s The Sacrament (2013) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews The Sacrament

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Reviewer

Dick_Laurent * 7.5

Jonestown revisited

D.S. * 7.0

Zeitgeschichte reloaded

Wer den Namen Ti West immer noch nur mit ausnehmend originalgetreuen Replikationen von 70er- und 80er-Genreware verbindet, wird von THE SACRAMENT erst mal ziemlich überrascht sein (und hat vermutlich Wests Beitrag zu V/H/S vergessen): Es handelt sich hier nämlich um einen lupenreinen Found-Footage-, Handkamera-, Wackelbild-Film. Und auch ansonsten um ein Werk, das sich geradezu demonstrativ als in der Gegenwart angesiedelt gibt: So sind unsere drei zentralen Protagonisten Redakteure der (realen) Trendjournalismus-Postille VICE aus New York, deren Hintergründe und Relevanz fürs Internet-Zeitalter zu Beginn des Films erst mal erörtert werden, bevor wir Autor Sam (AJ Bowen), Kameramann Jake (Joe Swanberg) und Fotograf Patrick (Kentucker Audley) auf eine Reise zu einer entlegenen Quasi-Hippiekommune im südamerikanischen Regenwald begleiten. Von dort hat sich überraschend Patricks Schwester Caroline (Amy Seimetz) gemeldet, die vor geraumer Zeit Mitglied einer christlichen „drogenfrei glücklich"-Sekte geworden und seitdem vom Radar ihrer Familie verschwunden gewesen war. Vor Ort ist ein Lautsprechersystem das einzige Stück Technik, auch ein Mobilfunknetz ist nicht vorhanden - aber das hindert unsere drei Religionsskeptiker nicht daran, ausgiebig mit ihren Smartphones herumzuspielen, und nicht zuletzt darüber den Aktualitätsanspruch des Films noch einmal gehörig zu betonen.

Das erscheint insofern merkwürdig, als dass die hier portraitierte Sekte „Eden Parish" das ganz offensichtliche Abbild der „apostolisch sozialistischen" Gemeinde „Peoples Temple" von Pastor Jim Jones darstellt, die mit ihrem Schicksal 1978 weltweit traurige Schlagzeilen machte. Zu einer Zeit also, in der sich Ti West ansonsten stilistisch stets am liebsten bewegt. Der Sinn und Zweck dieser „Anlehnung" erschließt sich mir nicht unbedingt: Man hätte die Sekte auch beim echten Namen nennen und die Geschehnisse zu ihrem tatsächlichen Zeitpunkt spielen lassen können, der Inhalt wäre mehr oder weniger derselbe gewesen. Auch vor der realen tragischen Wendung 1978 besuchten drei (TV-)Journalisten das Camp in Guyana - wäre THE SACRAMENT eine offizielle bzw. vor allem konsequente Nacherzählung ihrer echten Geschichte, wäre er vielleicht noch glaubwürdiger und packender geworden. Ein entscheidendes Detail des damaligen Geschehens lässt der Film nämlich aus, und so wirkt der Höhepunkt seiner Handlung ziemlich abrupt herbeigeführt und nur bedingt nachvollziehbar. Zudem irritiert das Setting in der Gegenwart einfach, wenn man am inhaltlichen Verlauf des Films bis ins Detail spürt, dass man sich ja eigentlich in den 1970er-Jahren befindet.

Davon abgesehen, ist Ti West mit THE SACRAMENT eine sehr eindringliche, unglaublich atmosphärische Darstellung totalitärer, religiös verbrämter Strukturen gelungen. Der Wahnsinn und seine erschütternden Folgen kommen nicht als Horrorfilm daher, sondern vielmehr als eine Art Tatsachen-Thriller, der immer düsterer wird und den Zuschauer durch das gewählte pseudo-authentische Format extrem effektiv mitten ins Geschehen versetzt. Das bedeutet: Fortschreitende Anspannung und immer stärkere Adrenalin-Ausschüttung, als das Beisammensein der Kommune langsam den Anschein des Freundlich-Fröhlichen verliert und schließlich seine Hintergründe offenbart.

Weder inhaltlich noch stilistisch unbedingt das, was ich von diesem Regisseur erwartet hatte. Aber nichtsdestoweniger einer seiner bisher besten Filme - und eine interessante neue Variante des Found-Footage-Genres. Wer mit dem so gar nichts anfangen kann und keinerlei zeitgeschichtliches Interesse hegt, bleibt hier natürlich besser fort. Alle anderen dürften an der ersten (?) Aufarbeitung der Jonestown-Story in Spielfilmform aber durchaus Gefallen finden.

