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Review One Point O

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Es rappelt im Karton
von D.S.

Eigentlich müßte "One Point O" ja blendend funktionieren, denn er besitzt alles, was einen guten Film ausmacht: eine interessante, manchmal fast verwirrende Story, die oft und gerne mit dem Thema "Was ist Realität und was nur Einbildung?" spielt. Überdurchschnittliche Schauspielerleistungen. Gelungene Kameraarbeit. Und eine drückende, düstere Atmosphäre: der Film verzichtet fast vollständig auf den Einsatz von Tageslicht.

Seltsamerweise will er dennoch so überhaupt nicht überzeugen. Was meiner Meinung nach vor allem daran liegt, daß sämtliche Figuren hier nur sehr oberflächlich gezeichnet werden: es fällt schwer, sich dafür zu interessieren, was mit ihnen passiert. Sie laufen rum und sagen seltsame Sachen - die zu einem guten Teil bis zuletzt nicht wirklich erklärt werden -, und dann sind sie irgendwann tot oder verschwinden anderweitig, und laufen nun eben nicht mehr rum und sagen seltsame Sachen. Aber das ist einem irgendwie herzlich egal, und ähnlich verhält es sich dann nun mal auch mit dem Storyverlauf...

Auch das niedrige Tempo des Films ist nicht gerade spannungsfördernd. Es passiert letztlich nicht so sehr viel; und das, was geschieht, ist zwar seltsam, aber dann doch nicht seltsam genug, um allein durch seine Skurrilität zu fesseln.

Dabei läßt sich das ganze ja durchaus gut an, indem der Zuschauer direkt in das unausgeglichene Leben des jungen, scheuen Programmierers Simon hineingeworfen wird, das ausschließlich zwischen seinem Computer, den dunklen Gängen seines Appartementkomplexes bzw. den Wohnungen seiner obskuren Nachbarn und dem lokalen Supermarkt hin und her pendelt. Auf unerklärliche Weise ist ein leeres Päckchen in seine abgeschlossene Wohnung gekommen (und im Verlauf des Films werden das noch einige mehr), außerdem erhält er merkwürdige Nachrichten auf seinem Computer und fühlt sich von einer mysteriösen Figur in Hut und Mantel verfolgt - fertig ist die erst latente, später akute Paranoia; fertig ist der Bodensatz für ein Verwirrspiel, bei dem bis zuletzt nicht alle Fronten geklärt werden und Simon sich nie sicher sein kann, wem nun eigentlich vertraut werden darf.

Nur, wie gesagt: der Film steuert dabei nicht etwa in rasantem Tempo und mit Überraschungen gespickt auf die Enthüllung einer großen Antwort zu. Vielmehr schleppt er sich stolpernd und wankend in ein einziges Durcheinander - das ganz offensichtlich gerne clever wäre und uns zu neuen Gedanken anregen möchte. Tatsächlich aber von derart platter Moral ist und ein so polemisches Menschenbild entwirft, daß ich das irgendwann fast nur noch peinlich finden konnte.

Die oben genannten Stärken machen "One Point O" am Ende doch noch recht gut ansehbar. Aber ich wurde das Gefühl nie los, daß sich hier jemand sehr viel mehr vorgenommen hatte, als er zu leisten in der Lage war. Aus dem Versuch, eine außerordentlich intelligente Erzählung zu präsentieren, ist so meiner Meinung nach nur ein außerordentlich langer Marsch durch intellektuelle Schauwerte geworden - der bei außerordentlich simplifizierenden Aussagen ankommt. 5 Punkte.

war im Metropolis, Frankfurt

17 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

One Point O
  • f3a.net: 6.8/10 17
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-25 04:25

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