Reviewer
D.S. * 7.5
Ernsthaft schmerzhaft.
Minderjährige Balkan-Nutten im Kriegsverbrecher-Puff? Im Regiedebüt des Splattereffekt-Meisters Paul Hyett (EDEN LAKE, THE DESCENT)? Oh ja, das lässt aber mal so richtig derben Exploitation-Stuff erwarten.
Irrtum. Zum einen gibt sich THE SEASONING HOUSE gore-technisch insgesamt relativ handzahm - von einigen Ausreißern abgesehen, die dann allerdings in der Tat ganz schön schmerzhaft daherkommen. Zum anderen, wichtigeren, nimmt der Film sein Sujet erstaunlich ernst. Und erscheint darum über seine erste Hälfte hinweg tatsächlich eher wie ein Drama als wie ein Genrestreifen. Ein durchaus nahegehendes, deprimierendes, dreckiges Drama.
Geschickt inszeniert, wird uns ein Einblick in die brutale Vergangenheit und Gegenwart der taubstummen Angel gegeben, deren Familie im jugoslawischen Bürgerkrieg von einer Söldnerbande ermordet wurde und die seitdem gezwungen wird, in einem illegalen Bordell entführte Mädels durch das Verabreichen von Drogen für die nächste Vergewaltigung herzurichten. Resigniert, hoffnungslos und seelisch weit entrückt nimmt sie alles hin, ist zur Helfershelferin ihrer eigenen Peiniger geworden.
Dann jedoch baut sie ein freundschaftliches Verhältnis zu einer der neu gefangenen Frauen auf, wird Zeugin ihrer unmenschlichen Qualen, und muss schließlich auch noch erleben, wie die Vernichter ihres vergangenen Lebens höchstpersönlich in den Puff kommen und alles noch viel schlimmer machen als zuvor. Jeder Lebensfreude ultimativ beraubt, beginnt sie einen verzweifelten Rachefeldzug...
...und der Film verwandelt sich endgültig in einen lupenreinen Vertreter des Rape-and-Revenge-Genres. Sein Vorteil gegenüber den meisten thematisch ähnlich gelagerten Beiträgen: Er ist kein reiner gewaltgeiler Reißer, dem alles andere letztendlich völlig egal ist. Er hat eine echte Bindung des Publikums zu seiner Hauptfigur geschaffen, ihr Handeln wirkt deshalb auch emotional mehr als nachvollziehbar - und dank weitgehend intelligentem Drehbuch sowie großartiger schauspielerischer Leistung zudem ebenso extrem glaubwürdig.
Weiterhin mutiert Angel nun auch nicht etwa plötzlich zum unverwundbaren, unfehlbaren Racheengel, wie man es sonst gewohnt ist. Weshalb man bis zuletzt mitfiebert und um ihr Wohlergehen bangt: So menschlich, wie sie zuvor gezeichnet wurde, bleibt sie bis zuletzt. Mit allen Schwächen, offenen Flanken, Verletzlichkeiten.
Adrenalin ist also im Übermaß vorhanden, Mitleiden = Engagement und Unmittelbarkeit ebenfalls: THE SEASONING HOUSE ist deshalb im Rahmen seiner budgetären und seiner Story-Möglichkeiten tatsächlich ein ziemlicher Hit, den man so nicht unbedingt erwarten konnte. Vorwerfen kann man ihm höchstens, dass er zum Showdown hin zu viel will und gleichzeitig zu wenig liefert, zu unspektakulär ist: Im Vergleich zum Vorhergehenden wird hier unerklärlicherweise stark vom Gas gegangen.
Davon abgesehen ist der Film aber, wie auch von Rosebud beschrieben, eine echte Tour de force: mitreißend, nahegehend, wehtuend, erinnernswert. 7,5 Punkte.
Irrtum. Zum einen gibt sich THE SEASONING HOUSE gore-technisch insgesamt relativ handzahm - von einigen Ausreißern abgesehen, die dann allerdings in der Tat ganz schön schmerzhaft daherkommen. Zum anderen, wichtigeren, nimmt der Film sein Sujet erstaunlich ernst. Und erscheint darum über seine erste Hälfte hinweg tatsächlich eher wie ein Drama als wie ein Genrestreifen. Ein durchaus nahegehendes, deprimierendes, dreckiges Drama.
Geschickt inszeniert, wird uns ein Einblick in die brutale Vergangenheit und Gegenwart der taubstummen Angel gegeben, deren Familie im jugoslawischen Bürgerkrieg von einer Söldnerbande ermordet wurde und die seitdem gezwungen wird, in einem illegalen Bordell entführte Mädels durch das Verabreichen von Drogen für die nächste Vergewaltigung herzurichten. Resigniert, hoffnungslos und seelisch weit entrückt nimmt sie alles hin, ist zur Helfershelferin ihrer eigenen Peiniger geworden.
