s The Seasoning House (2012) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews The Seasoning House

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Reviewer

D.S. * 7.5

Ernsthaft schmerzhaft.

Minderjährige Balkan-Nutten im Kriegsverbrecher-Puff? Im Regiedebüt des Splattereffekt-Meisters Paul Hyett (EDEN LAKE, THE DESCENT)? Oh ja, das lässt aber mal so richtig derben Exploitation-Stuff erwarten.

Irrtum. Zum einen gibt sich THE SEASONING HOUSE gore-technisch insgesamt relativ handzahm - von einigen Ausreißern abgesehen, die dann allerdings in der Tat ganz schön schmerzhaft daherkommen. Zum anderen, wichtigeren, nimmt der Film sein Sujet erstaunlich ernst. Und erscheint darum über seine erste Hälfte hinweg tatsächlich eher wie ein Drama als wie ein Genrestreifen. Ein durchaus nahegehendes, deprimierendes, dreckiges Drama.

Geschickt inszeniert, wird uns ein Einblick in die brutale Vergangenheit und Gegenwart der taubstummen Angel gegeben, deren Familie im jugoslawischen Bürgerkrieg von einer Söldnerbande ermordet wurde und die seitdem gezwungen wird, in einem illegalen Bordell entführte Mädels durch das Verabreichen von Drogen für die nächste Vergewaltigung herzurichten. Resigniert, hoffnungslos und seelisch weit entrückt nimmt sie alles hin, ist zur Helfershelferin ihrer eigenen Peiniger geworden.

Dann jedoch baut sie ein freundschaftliches Verhältnis zu einer der neu gefangenen Frauen auf, wird Zeugin ihrer unmenschlichen Qualen, und muss schließlich auch noch erleben, wie die Vernichter ihres vergangenen Lebens höchstpersönlich in den Puff kommen und alles noch viel schlimmer machen als zuvor. Jeder Lebensfreude ultimativ beraubt, beginnt sie einen verzweifelten Rachefeldzug...

...und der Film verwandelt sich endgültig in einen lupenreinen Vertreter des Rape-and-Revenge-Genres. Sein Vorteil gegenüber den meisten thematisch ähnlich gelagerten Beiträgen: Er ist kein reiner gewaltgeiler Reißer, dem alles andere letztendlich völlig egal ist. Er hat eine echte Bindung des Publikums zu seiner Hauptfigur geschaffen, ihr Handeln wirkt deshalb auch emotional mehr als nachvollziehbar - und dank weitgehend intelligentem Drehbuch sowie großartiger schauspielerischer Leistung zudem ebenso extrem glaubwürdig.

Weiterhin mutiert Angel nun auch nicht etwa plötzlich zum unverwundbaren, unfehlbaren Racheengel, wie man es sonst gewohnt ist. Weshalb man bis zuletzt mitfiebert und um ihr Wohlergehen bangt: So menschlich, wie sie zuvor gezeichnet wurde, bleibt sie bis zuletzt. Mit allen Schwächen, offenen Flanken, Verletzlichkeiten.

Adrenalin ist also im Übermaß vorhanden, Mitleiden = Engagement und Unmittelbarkeit ebenfalls: THE SEASONING HOUSE ist deshalb im Rahmen seiner budgetären und seiner Story-Möglichkeiten tatsächlich ein ziemlicher Hit, den man so nicht unbedingt erwarten konnte. Vorwerfen kann man ihm höchstens, dass er zum Showdown hin zu viel will und gleichzeitig zu wenig liefert, zu unspektakulär ist: Im Vergleich zum Vorhergehenden wird hier unerklärlicherweise stark vom Gas gegangen.

Davon abgesehen ist der Film aber, wie auch von Rosebud beschrieben, eine echte Tour de force: mitreißend, nahegehend, wehtuend, erinnernswert. 7,5 Punkte.

staunte im Metropolis, Frankfurt

Herr_Kees * 5.5

Themenmissbrauch

Hat man anfangs noch den Eindruck, dem Film läge etwas an seinem Thema, wird spätestens nach der Hälfte klar, dass das Setting nur für ein unglaubwürdiges, wenn auch spannendes, Katz-und-Maus-Spiel mit gezielt harter Gewaltdarstellung missbraucht wird - verschenkt.

staunte im Metropol, Stuttgart

reese S * 6.0

Dieser Review enthält SPOILER!

Nicht real genug

Der Regisseur wollte einen ganz echten, realen Film machen, wie er sich beim Balkankonflikt so zugetragen haben könnte. Ich habe mich allerdings schon an den typisch britischen Gesichter gestört, da Menschen slawischer Abstammung nun ganz anders aussehen. Zudem fand ich es auch nicht nachvollziehbar, daß die Hauptdarstellerin gleich zweimal während ihrer Flucht an die Türen ihrer Peiniger gerät.
Insgesamt aber kein schlechter Film, mit guten Bildern und starken Look.

saß im Cinestar, Berlin

Lovecraft S * 6.0

Dieser Review enthält SPOILER!
Hölle Balkankrieg: Angel, eine taubstumme Kriegswaise, wird in ein ranziges, hermetisch von der Außenwelt abgeriegeltes Bordell für Soldaten verschleppt, in dem sie dem Zuhälter zur Hand gehen und den wie Vieh gehaltenen Mädchen Beruhigungsdrogen verpassen muß. Als der Mörder ihrer Mutter mit seinem Trupp Soldaten einfällt, ist schließlich der Moment der Rache gekommen.

