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Review Reykjavik Whale Watching Massacre

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Isländer, bleib bei deinem Leisten
von D.S.

Auf dem Cover der britischen DVD steht gleich drei Mal "Texas Chainsaw Massacre", über dem Filmtitel prangt der Name des Nebendarstellers Gunnar Hansen - immerhin macht die Vermarktung des wohl ersten isländischen Backwoods- (oder besser: Backwater-) Slashers gleich mal unmissverständlich klar, wo sie hin will.

Wenigstens eine der hier beteiligten Instanzen scheint also zu wissen, wie es geht, könnte man sagen. Beim Film selbst ist man nämlich eher geneigt, das zu bezweifeln. Dabei finden wir alle Zutaten eines nach Schema F abgedrehten Gore- und Terror-Streifens, der sich doch perfekt für die Midnight-Madness-Schiene eignen sollte: eine arglose Gruppe Touristen, eine durchgeknallte Inzest-Familie, Blutdurst, scharfe Klingen, weit und breit keine Hilfe in Sicht... aber leider eben auch keinerlei Spannung, Atmosphäre oder sonst etwas, das einen in den Film hineinzieht.

Was zum einen schon mal daran liegt, dass in Story und Dialogen nun wirklich gar kein Klischee ausgelassen wird - mit Ausnahme der Geysire präsentiert sich Island hier mit den Inhalten, an die jeder sofort denkt. Wale (klar), Wikinger, Alkoholiker, und sogar ein Song der wohl unvermeidlichen Björk schleichen sich ins Geschehen. Nichts davon spielt eine größere Rolle für die dünne Handlung, aber immerhin können so ein paar Minuten Laufzeit überbrückt werden, während man auf den nächsten völlig missratenen Special Effect wartet. Alles handmade, okay, aber Wunden, Leichen und Leichenteile sehen selbst in den meisten Amateurfilmen überzeugender aus als hier...

Die mit Abstand schockierendsten Szenen präsentiert ohnehin der Vorspann, der uns reale Aufnahmen einer Walschlachtung serviert. Genau wie ein, zwei weitere kurze Anspielungen auf das Thema Walfang sind die aber definitiv kompletter Selbstzweck - einen öko-sozialen Unterton will der Film nicht mal vorgaukeln. Wenigstens das erspart er uns. Leider aber keine weiteren Stereotypen aller Art: die Touristen aus aller Herren Länder geben Zielscheiben offenbar typisch isländischer Vorurteile gegenüber anderen Nationen ab und wirken extrem plump und unglaubwürdig, was durch vielerlei Overacting noch befördert wird. Ihr Verhalten ist so oft so unrealistisch, dass es nur noch von der Konstruiertheit des Handlungsverlaufs an sich überboten wird. Immerhin hier erreicht "RWWM" neue Höchstwerte: an manchen Stellen fragt man sich glatt, ob das Machwerk nicht eigentlich eine Satire auf Horrorfilme darstellen möchte, denn anders kann man sich die meisten Handlungs-Auslöser kaum erklären - so sehr sind sie an den Haaren herbeigezogen.

Für einen Film dieser Gattung ist das prinzipiell natürlich nicht das aller-, allerschlimmste. Hier vermag deshalb aber leider überhaupt keine Stimmung aufzukommen oder sich zu halten, zu sehr ist man ständig damit beschäftigt, sich an die Stirn zu hauen. Auch unschlüssige Momente in den Nebenhandlungssträngen reißen einen oft aus dem Geschehen. So ist es zwar lobenswert, einer Figur durch Einblicke in ihr vorheriges Leben mehr Tiefe verleihen zu wollen. Das trägt in diesem Fall aber nie zur Handlung bei, verwandelt einige Charaktere gar noch mehr in Stereotypen und platzt dann wiederum stellenweise mit einer unvermittelten Schwere und Ernsthaftigkeit in ein Setting und eine Story, die eigentlich nur nach Blutvergießen und Thrills schreien.

Die sind dann, zu schlechter Letzt, auch nur im mäßigen Umfang vorhanden; nahezu alle entsprechenden Szenen werden im Trailer bereits abgefeiert. Und bis überhaupt mal etwas in dieser Richtung zu bewundern ist, dauert es zudem auch eine ganze Weile.

Was bleibt also vom Film mit dem schrägen Titel? Das Gefühl, das Erstlingswerk eines euphorischen, aber nur geringfügig talentierten Genrefans gesehen zu haben. Der stellenweise so plump und unbeholfen zu Werke geht, wie man sich den Film eines Holzfällers vorstellt - oder von mir aus auch eines Walfängers.

Gunnar Hansen hat zwar einen würdevollen Auftritt, ansonsten gilt aber: "This is Iceland - not Texas". Und irgendwie ist man ganz schön froh, als dann endlich der Abspann läuft. Auch, wenn hier das Björk-Lied noch ein zweites Mal vor sich hin dudelt...

3 von 10 Punkten.

33 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Reykjavik Whale Watching Massacre
  • Score [BETA]: 47
  • f3a.net: 3.9/10 33
  • IMDb: 5.4/10
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-25 22:34

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