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Review Relic

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Es bleibt in der Familie
von D.S.

Ich hatte im Vorhinein schon Gutes gehört, aber das hatte ich dann doch nicht erwartet: RELIC hat sich als eins meiner persönlichen Film-Highlights des Jahres entpuppt. Dass es sich hierbei um das Spielfilmdebüt einer mir bis dato völlig unbekannten australischen Jungregisseurin handelt – die im kurzen Video-Intro ausnehmend sympathisch herüberkommt –, kann ich kaum glauben, so atmosphärisch dicht, finster und clever ist die Story inszeniert.

Dabei handelt es sich um einen jener raren Glücksfälle, in denen ein Film über einen sehr ernsthaften, schweren, filigran mit der Handlung verwobenen Subtext verfügt, der ihm eine Wertigkeit weit über das unmittelbare Filmerlebnis hinaus verleiht – er gleichzeitig aber auch rein aufgrund seiner Oberflächenreize als immer fesselnder, zeitweise wirklich beängstigender oder sogar verstörender, den Herzschlag ganz ohne Jump-Scares beschleunigender Genrefilm funktioniert.

Sprich: Wer denken, analysieren, interpretieren will, ist bei RELIC bestens aufgehoben; wer einfach nur ein Kinoerlebnis der Sorte „creepy as hell“ sucht, allerdings genauso. Bei der Vorführung in Frankfurt war es mucksmäuschenstill im Saal und zum Abspann gab es reichlich Applaus: Angesichts des allgemein eher splatterfreudigen hiesigen Publikums hat das durchaus was zu heißen.

Ja, der Film lässt sich zunächst ein wenig Zeit, um Atmosphäre aufzubauen. Die wird allerdings gut genutzt, denn ist die verwunschen-verloren-hoffnungslose Stimmung im heruntergekommenen Herrenhaus am Rande des Nirgendwo erstmal in voller Pracht erblüht, lauert der kalte Schauer auf dem Rücken hier an fast jeder Ecke. Die Nerven werden bis zum Zerreißen gespannt. Erleichterung folgt nicht immer. Und spätestens, als die Handlung im Finale wirklich unvorhersehbare Haken schlägt, erreicht der Horror eine buchstäblich neue Dimension.

Wie erwähnt, unter der die Luft abschnürenden Oberfläche aus Haunted House, Ekel und panikbefördernder Perspektivverschiebung lauern zudem alles andere als leicht verdauliche Themen aus der Welt der menschlichen Befindlichkeit. Demenz, Vergänglichkeit, interfamiliäre Entfremdung, Distanz, Kälte, emotionale Wunden: Die Tagline des Films lautet nicht zufällig „Everything decays“, und das bezieht sich nicht nur auf das Haus.

Diskussionen über tiefer liegenden Inhalt und Bedeutung von RELIC können Seiten füllen; ich beschränke mich an dieser Stelle mal auf die Aussage, dass mich lange kein Genrefilm mehr so beeindruckt und gleichermaßen intellektuell gefesselt wie gegruselt hat. Ein BABADOOK ohne nerviges Kindergeschrei, ein HEREDITARY ohne Kunst-Attitüde: 8,5 von 10 Punkten.

glotzte im Harmonie, Frankfurt

35 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Relic
  • Score [BETA]: 73
  • f3a.net: 6.7/10 35
  • IMDb: 5.9/10
  • Rotten Tomatoes: 91%
  • Metacritic: 76/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 16:44

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