war im Cinestar, Frankfurt

ArthurA * 8.0

Geht unter die Haut

Ti West gilt nicht umsonst als eins der größten Talente des aktuellen Horror-Kinos. Das zeigte er beim Fantasy Filmfest erstmals mit dem Retro-Horrorfilm The House of the Devil und bestätigte den Eindruck mit der ungewöhnlichen Geistergeschichte The Innkeepers. Bei The Sacrament bündelt er die Kräfte mit Eli Roth, der hier als Produzent fungiert und liefert seinen bislang verstörendsten, wenn auch nicht besten, Film ab. The Sacrament ist eine filmische Aufarbeitung des Massensuizids von Jonestown im Jahre 1978, präsentiert in Form eines "Found Footage"-Films. Bei der Jonestown Tragödie kamen mehr als 900 Menschen in Folge eines Massensuizids und Massenmords in einer religiösen Kommune unter der Führung des Predigers Jim Jones ums Leben. The Sacrament verlegt die Geschichte in unsere Zeit und ändert hier und da einige Details, bleibt jedoch sehr nah an den wahren Begebenheiten. Ti Wests You’re Next/V/H/S-Kollegen Joe Swanberg und AJ Bowen spielen zwei Journalisten, die ihren Freund Patrick (Kentucker Audley) in eine abgeschiedene Kommune begleiten, wo sich seine Schwester Caroline (Amy Seimetz) aufhält. Dort angekommen, werden die drei zunächst von bewaffneten Wachen der Kommune verunsichert, verfallen jedoch schnell dem scheinbar harmonischen Leben in der Kommune und dem Charisma des Anführers, den alle nur Father nennen - bis ihnen langsam dämmert, dass nichts ist, wie es scheint.

Wer die Hintergründe des Jonestown-Kults und des Massensuizids kennt, wird von den Entwicklungen in The Sacrament nicht überrascht. Dazu hält sich der Film sehr nah an Tatsachen. Nichtsdestotrotz entfaltet der Film langsam aber sicher seine Wirkung, dreht die Spannungsschraube bis zum Ende immer weiter an und geht in der letzten halben Stunde, in der sich die Ereignisse überschlagen, extrem unter die Haut. Ti West liefert hier solides Handwerk ab, verzichtet aber auf seine üblichen Stilmittel zugunsten einer relativ nüchternen Darstellung. Der Film zieht seine Stärke vor allem aus der unfassbaren Geschichte selbst und aus Gene Jones’ beängstigend-charismatischer Performance als Father, dessen Absichten und Hintergründe man trotz seiner offensichtlich gestörten und kranken Ansichten irgendwie nachvollziehen, wenn auch keinesfalls billigen kann. Minuspunkte erhält der Film hingegen durch die Präsentation als "Found Footage"-Material. Das wäre einfach nicht nötig gewesen.

Erstveröffentlichung

war im Cinedom, Köln

Herr_Kees * 7.0

Father’s Day

Atmosphäre ist Ti Wests Stärke (von Ausnahmen wie CABIN FEVER 2 mal abgesehen) und so ist auch diese Thriller-Doku spannend, bedrückend und intensiv von Anfang bis Ende - da verzeiht man auch, wenn’s bei den Darstellern mal etwas hakt oder sich am Ende die üblichen Found-Footage-Ungereimtheiten einstellen; THE SACRAMENT lässt für viele unverständliche Begebenheiten wie den Massensuizid von Jonestown nachvollziehbar werden.

saß im Metropol, Stuttgart

MrHenke * 8.5

Jonestown ’78

...von Ti West ins Jetzt gebracht!

Auf Basis eines digitalen Found Footage Dokumentationsfilm mit HD Cams, Handys etc. und Schauspielern bekommt man mit THE SACRAMENT eine Aufarbeitung von Sektenwahnsinn aus den späten 70zigern zu sehen, der in seiner Gefährlichkeit bis heute wahrscheinlich wenig an Aktualität verloren hat!

Zwar schrieb West ein Drehbuch, dass im faktischen und namentlichen die Geschehnisse in abgewandelter Form wiedergibt und über eine Ausgangsstory verfügt, aber die Geschehnisse zeigen schon die Situation der "Kolonie" wie sie in ihrer Endphase herrschte:

Lautsprechersystem
Abriegelung
Leben in einer solchen Kolonie
..und schließlich ihr Zusammenbruch...

Als Zuschauer macht man Bekanntschaft mit einigen Koloniebewohnern, wird über ihre Motivationen und Antriebe informiert, solidarisiert sich mit der einen oder anderen Figur in West’s Film, lernt aber auch einen durchaus charismatischen, aber ebenso unsympathischen Sektenführer kennen. Bei beidem erschließt sich dem Realoeuropäer schwierig der wirkliche Grundgedanke eines solchen Sektendaseins(wahnsinns) oder wie man zu einem solchem braingewashtem Menschen werden kann, wie die Koloniebewohner zu sein scheinen...und eben hier schafft es THE SACRAMENT eine Intensität zu erzeugen, wie man sie im Kinosessel selten spüren kann.

Abzüglich der "üblichen" Found Footage Problematiken, habe ich mich nach dem Film nicht gut gefühlt, musste einiges erstmal sacken lassen und war aber auch froh, dass uns der Regisseur die wesentlich größeren Ausmaße des realen Irrsinns vorenthielt...als Empfehlung hierzu sei vielleicht die Arte Doku "Jonestown - Todeswahn einer Sekte" erwähnt!

glotzte im Savoy, Hamburg

32 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Sacrament
  • Score [BETA]: 65
  • f3a.net: 6.6/10 32
  • IMDb: 6.7/10
  • Rotten Tomatoes: 67%
  • Metacritic: 59/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-29 07:34

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