Über weite Strecken ist "Seasoning House" ein Brett, wie man es lange nicht mehr gesehen hat. Thematisch an "Eden" erinnernd, presst der Debütstreifen von Paul Hyatt die Zuschauer mit dreckigen, pure Verzweiflung atmenden Bildern ganz tief in die Kinosessel. Leider wird jedoch der Level an Beklemmung nicht durchgehalten: Wenn mit dem erneuten Auftreten des wie immer vorzüglichen Sean Pertwee die spannende, gut gefilmte Hatz durch die Lüftungsschächte des Gebäudes beginnt, wird der bis dahin durchaus vorhandene Anspruch in hohem Bogen über Bord geworfen, und das völlig unnötige, aufgesetzt wirkende Ende à la "Eden Lake" verärgert erst recht. In erster Linie dank der überragenden Hauptdarstellerin Rosie Day bleibt trotzdem ein insgesamt positiver Eindruck.

saß im Cinestar, Berlin

Francis * 8.0

Mitte der 90er Jahre. Krieg in der Balkanregion ... was dieser aus Männern! macht, zeigt The Seasoning House.
Mädchen und junge Frauen werden in illegale Bordelle verschleppt. Der Film setzt genau dort ein und thematisiert die Misshandlungen.

Was in Eden als zu schön gefärbt rüberkam, zeigt sich hier wie ein Schlag ins Gesicht. Die Mädchen vegetieren (ohne Toilette, ohne Waschmöglichkeit, ohne richtiges Essen), teils festgekettet, in ihren Betten vor sich hin. Das allein ist schon widerlich und dass jemand dafür noch Geld bezahlt, kaum zu glauben. Damit sie sich nicht zu sehr wehren, werden sie vor jedem Freier unter Drogen gesetzt. Und zwar von Angel, einem der Mädchen, das der Bordellbesitzer als persönliche Assistentin hält.
Was mich ratlos und wütend nach dem Film zurückließ, ist die Eindimensionalität der männlichen Charaktere. Kann man dieses Verhalten ausschließlich auf den Krieg zurückführen? Hat niemand versucht, die Zustände zu ändern? Dass die Frauen zur Prostitution gezwungen wurden ist unverzeihlich - aber unter diesen "Arbeits-" und Lebensbedingungen?
Der Regisseur meinte nach dem Film, dass seine Recherchen noch viel schlimmere Zustände offenbarten. Er hätte gar nicht alles so darstellen können und manche Frauen hätten 20-30 Freier am Tag gehabt ... ich würge ... ;-(

Erstveröffentlichung

guckte im Cinestar, Berlin

Leimbacher-Mario * 7.5

Von Monstern in Menschen

"The Seasoning House" hat zwei Seiten - eine atmosphärische, fast dunkel-zärtliche und eine rigorose, blutige, hasserfüllte. Es kommen also Gorefans genauso auf ihre Kosten wie Thriller-Gourmets. Oder keine von beiden Seiten, ganz wie man es sehen will. Vielleicht hätte der konzentrierte Schocker als Kurzfilm sogar noch mehr Eindruck geschunden, doch das ist nur Spekulation und dann hätte man auf die wichtige, entschleunigte, geschmeidigere erste Hälfte sicher fast gänzlich verzichten müssen. Erzählt wird fast ausschließlich in einem schäbigen Zwangsbordell irgendwo im Nirgendwo des Balkankriegs, wo eine taubstumme Helferin tagtäglich bestialische Vergewaltigungen und Morde mit ansehen muss. Bis es auf einmal aus ihr herausplatzt und sie ihre gesamte Wut auf die unmenschlichen Peiniger der gefühllosen Miliz loslässt...

Sein größtes Handicap macht sich Hyetts Film beeindruckend zu nutzen - sein kleines Budget konzentriert er (fast) auf einen einzigen, abgründigen Schauplatz und einige derbe Blutlachen und offene Wunden. Ansonsten ist er keine Sekunde zu lang und durchgehend intensiv, simpel, ansprechend und abstoßend zugleich. Für den ehemaligen Effektspezi auf dem Regiestuhl ist das alle Ehre wert und ein Fingerzeig, was da noch kommen könnte. Dieses Terrorhaus voller Dreck, menschlichem wie echtem, ist ein Brett, das einem an die Gurgel geht und nur selten Luft holen lässt. Selbst in den überzeichneten und eindimensionalen "Monstern" sehe ich keine allzu große Schwäche, da der Film eine klare Aussage transportiert und nie auf realistische Figurenzeichnung setzt. Auf eine realistische Hölle des Krieges und Verrohung des Menschen dafür schon. Hoffnungslos, schmutzig, krass, nachtretend, schwer im Magen. Vor 20 Jahren hätte ganz sicher der Index gerufen. Gegen Ende rief er sogar etwas das mir unbekannte Gefühl der Klaustrophobie hervor, was auch noch kaum ein anderer Film geschafft hat.

Fazit: Ein Rachethriller, hart wie Granit und pessimistisch wie die schlimmste Seite der Bestie Mensch. Dunkler, dreckiger Stoff!

war im Cinedom 9, Köln

40 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Seasoning House
  • Score [BETA]: 71
  • f3a.net: 7.2/10 40
  • IMDb: 6.9/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2025-05-22 08:06

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