Dann jedoch baut sie ein freundschaftliches Verhältnis zu einer der neu gefangenen Frauen auf, wird Zeugin ihrer unmenschlichen Qualen, und muss schließlich auch noch erleben, wie die Vernichter ihres vergangenen Lebens höchstpersönlich in den Puff kommen und alles noch viel schlimmer machen als zuvor. Jeder Lebensfreude ultimativ beraubt, beginnt sie einen verzweifelten Rachefeldzug...
...und der Film verwandelt sich endgültig in einen lupenreinen Vertreter des Rape-and-Revenge-Genres. Sein Vorteil gegenüber den meisten thematisch ähnlich gelagerten Beiträgen: Er ist kein reiner gewaltgeiler Reißer, dem alles andere letztendlich völlig egal ist. Er hat eine echte Bindung des Publikums zu seiner Hauptfigur geschaffen, ihr Handeln wirkt deshalb auch emotional mehr als nachvollziehbar - und dank weitgehend intelligentem Drehbuch sowie großartiger schauspielerischer Leistung zudem ebenso extrem glaubwürdig.
Weiterhin mutiert Angel nun auch nicht etwa plötzlich zum unverwundbaren, unfehlbaren Racheengel, wie man es sonst gewohnt ist. Weshalb man bis zuletzt mitfiebert und um ihr Wohlergehen bangt: So menschlich, wie sie zuvor gezeichnet wurde, bleibt sie bis zuletzt. Mit allen Schwächen, offenen Flanken, Verletzlichkeiten.
Adrenalin ist also im Übermaß vorhanden, Mitleiden = Engagement und Unmittelbarkeit ebenfalls: THE SEASONING HOUSE ist deshalb im Rahmen seiner budgetären und seiner Story-Möglichkeiten tatsächlich ein ziemlicher Hit, den man so nicht unbedingt erwarten konnte. Vorwerfen kann man ihm höchstens, dass er zum Showdown hin zu viel will und gleichzeitig zu wenig liefert, zu unspektakulär ist: Im Vergleich zum Vorhergehenden wird hier unerklärlicherweise stark vom Gas gegangen.
Davon abgesehen ist der Film aber, wie auch von Rosebud beschrieben, eine echte Tour de force: mitreißend, nahegehend, wehtuend, erinnernswert. 7,5 Punkte.
war im Metropolis, Frankfurt
Herr_Kees * 5.5
Themenmissbrauch
Hat man anfangs noch den Eindruck, dem Film läge etwas an seinem Thema, wird spätestens nach der Hälfte klar, dass das Setting nur für ein unglaubwürdiges, wenn auch spannendes, Katz-und-Maus-Spiel mit gezielt harter Gewaltdarstellung missbraucht wird - verschenkt.
saß im Metropol, Stuttgart
reese S * 6.0
Dieser Review enthält SPOILER!Nicht real genug
Der Regisseur wollte einen ganz echten, realen Film machen, wie er sich beim Balkankonflikt so zugetragen haben könnte. Ich habe mich allerdings schon an den typisch britischen Gesichter gestört, da Menschen slawischer Abstammung nun ganz anders aussehen. Zudem fand ich es auch nicht nachvollziehbar, daß die Hauptdarstellerin gleich zweimal während ihrer Flucht an die Türen ihrer Peiniger gerät.
Insgesamt aber kein schlechter Film, mit guten Bildern und starken Look.
Insgesamt aber kein schlechter Film, mit guten Bildern und starken Look.
war im Cinestar, Berlin
Lovecraft S * 6.0
Dieser Review enthält SPOILER!Hölle Balkankrieg: Angel, eine taubstumme Kriegswaise, wird in ein ranziges, hermetisch von der Außenwelt abgeriegeltes Bordell für Soldaten verschleppt, in dem sie dem Zuhälter zur Hand gehen und den wie Vieh gehaltenen Mädchen Beruhigungsdrogen verpassen muß. Als der Mörder ihrer Mutter mit seinem Trupp Soldaten einfällt, ist schließlich der Moment der Rache gekommen.
