Menü

Review Red State

Finden

Der Zorn des Herrn (Smith)
von D.S.

Ich halte nichts von Religion und in der Regel auch nicht von Gläubigen. Ausnahme sind solche wie Kevin Smith, die über das von ihnen verinnerlichte Irrationale nicht ein rationales Weltbild beerdigen. Die in der Lage sind, über die von ihnen jeweils präferierten Anbetungsfiguren und Katechismen auch zu lachen. Und die vor allen Dingen eine klare Grenze zwischen Religiosität und Fanatismus ziehen - und verteidigen.

Das tat Kevin Smith bereits in DOGMA, dort auf harmlos-humoristische, locker-lustige, in Ansätzen auch mal sarkastische Weise. In RED STATE ist sein Tonfall schärfer: Er widmet sich dem Thema christlicher Fundamentalismus auf eindeutig zynische Weise. Was dafür spricht, dass er ernsthaft angepisst ist vom Vormarsch reaktionärer, anti-liberaler, christlich begründeter Positionen in der US-amerikanischen Gesellschaft. Jedenfalls strahlt RED STATE für mich eine Menge Wut aus, auch und gerade in den (Dialog-)Witzen, die er vor allem im letzten Drittel einbaut.

Ohnehin ist der Film in Teilen zwar ganz klar als Smith-Werk erkennbar - die überzeichneten Charaktere, die smarten Dialoge, die grotesk-komischen Einfälle speziell im Finale sprechen seine typische Sprache. In seiner Handlung, seiner Inszenierung und insbesondere in seinem Gewaltlevel unterscheidet sich RED STATE aber deutlich von allem, das der Regisseur bislang veröffentlicht hat. Das waren nämlich Komödien und Liebesfilme (wenn auch meist reichlich offbeat). Dieses Werk aber ist eine Mischung aus Backwoods-Torture- und Actionfilm, voller drastischer Szenen, Shoot-outs und Adrenalin. Humor fehlt über weite Strecken v.a. im mittleren Filmdrittel ganz: das Lachen hier ist ein bitteres, galliges.

Kein Wunder, basiert seine Handlung doch auf authentisch Ekelhaftem: Vorbild für den ultrareligiösen Clan im Film, der Homosexuelle und andere „Sünder" bestrafen will, ist die „Westboro Baptist Church" unter Fred Phelps - die sich inhaltlich in zahlreichen Aspekten gar nicht so weit weg von der Tea-Party-Bewegung ansiedelt. (Im Forum der IMDb sehen das ein paar Inder übrigens anders: für sie ist RED STATE ein illegales Remake eines obskuren Bollywood-Films. Die dortige absurde Diskussion wird Kevin Smiths „Liebe" für Filmbewertungs-Websites sicher nur vergrößern.)

Allerdings bekommt nicht nur die religiöse Rechte ihr Fett weg: Genauso hart werden diejenigen Vertreter von Staat und Law & Order angegangen, die sich freier Meinungsäußerung, Protest und ähnlicher „Probleme" am liebsten ebenfalls einfach entledigen würden. Und auch hier ist einiges an Wut seitens Kevin Smith spürbar.

Als Terror-Film kann RED STATE nur teilweise überzeugen. Dafür ist sein Setup letztendlich - allem traurigen Realismus zum Trotz - zu generisch, der Handlungsverlauf zunächst zu vorhersehbar. Er konzentriert sich außerdem nicht ausreichend darauf, Atmosphäre aufzubauen und auszuschöpfen: Gefangenschaft bei Psychopathen und Panik vor dem, was sie einem antun werden, wurde schon deutlich intensiver und beklemmender vermittelt. Das Genre ist in weiten Teilen dann doch nur Vehikel, um eine Botschaft zu transportieren.

Diese allerdings wird dann gerade im letzten Drittel des Films mit so bitterbösen Überraschungen versüßt, dass man ihm nicht böse sein kann - im Gegenteil: Durch seine Auflösung wird RED STATE zu einem echten Genuss und lässt viele Beschränkungen hinter sich, mit denen ein echter Genrefilm sonst zu kämpfen hat.

Daher eine klare Empfehlung und 7 Punkte von mir. Man sollte nur nicht den Fehler begehen, einen reinblütigen Horrorfilm zu erwarten. Aber das wird bei einer Kevin-Smith-Produktion ja eh niemand tun. Oder?

war im Metropolis 1, Frankfurt

71 Bewertungen auf f3a.net

Zurück

Bewertungen

Red State
  • Score [BETA]: 68
  • f3a.net: 7.4/10 71
  • IMDb: 6.2/10
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-29 08:29

Archiv Suche


oder ?
crazy