche


oder ?