Über weite Strecken ist "Seasoning House" ein Brett, wie man es lange nicht mehr gesehen hat. Thematisch an "Eden" erinnernd, presst der Debütstreifen von Paul Hyatt die Zuschauer mit dreckigen, pure Verzweiflung atmenden Bildern ganz tief in die Kinosessel. Leider wird jedoch der Level an Beklemmung nicht durchgehalten: Wenn mit dem erneuten Auftreten des wie immer vorzüglichen Sean Pertwee die spannende, gut gefilmte Hatz durch die Lüftungsschächte des Gebäudes beginnt, wird der bis dahin durchaus vorhandene Anspruch in hohem Bogen über Bord geworfen, und das völlig unnötige, aufgesetzt wirkende Ende à la "Eden Lake" verärgert erst recht. In erster Linie dank der überragenden Hauptdarstellerin Rosie Day bleibt trotzdem ein insgesamt positiver Eindruck.
Über weite Strecken ist "Seasoning House" ein Brett, wie man es lange nicht mehr gesehen hat. Thematisch an "Eden" erinnernd, presst der Debütstreifen von Paul Hyatt die Zuschauer mit dreckigen, pure Verzweiflung atmenden Bildern ganz tief in die Kinosessel. Leider wird jedoch der Level an Beklemmung nicht durchgehalten: Wenn mit dem erneuten Auftreten des wie immer vorzüglichen Sean Pertwee die spannende, gut gefilmte Hatz durch die Lüftungsschächte des Gebäudes beginnt, wird der bis dahin durchaus vorhandene Anspruch in hohem Bogen über Bord geworfen, und das völlig unnötige, aufgesetzt wirkende Ende à la "Eden Lake" verärgert erst recht. In erster Linie dank der überragenden Hauptdarstellerin Rosie Day bleibt trotzdem ein insgesamt positiver Eindruck.
guckte im Cinestar, Berlin
Francis * 8.0
Mitte der 90er Jahre. Krieg in der Balkanregion ... was dieser aus Männern! macht, zeigt The Seasoning House.
Mädchen und junge Frauen werden in illegale Bordelle verschleppt. Der Film setzt genau dort ein und thematisiert die Misshandlungen.
Was in Eden als zu schön gefärbt rüberkam, zeigt sich hier wie ein Schlag ins Gesicht. Die Mädchen vegetieren (ohne Toilette, ohne Waschmöglichkeit, ohne richtiges Essen), teils festgekettet, in ihren Betten vor sich hin. Das allein ist schon widerlich und dass jemand dafür noch Geld bezahlt, kaum zu glauben. Damit sie sich nicht zu sehr wehren, werden sie vor jedem Freier unter Drogen gesetzt. Und zwar von Angel, einem der Mädchen, das der Bordellbesitzer als persönliche Assistentin hält.
Was mich ratlos und wütend nach dem Film zurückließ, ist die Eindimensionalität der männlichen Charaktere. Kann man dieses Verhalten ausschließlich auf den Krieg zurückführen? Hat niemand versucht, die Zustände zu ändern? Dass die Frauen zur Prostitution gezwungen wurden ist unverzeihlich - aber unter diesen "Arbeits-" und Lebensbedingungen?
Der Regisseur meinte nach dem Film, dass seine Recherchen noch viel schlimmere Zustände offenbarten. Er hätte gar nicht alles so darstellen können und manche Frauen hätten 20-30 Freier am Tag gehabt ... ich würge ... ;-(
Mädchen und junge Frauen werden in illegale Bordelle verschleppt. Der Film setzt genau dort ein und thematisiert die Misshandlungen.
Was in Eden als zu schön gefärbt rüberkam, zeigt sich hier wie ein Schlag ins Gesicht. Die Mädchen vegetieren (ohne Toilette, ohne Waschmöglichkeit, ohne richtiges Essen), teils festgekettet, in ihren Betten vor sich hin. Das allein ist schon widerlich und dass jemand dafür noch Geld bezahlt, kaum zu glauben. Damit sie sich nicht zu sehr wehren, werden sie vor jedem Freier unter Drogen gesetzt. Und zwar von Angel, einem der Mädchen, das der Bordellbesitzer als persönliche Assistentin hält.
Was mich ratlos und wütend nach dem Film zurückließ, ist die Eindimensionalität der männlichen Charaktere. Kann man dieses Verhalten ausschließlich auf den Krieg zurückführen? Hat niemand versucht, die Zustände zu ändern? Dass die Frauen zur Prostitution gezwungen wurden ist unverzeihlich - aber unter diesen "Arbeits-" und Lebensbedingungen?
Der Regisseur meinte nach dem Film, dass seine Recherchen noch viel schlimmere Zustände offenbarten. Er hätte gar nicht alles so darstellen können und manche Frauen hätten 20-30 Freier am Tag gehabt ... ich würge ... ;-(
war im Cinestar, Berlin
40 Bewertungen auf f3a.net
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Bewertungen
The Seasoning House
- Score [BETA]: 71
- f3a.net: 7.2/10 40
- IMDb: 6.9/10