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Review Saw

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Sägewerk
von D.S.

"Saw" ist ein in mehrfacher Hinsicht außerordentlich gelungener Film, der von der ersten Minute an mit Leichtigkeit schafft, was andere Genrevertreter über ihre gesamte Laufzeit hinweg nur krampfhaft versuchen: das Publikum in seinen Bann zu ziehen.

Denn schon die Ausgangssituation (sich praktisch nicht bewegen könnend, werden zwei einander fremde Männer aus rätselhaften Gründen von einem unsichtbaren Killer vor eine Aufgabe mit definitiv tödlichem Ausgang gestellt) ist so ungewöhnlich und gleichzeitig so beklemmend umgesetzt, daß man fast automatisch beginnt, ihre möglichen Hintergründe und potentiellen Konsequenzen im Kopf hin und her zu wälzen - und sich dabei in die üble Lage der Protagonisten hineinzuversetzen, Aufklärung und Erlösung herbeizusehnen.

"Saw" beläßt es dann aber dankenswerterweise auch nicht dabei, uns, wie das andere Filme tun, nur mit einer so derben Exposition zu konfrontieren, deren Inhalt in der Folge mühsam und immer banaler "erklärt" wird, wobei die derweil gezeigte Handlung das zunächst erzeugte Interesse kaum aufrecht erhalten kann. Im Gegenteil: je länger der Film läuft, desto monströser wird das Bild, das er zeichnet, indem wir in Rückblenden und Perspektivwechseln mit den bisherigen, krankhaft bizarren Taten des Killers vertraut gemacht werden - und indem die dargestellten Charaktere eine vieldimensionale, oft genug schon in sich selbst überraschende Hintergrundgeschichte verliehen bekommen.

Dabei ist der Härtegrad von "Saw" wirklich nicht zu vernachlässigen - sowohl in Form psychischer als auch physischer Gewalt wird hier ungewöhnlich viel geboten (auch wenn es natürlich bluthaltigere Streifen gibt, die in Gore- und Ekel-Hinsicht noch wesentlich Exzessiveres bieten, aber das macht einen Film ja noch lange nicht wirklich "hart"!). So sind die Figur des Killers und vor allem sein Vorgehen derart gestört, daß das sensible Zuschauerseelchen schon belasten könnte. Und was die Protagonisten durchmachen müssen, ist Psychoterror pur. Was ausgelebte Sickness angeht, dürfte mit "Saw" langsam auch fast das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Zumindest fallen mir kaum noch perversere Spielchen ein, die der Killer mit seinen Opfern hätte spielen können.

Natürlich sind die Story und ihr Verlauf extrem konstruiert, wie auch die Figuren und ihre Beziehungen zueinander, die Schritt für Schritt aufgedeckt werden. Aber das spielt nicht nur angesichts der adrenalingefüllten Umsetzung, die den Zuschauer in den Rausch der Geschehnisse hineinzieht, kaum eine Rolle: die Konstruktion ist von solcher Cleverness, daß am Ende ein faszinierendes Puzzle entsteht, das einen tatsächlich an einige Werke Hitchcocks erinnern kann. Mit dem Unterschied natürlich, daß "Saw" nichts der Imagination überläßt, sondern schonungslos draufhält, uns alles zeigt. Manchmal fast mehr, als wir sehen wollen.

Logische Fehler sind dabei nur in einem absolut vernachlässigbaren Maße vorhanden - und vor allem fallen sie einem ganz bestimmt kaum auf, während man den Film betrachtet. Dafür ist dessen Atmosphäre viel zu mächtig, dafür spielen die entsprechenden Stellen in der Handlung auch keine wesentliche Rolle - im Gegensatz etwa zu "High Tension". Was dagegen durchaus stört, sind die Folgen des offensichtlich nur begrenzten Budgets, namentlich die eher mäßig talentierten Schauspieler und die nicht immer überragende Kameraarbeit. Aber das überzeugende Gesamtbild kann auch das kaum beeinträchtigen.

"Saw" ist ein extrem intensiver, sadistischer Psychopathen-Schocker, der nachhaltigen Eindruck hinterläßt. Mit das beste, was dieses Genre überhaupt jemals hervorgebracht hat - zwar "kleiner" und auch weniger innovativ als etwa "Sieben", aber dafür schonungsloser, schmutziger, ganz einfach krasser. Festival-Pflichtfilm - 8 Punkte.

war im Metropolis, Frankfurt

81 Bewertungen auf f3a.net

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Saw
  • f3a.net: 8.1/10 81
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-29 02:51

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