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Review Old People

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Es ist deutsch in Altland
von D.S.

Ja, vielen Senior:innen auch hierzulande geht es schlecht, sie dämmern einsam in Verwahranstalten vor sich hin und werden von ihren Nachkommen bedenklich vernachlässigt. Ja, das ist nicht schön. Nein, Zustände wie die hier gezeigten lassen sich in realen deutschen Rentnerresidenzen ziemlich sicher nicht vorfinden. Nein, es ist deshalb keine gute Idee, eine derartige fiktive Situation nicht nur als Aufhänger für eine Horrorfilmhandlung zu benutzen, sondern dem unschuldigen Publikum außerdem ein ums andere Mal ins Hirn zu hämmern, dass es sich für sie schämen solle und „die Alten“ verraten habe – ach was, den Wert der Familie als solcher nicht mehr zu würdigen wisse.

Auch, wenn er in manchen Punkten kaum vom internationalen Zombiefilm-Durchschnitt zu unterscheiden ist, ergeht sich Andy Fetschers OLD PEOPLE im Kern doch im deutschesten aller Genres: dem erhobenen Zeigefinger. Sensationell plump wird hier an das schlechte Gewissen, an Betroffenheit appelliert, sodass der Film sich in Gänze fast mehr wie ein moralinsaurer Spendenaufruf eines Altenpflegeverbandes anfühlt als wie ernstgemeinte Genre-Unterhaltung. Auch, wenn man Subtilität vom deutschen Film ohnehin nicht gewohnt ist: Das stößt übel auf; insbesondere, da das Hohelied der Familie hier auch unabhängig von der Senioren-Thematik so schrill angestoßen wird, dass konservative Untertöne kaum zu überhören sind. In OLD PEOPLE sind nämlich nicht nur die „armen Alten“ heilig, auch die Ehe ist es – es gnade dir Gott, wenn du dich von deinem Partner/deiner Partnerin trennst, du Kinder-Unglücklichmacher!

Das Unheil fängt hier allerdings schon viel früher an, direkt nach dem düsteren Einstieg nämlich, in dem eine offenkundig engagierte Pflegekraft zum Opfer eines Opa-Zombies wird und wir einen Blick auf großflächig ausbrechende apokalypsenartige Zustände erhaschen. Protagonist:innen, die von einem leichten Weichzeichner und einer schwer eindimensionalen Figurenzeichnung zu bloßen aalglatten Oberflächen reduziert werden, strahlen in einem fort halbdebil um die Wette – mit einem hochglanzpolierten Lächeln, das es mit allen Exzessen der Zahnpastareklame locker aufnehmen kann. Nicht eine Sekunde lang wirkt auch nur eine:r von ihnen auch nur ansatzweise glaubwürdig bzw. authentisch, was sicherlich auch den schamerweckend hölzernen Dialogen („Ich hab dich lieb, große Schwester“) sowie vor allem den schauspielerischen Leistungen geschuldet ist, die niedrigstes deutsche-Soap-Opera-Niveau haben. Die beiden Kinder der im Mittelpunkt der Handlung stehenden Familie fallen dabei besonders negativ auf. Klar, von Kindern kann man nicht unbedingt höchste Kunst erwarten, aber das tut schon weh. Fast so sehr wie ihr „Familien-Lied“, das sie im Auto auf dem Weg zur Hochzeit der Schwester bzw. Tante singen und das wir im Filmverlauf noch mehrfach ertragen müssen: Eine kitschige Ost-Hymne der Band „City“. Brrrr.

Ohne Übertreibung, diesen glattpolierten, widerlich dauerfröhlichen Wesen möchte man am liebsten eins überziehen – zum Glück übernehmen das dann alsbald ein paar der aus ungeklärten Gründen in mordlüsterne Aggressivität verfallenden Hochbetagten aus dem Altersheim in der Nachbarschaft. Als diese Stufe der Handlung erreicht ist, bessert sich das Filmerlebnis eindeutig. Zwar wirken die Alten wie kaum etwas anderes als der handelsübliche Zombie oder anderweitig obskur Infizierte (man denke an THE SIGNAL), zwar ist auch hier in der Inszenierung stumpf Trumpf und es wird kein Klischee, kein Holzhammer ausgelassen (man achte etwa auf den uuuuunglaublich originellen Score), aber es stellt sich doch immerhin phasenweise ein wenig Atmosphäre, Beklemmung, gar Ekel ein. Auch die wenigen Gewalt-/Splatterszenen bieten angenehme Härte.

Der Horroranteil des Films bietet somit zwar nichts Neues oder Herausragendes, ist jedoch zumindest akzeptabel umgesetzt und stellenweise effektiv. Dummerweise macht dieser Anteil jedoch maximal die Hälfte der Laufzeit aus, und der Rest ist wirklich kaum erträglich. Das gnadenlos kitschige Ende macht es partout nicht besser.

Insgesamt gibt’s von mir dafür 4 Punkte, und das ist eher gnädig. Ein Quasi-Zombiefilm mit peinlich penetranter Message, auf die man am liebsten mit „Ok, Boomer“ antworten möchte.

war im Harmonie, Frankfurt

23 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Old People
  • Score [BETA]: 43
  • f3a.net: 4.3/10 23
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 03:46

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